Roth
Modernes Krankenhaus im Grünen

Kreistag sieht sich den Baufortschritt bei der Erweiterung der Kreisklinik an - Richtfest im März geplant

06.10.2020 | Stand 23.09.2023, 14:35 Uhr
Das teuerste Bauprojekt in der Geschichte des Landkreises Roth stellen Landrat Herbert Eckstein, Planer Andreas Eckl und Nadine Ortner von der Kreisklinik (von links) den Mitgliedern des Kreistags direkt an der Großbaustelle vor. −Foto: Luff

Roth - Ihr Völker der Welt, schaut auf diese Stadt!

Der Appell Ernst Reuters, des ersten Regierenden Bürgermeisters von Berlin, ist vielleicht doch ein wenig zu pathetisch. Aber gerade aus Berlin könnte man ruhig einmal nach Roth schauen. Denn auch dort baut man an einem Mammutprojekt; zwar nicht an einem Flughafen, aber immerhin an der Erweiterung der Kreisklinik. Und siehe da: Beim Zeitplan sei man der Planung "gut zwei, drei Wochen voraus". Diese erfreuliche Zwischenbilanz hat Landrat Herbert Eckstein (SPD) am Montag vor den Mitgliedern des Rother Kreistags gezogen. Dabei werden bis zum Ende aller Bauarbeiten wohl rund 120 Millionen Euro fließen - das Projekt ist damit das mit Abstand teuerste in der knapp 50-jährigen Geschichte des Landkreises. Das wollen die Kreisräte im Auge behalten, für die Besichtigung der Großbaustelle war eigens eine Sitzung anberaumt worden.

Sogar eine sehr besondere: Es sei die erste Sitzung des Kreistags überhaupt "nur im Freien gewesen", so Eckstein am Ende des kleinen Wandertags, der aufzeigte, in welche Dimensionen der Landkreis Roth mit seiner Klinik vorstößt. Augenfällig wurde auch eine andere Besonderheit, auf die der Landrat sichtlich stolz ist: "Wir sind die Klinik im Grünen. " Wenige Meter abseits der späteren Zimmer beginnt der Wald am Weinberg.

Laut Eckstein brauche man zwar noch etwas Fantasie, um sich das fertige Bauwerk vorstellen zu können, dennoch war der Wunsch nach einer Besichtigung im Kreistag laut geworden. Diesem Wunsch kamen die federführenden Planer gerne nach: Das waren zum einen Nadine Ortner, die Assistentin des Klinikchefs Werner Rupp, zum anderen Daniela Schorsack vom Rother Architekturbüro Wenzel und Andreas Eckl, dessen Architekturbüro mit Sitz in Regensburg auf Großprojekte im Gesundheitswesen spezialisiert ist, und die Rother Architekten unterstützt. Eines einte das Trio, das den Kreisräten Rede und Antwort stand: Alle drei zeigten sich stolz auf das, was am Rand der jetzigen Klinik entsteht.

"Es ist ein Glück, dass wir außerhalb bauen und nicht im Bestand sanieren", sagte Ortner, die vor allem die Belange des Krankenhauses im Blick hat. Die Baustelle beeinflusse den Klinikalltag nur wenig. Und das wird auch so bleiben, denn bis Umbau und Erweiterung - also sämtliche vier Bauabschnitte - abgeschlossen sind, vergeht schätzungsweise ein Jahrzehnt. Allein der erste Bauabschnitt verschlingt ein Gesamtbudget von mehr als 57 Millionen Euro. Dafür gibt es unter anderem vier neue OP-Säle, zehn Intensiv- und zehn Intermediate-Care-Betten - eine Art Zwischenstufe zwischen Intensivstation und normalem Pflegetrakt - und eine Tagesklinik für ambulante Operationen. Ebenfalls in den Neubau wandern die komplette Geburtshilfe sowie die deutlich vergrößerte Endoskopie.

Der Bauabschnitt 2 betrifft unter anderem die Abteilungen Radiologie/Nuklearmedizin, die zentrale Notaufnahme, und das neue Herzkathederlabor. Hier planen die Verantwortlichen einen nahtlosen Baubeginn nach dem ersten Abschnitt, also Anfang 2022. Der Bauabschnitt 2 soll Anfang 2026 beendet sein.

Allerdings: Bislang sei der zweite Bauabschnitt noch nicht ins Jahreskrankenhausbauprogramm aufgenommen worden, sagte Nadine Ortner. In diesem führt der Freistaat seine Förderungen der Kliniken auf. "Wir werden noch einmal einen Antrag stellen", so Ortner, die sich aber keine Sorgen macht, dass es zu Verzögerungen kommen könnte. "Wir haben Signale, dass wir nächstes Mal dabei sind", sagte sie. Denn auch das Ministerium habe ein Interesse daran, dass möglichst nahtlos gebaut werde, die Investitionsmaßnahmen somit stringent durchgezogen würden.

Wenn der zweite Bauabschnitt abgeschlossen ist, ziehen die einzelnen Abteilungen Ortner zufolge in den neuen Bau um. Dann geht es im dritten Abschnitt an die Sanierung des Altbestandes - sofern er nicht abgerissen wird. Das ist beispielsweise beim sogenannten Pflegestern der Fall, der keine Zukunft hat. "Er ist nicht sanierbar", sagte Ortner. Im Neubau entstünden dafür im Pflegebereich rund 300 Betten. Im vierten Abschnitt werden der Verwaltungstrakt sowie der neue Eingangsbereich mit der Ambulanz angegangen. Bis alles steht, dürfte das Jahrzehnt ziemlich zu Ende gegangen sein.

Aufgeteilt ist der Neubau in vier Quadranten, die jetzt nacheinander errichtet werden, wie Andreas Eckl erklärte. Die Kellerdecke werde voraussichtlich Ende November geschlossen, ergänzte Daniela Schorsack, Richtfest solle im März gefeiert werden.

Durch die Aufteilung in Quadranten entsteht ein lichtdurchfluteter Komplex. "Das Gebäude ist durchzogen von Innenhöfen", schwärmte Eckl - auch innerhalb der einzelnen Abteilungen. Eine Magistrale verbindet den Altbestand mit dem neuen Trakt, auf allen Ebenen wird es eine Verbindung zwischen Alt- und Neubau geben. Weil das Gebäude in den Hang hinein gebaut wird, gibt es auch im Untergeschossbeispielsweise in der Küche genug Tageslicht. Das sei für die Mitarbeiter wichtig, so Nadine Ortner, schließlich wolle die Klinik auch ein attraktiver Arbeitgeber sein.

Der auf die Umwelt achte, wie Landrat Eckstein ergänzte. Er deutete ein "ökologisches Konzept" an, ohne jedoch ins Detail zu gehen. Jedenfalls wolle man Wasser sammeln und eventuell zum Gießen verwenden. Denn die Klinik im Grünen wird am Ende auch eine schöne Außenanlage bekommen, nicht nur der Wald steht fürs Grün.

"Die Anforderungen an eine Klinik verändern sich", sagte Eckstein. Da gehe es um grundsätzlichere Dinge als das sogenannte Herzkatheterlabor, das der neue Chefarzt Thomas Anger aufbauen soll. "Der Herzkatheter ist ein zusätzliches Sahnehäubchen", stellte Eckstein seine Sicht heraus, "aber nicht das Wichtigste. " Die Grundversorgung für die Menschen im Kreis Roth und darüber hinaus sei zu leisten.

Am besten mit einem gewissen Wohlfühlfaktor, wenn man schon für teures Geld baut und saniert. So stellte Nadine Ortner den Kreisräten beispielsweise auch dar, dass sich künftig die vielen Patienten und Besucher in der Klinik nicht mehr so einfach begegnen würden. Bislang konzentrierten sich die Besucherströme auf den Mittelgang - egal, ob es sich um aufgenommene Patienten, auf Leute, die erst noch aufgenommen werden müssten oder diejenigen handle, die zu ihren Angehörigen wollten. Es sei aber nicht jedermanns Sache, im Nachthemd im Bett, eventuell mit herausgenommenen Gebiss, von Fremden beäugt zu werden. "Das ist ein ganz großes Manko", sagte Ortner zur augenblicklichen Situation. Werde mit dem neuen Haus aber endlich "entzerrt".

HK

Volker Luff