Greding
Nach AfD-Stream: Gredinger Initiative fordert Bekenntnis von Lokalpolitik

Mandatsträger sollen sich gegen Rechtspopulismus positionieren

18.02.2021 | Stand 23.09.2023, 5:07 Uhr
Von Greding aus ins ganze Land: Im Hippodrom vor einigen Zuhörern spricht der Bundestagsabgeordnete Gottfried Curio beim Politischen Aschermittwoch der AfD. Die rund dreistündige Veranstaltung wird live im Internet gestreamt und lenkt die Blicke aus ganz Deutschland auf Greding. −Foto: dpa

Greding - Von "politisch gelenkter Volksverdummung" hat Gottfried Curio beim Politischen Aschermittwoch gesprochen, der innenpolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion.

Dafür seien natürlich die anderen Parteien verantwortlich, die AfD selbst - sie klagt gegen ihre drohende Einstufung als rechtsextremer Verdachtsfall - ist demnach die wahre Hüterin der Demokratie. Zu derlei Parolen mag jeder selbst seine Meinung haben. Was in Greding nicht unbedingt gut ankommt, ist aber, dass solche Sprüche regelmäßig aus einer bestimmten Stadt verbreitet werden. Aus Greding nämlich. Selbst beim Politischen Aschermittwoch, eigentlich seit Menschengedenken eine niederbayerische Angelegenheit, sendete die Partei drei Stunden aus dem Südzipfel Mittelfrankens.

Die Reaktion darauf war erwartbar: Die Initiative "Greding ist bunt", die schon in der Vergangenheit mit Demonstrationen und Aktionen dagegen protestiert hat, dass die AfD das Hippodrom in Greding regelmäßig für ihre Treffen aussucht, postete umgehend eine Protestnote auf Facebook - und wandte sich konkret an die politischen Vertreter der Stadt. "Wir schämen uns, als willige Erfüllungsgehilfen für Verfassungsfeinde und verurteilte Rechtsradikale dargestellt zu werden", heißt es da, und zwar "vor ganz Deutschland, den ganzen Tag und in den letzten Jahren immer wieder". Man moniert, dass Amts- und Mandatsträger nicht öffentlich gegen die Partei und ihr Auftreten in Greding Stellung beziehen. "Ein Ende des wohlwollenden Raushaltens ist längst überfällig. "

Gert Sorgatz, Kreisrat der FDP und Sprecher der Liberalen im Stadtrat - und in Facebook unterwegs -, reagierte: Er habe keine Informationen über die AfD-Veranstaltung bekommen, schrieb er in seinem Post, "weder als Kreisrat noch als Mitglied des Stadtrats".

Wie "Greding ist bunt" selbst sei er überrascht gewesen, als er im Fernsehen von der AfD gehört habe, so Sorgatz auf Nachfrage unserer Zeitung. Er halte "natürlich gar nichts davon", dass die Stadt durch die häufigen AfD-Auftritte "in ein gewisses Licht gerückt" werde. Die Partei habe hier offensichtlich "ihre Lokalität im Mittelpunkt Bayerns gefunden, ich kann daran nichts Gutes finden".

Mit dieser Ansicht hält Sorgatz nicht hinter dem Berg - er sei Follower von "Greding ist bunt" im sozialen Netzwerk und sei auch zwei Mal bei Demonstrationen dabei gewesen. Wie im Übrigen auch schon der SPD-Sprecher im Stadtrat, Markus Schneider, und der mittlerweile verstorbene Mathias Herrler. Aber Sorgatz zweifelt, ob er sozusagen in offizieller Mission protestieren soll. "Was bringt's? ", fragt er. Die Gefahr bestehe, dass man der AfD dadurch erst recht eine Bühne biete, "das muss ja auch nicht sein".

Laut dem Allersberger AfD-Landtagsabgeordneten Ferdinand, stellvertretender parlamentarischer Geschäftsführer seiner Fraktion, war Greding schlicht "aus logistischen und ökonomischen Gründen der zweckmäßigste Ort" für das Format des Livestreams - unabhängig davon, ob der Politische Aschermittwoch eigentlich zu Niederbayern gehört. Eine Präsenzveranstaltung mit Mitgliedern sei ohnehin aus rechtlichen Gründen unmöglich gewesen. Er selbst sei, so Mang, als Mitglied des Landesvorstandes zwar im Hippodrom gewesen, mit ihm habe die Ortswahl aber nichts zu tun gehabt.

Dass auch die Mitglieder des Gredinger Stadtrats im Vorfeld nichts von der Veranstaltung wussten, verwundert übrigens nicht. Denn politische Versammlungen bis zu 100 Teilnehmern sind auch in geschlossenen Räumen genehmigungsfrei, wie Andrea Raithel, Sprecherin des Landkreises mitteilt. Der Livestream am Mittwoch sei unter diese Kategorie gefallen. Lediglich ein Hygienekonzept war demnach erforderlich, abgestimmt mit dem Landratsamt.

Dieses Konzept beinhaltete unter anderem dass vor dem Zugang in die Halle die Körpertemperatur gemessen wurde, dass der Mindestabstand von 1,5 Metern eingehalten werden musste und die Pflicht zum Tragen einer FFP2-Maske. Wirklich öffentlich war die Veranstaltung auch nicht, denn laut Landratsamt waren lediglich Politiker zugelassen, zudem Personal - also beispielsweise Techniker und der Sicherheitsdienst - sowie Pressevertreter. Deren Gesamtzahl schätzt Ferdinand Mang auf "zirka 30 Personen". Dass das Hygienekonzept eingehalten worden sei, hätten die Behörden im Hippodrom kontrolliert.

Die Behörde, nämlich das Landratsamt, hatte die Stadt Greding im Vorfeld über das Gastspiel der AfD informiert. Obwohl dies in einem solchen Fall laut Andrea Raithel "üblicherweise nicht" stattfindet. Dennoch fühlt sich Bürgermeister Manfred Preischl (FW) nicht von dem Vorwurf betroffen, den die Initiative "Greding ist bunt" erhebt: "Eine Antwort sind Sie uns und den Gredinger Bürgern leider immer schuldig geblieben", wird da auf Facebook geschrieben. "Wann genau in der Geschichte Deutschlands wurde festgelegt, dass politische Neutralität wichtiger ist als sich gegen Rechtspopulismus zu stellen? " Er habe eine private Meinung, die er privat vertrete, erwidert Preischl. Und eine öffentliche, die er äußere, wenn er gefragt werde. Was er zu diesem Thema in unserer Zeitung auch schon mehrmals getan hat.

Zusammenfassend: Die Kommune hat keinerlei Handhabe gegen eine Parteiveranstaltung. "Etwas Neues gibt es nicht. " Es könne schon sein, dass sich jemand wünsche, dass gewählte Vertreter sich aus freien Stücken zu bestimmten Themen äußern, so Preischl. Aber: "Ich bin nicht der, der jeden Tag durch die sozialen Medien geht. "

HK

Volker Luff