Wendelstein
Netzstabilisierung der gebrauchten Art

Konsortium schenkt in Wendelstein ausgemusterten Audi-Hybrid-Autobatterien ein zweites Leben

17.07.2018 | Stand 23.09.2023, 3:44 Uhr
Heinz Wraneschitz

Wendelstein (HK) Speicher aus Audi- Hybridautobatterien stabilisieren ab sofort das Stromnetz in der Marktgemeinde Wendelstein im Landkreis Roth. Ein fränkisch-bayerisches Konsortium aus Gemeindewerken, Netzbetreiber, Batterielieferant und Projektgesellschaft stellte das Projekt am Montag Anwohnern, interessierten Unternehmen und der Öffentlichkeit vor.

Die zwei Container mit 84 Batteriepacks, die vorher in Audi-Hybrid-Modellen je 200000 km auf Straßen unterwegs waren, haben "Polit-, ääh Pilotfunktion". Mit seinem Freud'schen Versprecher traf Wendelsteins Bürgermeister Werner Langhans den Nagel auf den Kopf. Denn in der "großen" Politik wird immer noch diskutiert, ob neue Hochspannungsleitungen oder Speicher die beste Lösung für die Stromenergiewende in Deutschland sind.

Doch woher Sttromspeicher nehmen? Neue werden immer mehr für die solare Selbstversorgung von Einfamilienhäusern oder Firmen gebraucht. Eine Lösung, die immer wieder vorgeschlagen wird - zumindest so lange die Herstellmengen gering sind: Batterien aus Elektroautos noch einmal verwenden.

"2nd Life" nennen das die Techniker von Audi. Sie wollen den mit einer Sicherheitshülle umgebenen Akkus aus ihren Hybridmodellen A3 und Q7 künftig ein zweites Leben ermöglichen. In Wendelstein machen sie das erstmals gemeinsam mit Covalion. Wem der Name nichts sagt: Framatome, vormals Areva mit deutschem Hauptsitz Erlangen, projektiert und vermarktet unter dieser Marke seit Anfang des Jahres genau solche 2nd-Life-Speichersysteme.

Finanziert wurde das Modellprojekt von Bürgerinnen und Bürgern Wendelsteins. Die haben insgesamt 1,4 Millionen Euro bei der "Gemeindewerke Wendelstein Bürgerkraftwerk GmbH" GWBK angelegt. Die GWBK wiederum hat mit dem Geld zuerst eine Freiflächen- Solarstromanlage und nun den Batteriespeicher auf die Beine, in diesem Fall in das Gewerbegebiet "Am Kohlschlag" gestellt.

Damit die GWBK den Investoren die versprochene Rendite von 2,5 Prozent auszahlen kann, braucht sie Einnahmen. Die erzielt die Tochter der Gemeindewerke und dem Nürnberger Energiekonzern N-Ergie aus der Vermarktung so genannter Primärregelleistung. Der Speicher speist Strom ins oder entnimmt Strom aus dem Netz. So wird dessen Frequenz stabilisiert, zum Beispiel, wenn Sonnen- oder Windkraftwerke gerade zu wenig oder zu viel Energie liefern. Und weil Batterien das sehr schnell können, gibt es für diese Dienstleistung von den Stromnetzbetreibern gutes Geld.

Neu ist bei diesem Projekt aber nicht nur die Bürgerfinanzierung. Laut Rainer Mangold, für die Nachhaltige Produktentwicklung bei Audi zuständig, bleiben die gesamten Batteriezellen in den Hüllen, die sie bereits im Auto geschützt haben. Üblich sei bisher gewesen, die Einzelzellen für stationäre Speicher komplett neu zu verschalten. Mit der Elektronik seiner Firma werde dieser Zwischenschritt überflüssig, erläuterte Karsten Dressbach von Covalion. 20 Jahre sollen die Autospeicher nun ihr zweites Leben leben, bevor sie im "Dritten" komplett recycled werden.

Apropos "Politfunktion": Mittelfrankens Vize-Regierungspräsident Eugen Ehmann in Vertretung des Ministerpräsidenten sowie der Rother Landtagsabgeordneter Volker Bauer (CSU) waren bei der Vorstellung des Projekts dabei. Gerade Ehmann zeigte sich überzeugt, "dass es sich hierbei um einen Selbstläufer handelt" und der Speicher schnell Nachfolger bekommen werde.

Heinz Wraneschitz