Heideck
Mit Honig holt man sich die Wurst

Beim jüngsten Erzählcafé drehen sich die Geschichten um den Maibaum - Ein geschmücktes Exemplar am Marktplatz aufgestellt

16.05.2019 | Stand 02.12.2020, 13:57 Uhr
Premiere auf dem Heidecker Marktplatz: Georg Hafner stellt dort den ersten Maibaum auf. −Foto: Peschke

Heideck (pex) Im Heidecker Erzählcafe sind wieder einmal alle Plätze besetzt gewesen.

Vor den Erzählungen zum Thema "Maibaum" stellte Georg Hafner mit Helfern eine acht Meter hohe Birke als Maibaum vor dem Rathaus auf. Der Baum war zuvor mit einem Kranz und Schleifen stilgerecht geschmückt worden. Es soll der erste Maibaum gewesen sein, der auf dem Marktplatz aufgestellt wurde.

Alle Besucher des Erzählcafés stellten sich vor dem Maibaum zum Erinnerungsfoto auf und belohnten die Aktion mit viel Beifall. Im Bürgersaal eröffnete schließlich Georg Hafner die Erzählungen zum Thema. Er wusste, dass die heutige Form des Maibaums, eine Fichte mit belassener grüner Spitze und Kranz, bis ins 16. Jahrhundert zurückreicht.

Der Maibaum sei früher mit Hilfe langer Stangenpaare, den sogenannten Schwaiberl, mit viel Muskelkraft von den Burschen aufgestellt worden. Heute sei es aus Gründen der Sicherheit üblich geworden, dafür Traktoren oder Kräne zu Hilfe zunehmen. Aus allen Erzählungen wurde deutlich, dass das Herrichten und Aufstellen eines Maibaums seit Menschengedenken zu den beliebtesten Traditionen in Bayern zählt.

Es wurde erzählt, dass der schon 1893 gegründete Burschenverein "Gemütlichkeit Heideck" zum ersten Heidecker Heimatfest 1951 einen Kirchweihbaum aufgestellt hat. Der Baum wurde von der Stadt zur Verfügung gestellt und von den Burschen vom Bachi zum Festplatz getragen. Der Baum stand einst dort, wo heute der Eingang zum Bierzelt ist.

Als man 1960 erstmals zum Heimatfest ein Bierzelt aufstellte, hat die Gemütlichkeit einen bunt bemalten Maibaum mit den Zunftzeichen der Handwerker jeweils am 1. Mai beim früheren Gasthof Barth aufgestellt. Der Baum wurde im Bauernhof von Johann Christoph abgelegt und dort zum Aufstellen hergerichtet. Um den Baum vor "Maibaumdieben" zu sichern, habe man den gefürchteten Bernhardinerhund im Hof wachen lassen.

Es wurde erzählt, dass man den Wachhund einmal mit einem leckeren Presssack abgelenkt habe um den Baum zu holen oder zu beschädigen. Es sei jedoch letztlich nicht gelungen, weil der Bernhardiner die Wurst schnell verschlang und dann wieder seinen Job gemacht hat. Seit dem Unfall im Jahre 2015 hat sich die Gemütlichkeit vom Maibaumaufstellen zurückgezogen. Auch ruht der Verein seit dieser Zeit.

Das Klettern auf dem Kirchweih- oder Maibaum war früher eine Mutprobe der jungen Burschen. Auf den mit bunten Fähnchen geschmückten Kranz habe man Stadtwurstringe und Süßigkeiten gehängt. Diese wurden von den mutigsten Burschen heruntergeholt. Unbestrittener "Maibaumstar" sei der "Nori" Krätzer gewesen, der schon 1953 als Elfjähriger in Windeseile mit seiner Klettertechnik die größte Wurst vom Maibaum holte. Zum Klettern soll er sich die Füße mit Honig aus der elterlichen Imkerei einschmiert haben, um so leichter den Baum zu erklimmen.

Georg Hafner informierte, dass der Maibaum beim Feuerwehrhaus seit Ende der 90er-Jahre mit einem Kran aufgestellt werde. Den Baum habe man im Bauhof abgelegt und zum Aufstellen hergerichtet. Es sei einmal vorgekommen, dass Unbekannte die Spitze absägten. Er habe die Spitze des Baumes mit einigen U-Eisen wieder befestigt und die Ausbesserung mit Girlanden so drapiert, so dass niemand diese Beschädigung bemerkt hat. Es sei üblich gewesen, den Baum beim Kameradschaftsabend im Oktober zu verlosen.

Andreas Meier erzählte, dass er einmal im Anwesen vom Denzinger Sepp in der Nacht heimlich einen Maibaum aufgestellt habe. Er habe damals mit einem "Hopfenstößel" ein Loch in den Boden geschlagen, in den er den von ihm geschmückten Maibaum steckte. Er sei dann am nächsten Tag mit Freunden hingegangen und habe ihm zu diesem schönen Maibaum gratuliert und die Bayernfahne gehisst. Vor lauter Freude habe der "Sepper" dann ein Fass Bier und eine tolle Brotzeit ausgegeben.

Johann Köstler berichtete über den Maibaumclub Seiboldsmühle, der um 1970 begann, jährlich einen großen Maibaum aufzustellen. Der von der Stadt gestiftete Baum war um die 30 Meter hoch und wurde von der Firma Gaukler aus Hilpoltstein mit einem Kran aufgestellt. Köstler sagte, dass es immer der größte Maibaum in Heidecker Land gewesen sei. Vor etlichen Jahren sei der frisch aufgestellte Maibaum von Unbekannten eingeschnitten worden, so dass er nach zwei Tagen aus Gründen der Sicherheit umgesägt werden musste. Die Maibäume habe man jedes Jahr versteigert und das Geld für soziale Zwecke eingesetzt. Leider habe sich der Maibaumclub inzwischen aufgelöst, so Köstler

Am Gasthof Erlengrund haben die "Schnupfer" früher einen Maibaum aufgestellt. Das Aufstellen eines Maibaumes auf dem Sportgelände des TSV Heideck habe ebenfalls eine lange Tradition.

Auch sei das gegenseitige Stehlen des Maibaumes durch Burschen der benachbarten Dörfer ein immer wieder gepflegter Brauch gewesen. Deshalb wurde eine Maibaumwache aufgestellt, die den Diebstahl zu verhindern suchte. Falls ein Diebstahl gelang, musste als Auslöse in der Regel eine Brotzeit und Bier gezahlt werden. Hierzu erzählte Richard Böhm, dass man 1979 bei der ersten Pfarrwallfahrt mit Stadtpfarrer Josef Fersch mit vielen Gläubigen über Rudletzholz in Richtung Eichstätt marschierte. Die Feuerwehr Rudletzholz glaubte damals, dass die vielen Menschen den Maibaum stehlen oder umsägen wollten. Sie wurden aus vollen Rohren nassgespritzt bis sich der Irrtum aufklärte.

Das nächste Erzählcafé findet am 13. Juni um 14.30 Uhr im Rathaus statt. Dann geht es um die Handwerkszeuge und Gerätschaften der Bauern.