Thalmässing
Mit einem Kran und hundert Hammerschlägen

Unterdorfer Kerwabuam und -moidla stellen ihren Festbaum auf - Kränze werden liebevoll geschmückt

19.08.2018 | Stand 23.09.2023, 4:26 Uhr
Die Unterdorfer Kerwabuam und -moidla bringen die liebevoll geschmückten Kränze am Festbaum an. −Foto: Fotos: Leykamm

Thalmässing (HK) Geduld war gefragt, als die Unterdorfer Kerwabuam und -moidla (UKB) im vergangenen Jahr zum Baumaufstellen riefen - denn der Kran kam zwei Stunden zu spät. Bei der diesjährigen Kirchweih läuft es dagegen wie geschmiert. Das Spezialfahrzeug ist sogar zum ersten Mal in der jüngeren Kerwahistorie früher da als der Baum.

Als hätten sie es geahnt, machen sich die feierfreudigen Jugendlichen aus dem unteren Dorf schon ganz früh auf den Weg, um die 37 Meter hohe Fichte abzuholen: Kurz nach acht Uhr morgens haben sieben Buam mit Hilfe eines Gemeindemitarbeiters und eines Landwirts aus einem Oberdorfer Waldstück den Baum entnommen - so will es der Brauch. In wenigen Wochen wird beim dortigen Kirchweihfest der Spieß umgedreht.

Auch die Sitzordnung auf dem natürlich liegend transportierten Holz folgt alter Sitte: Hinter dem diesjährigen Plotzknecht Johannes Sieghardt nimmt am unteren Teil des Stamms UKB-Chef Ingbert Schwarz Platz, der nächstes Jahr diese Rolle einnehmen wird. Die beiden müssen rückwärts fahren, werden dafür aber mit einem prächtigen Ausblick belohnt: dem auf die Moidla, die sich in Blickrichtung auf die Herren auf dem Baum verteilen. Allen voran die jetzige Plotzmoid Laura Hilbert, gefolgt von ihrer nächstjährigen Nachfolgerin Luisa Lederer.

"Jippie ja jäih, jippie ja jouh, die UKB is wieder dou", singen alle gemeinsam triumphierend zur Melodie von "Ghost riders in the sky", während sie vom Bolzplatz zum Marktplatz ziehen. Die obligatorische, dem langen Vehikel geschuldete Ehrenrunde davor, gibt es natürlich auch wieder zu erleben. Auf der Straße wird es dabei richtig eng: ein Omnibus will vorbei, so mancher Lastwagen und ein betagter Mercedes. Doch es gibt nur freundliches Hupen und winkende Grüße: Die Stimmung ist bestens. Kein parkender Pkw erschwert wie im vergangenen Jahr die Zufahrt auf den Marktplatz, auf den Sekunden vor dem Baumtross der Fuhrunternehmer Thomas Kummerer einbiegt. Er soll mit dem Greifer dafür sorgen, dass die Fichte in die Senkrechte kommt. Und Kummerer sorgt für ungläubiges Staunen: "Dass der Baumaufsteller vor dem Baum da ist - das gab es noch nie", sagt Kerwabua Christoph Kayr entzückt.

Jetzt können die zusammengeklappten Biertische weggeräumt werden, die Unachtsame davor bewahrt haben, in die mehrere Meter tiefe Betonhalterung zu fallen. In großem Bogen fährt der Baum ein und die Spitze scheint heftige Schleifspuren auf der Straße zu hinterlassen. Zeit für die auf einem Wagen mitfahrenden kEschers und ihre Musikkumpel, eine "Merry Kirmes" zur Melodie von "Feliz Navidad" zu wünschen.

Der letztjährige Plotzknecht Fabian Kirschner dirigiert derweil das weitere Geschehen. Es gilt, mit dem Baum noch etwas zu rangieren, damit die beiden Kränze mit ihren rot-weiß-blauen Bändern angebracht werden können. Mit der Wasserrohrzange zelebrieren die Buam das Montieren, damit es endlich in die Höhe gehen kann.

Bevor der Greifer zupackt und den Koloss nach oben zieht, heißt es erst noch, aus Sicherheitsgründen die Gäste von den Biertischen "zu verscheuchen", so der UKB-Chef. Als der Baum steht, gibt es Jubelrufe für Kummerer und die Helfer. Doch für die Buam wird es jetzt erst so richtig schweißtreibend. Der Baum wird durch Keile so fixiert, dass er jedem Sturm standhält. Nun können die Moidla in Ruhe Maß an den Köpfen der Buam nehmen, um für sie den passenden Hut zu finden, der sogleich im Saal des Gasthauses "Zur Krone" mit Federn geschmückt wird.

Die Biertische sind längst wieder gefüllt und die Musiker jagen unter dem Kronen-Torbogen Rosamunde durch die verschiedenen Musikstile . Als der Baum perfekt steht, erklingt von den Tischen plötzlich "dem Spender sei ein Trullala". Das zielt aber nicht in Richtung Oberdorfer Wald, sondern meint jenen netten Herrn, der punktgenau zum Finale eine Runde ausgegeben hat. In luftiger Höhe bringen Johannes Sieghardt und sein Helfer Tobias Schiller nun noch das UKB-Schild an, bevor der Plotzknecht sich mit einem lauten Gstanzl bei allen bedankt und : "Kerwa is!" ausrufen kann.

Bald darauf geht es für die Unterdorfer Kerwabuam und -moidla zur Plotzmoid zur Brotzeit, die sich so für den Baum bedankt. Am Tag darauf wird übrigens dann beim Plotzknecht zur Vesper geladen, der damit seinen Dank für den Kirchweihtanz ausdrückt.

Jürgen Leykamm