Roth
"Wir müssen reden, Herr Parteivorsitzender"

CSU-Landtagsabgeordneter Volker Bauer gewinnt das Direktmandat und klagt über Seehofer

14.10.2018 | Stand 23.09.2023, 4:39 Uhr
Gemeinsam gegen Seehofer: Die Kandidaten wie Volker Bauer (li.) seien in keinster Weise Schuld am ernüchternden Ergebnis der CSU, sagt Marlene Mortler (re.). Beide sind davon überzeugt, dass Noch-Parteichef und Innenminister Seehofer für die Verluste verantwortlich ist. −Foto: Kofer

Roth (HK) Volker Bauer hat mit Schlimmerem gerechnet. "Ich bin schon froh, wenn ein Dreier davor steht", sagt er noch, bevor die Stimmen im Landkreis ausgezählt sind. Doch am Ende verteidigt der CSU-Landtagsabgeordnete aus Kammerstein sein Direktmandat klar mit 36,9 Prozent.

Sicher war sich Bauer aber offensichtlich nicht. Denn er wird blass, als im Rother Lohgarten das erste Ergebnis eintrudelt. Der türkisfarbene Balken, der für Thomas Schneider von den Freien Wählern steht, wächst bis auf 37 Prozent in die Höhe, Bauer bleibt bei 27 Prozent stecken. Aber das Rätsel löst sich schnell auf. Es ist das Ergebnis aus Röttenbach. Dort ist Schneider Bürgermeister. In Kammerstein sieht es schon anders aus: 40,74 für den CSU-Kandidaten, 19,56 für Thomas Schneider. Auch in Rednitzhembach liegt Bauer vorne, in Wendelstein holt er 34,4 Prozent, in Greding 43,7. Und auch wenn CSU-Kreisgeschäftsführer Heinz Bieberle noch keinen Blumenstrauß übergeben will, solange der Sieger nicht feststeht, die Entscheidung im Landkreis Roth ist um kurz nach 20 Uhr gefallen. Jubel bricht nicht aus, aber es herrscht Erleichterung.

"Das Ergebnis dokumentiert, dass wir die letzten Jahre solide Arbeit geleistet haben", sagt Bauer. Die Förderung des Breitbandausbaus, des Krankenhausbaus und der Kitas, "das kommt bei den Leuten, glaube ich, schon gut an". Und noch einen Punkt für seinen persönlichen Erfolg hat Bauer ausgemacht: "Ich habe mich bemüht, das Thema Zuwanderung und Asyl nicht so hoch zu spielen."

Ganz im Gegensatz zu seinem Parteivorsitzenden Horst Seehofer, den er wie Ministerpräsident Markus Söder nicht beim Namen nennt. "Die Querelen des Parteivorsitzenden und Innenministers mit der Bundeskanzlerin waren nicht besonders dienlich", sagt Bauer maximal distanziert. "Das ist auch die Stimmung, die ich an den Infoständen wahrgenommen habe."

Die CSU-Bundestagsabgeordnete Marlene Mortler, nicht gerade bekannt für scharfe Worte, formuliert ihre Eindrücke aus dem Wahlkampf drastischer: "Acht von zehn haben gesagt: Der muss weg." Als "sehr ernüchternd" ordnet sie das CSU-Ergebnis ein. Es sei die Gesamtsumme der letzten drei Jahre. Als auf dem Fernsehbildschirm Seehofer auftaucht und sagt, man müsse das Ergebnis jetzt "wie immer in aller Sorgfalt analysieren", lacht Mortler laut auf. "Wie immer?", fragt sie sarkastisch in Richtung Fernseher. "Ausschalten", rät Heinz Bieberle.

Volker Bauer mag "heute noch kein Schlachtopfer medial bringen", kritisiert aber, das Seehofer sich zu selten in der CSU-Landtagsfraktion habe blicken lassen, dabei bestehe großer Gesprächsbedarf. "Wir müssen reden, Herr Parteivorsitzender", sagt er. "Das ist die wichtige Botschaft."

Mit Seehofer reden wird Marlene Mortler schon am heutigen Montag bei der Sitzung des Parteivorstandes in München. Sollte er seinen Parteivorsitz abgeben müssen, wäre er auch als Innenminsiter in Berlin kaum noch zu halten. "So isses", sagt Mortler bestimmt. Aber das entscheide nicht sie alleine. "Da müssen wir auf die Basis hören." Die hat sich ja schon an den Infoständen geäußert.
 

Kommentar

Es ist eine überlegene Wiederwahl, das schon. Aber ein herausragendes Zeugnis für die erste Legislaturperiode im Landtag ist das gestrige Ergebnis für Volker Bauer nicht. Waren schon die 42 Prozent bei seiner erstmaligen Wahl vor fünf Jahren nicht überschwänglich für den CSU-Politiker aus Kammerstein, so besteht auch bei den jetzigen knapp 37 Prozent ein Beigeschmack. Denn wie schon bei der Wahl 2013 bleibt Bauer deutlich hinter dem Zweitstimmenergebnis der CSU im Landkreis zurück. Damals gut sechs Prozent, gestern fast acht.Dass er sich in den vergangenen fünf Jahren für allerlei Angelegenheiten in seinem Heimatlandkreis stark gemacht hat, kann man Volker Bauer nicht absprechen. Diese Wiederwahl ist sein Lohn dafür. Trotzdem scheint er einige Wählerinnen und Wähler - selbst aus der CSU - nicht vollends zu überzeugen, wie die Zahlen zeigen. Eine mögliche Erklärung dafür ist, dass die Menschen nicht vergessen haben, was öffentlich und parteiintern das Ansehen Volker Bauers beschädigt hat. Allem voran die Whatsapp-Affäre, als Bauer vor der Kommunalwahl 2014 einer jungen Kammersteinerin via Handy drohte, weil sie nicht für die Liste der CSU, sondern für die SPD kandidierte.Jetzt steht die nächste Kommunalwahl vor der Tür, und auf Volker Bauer wartet im Vorfeld dieser Abstimmung im Frühjahr 2020 eine Menge Arbeit. Schließlich steht die CSU mit nur noch drei Bürgermeistern im Landkreis so schwach da wie nie. Um diese Bilanz aufzubessern, wird es für Bauer nicht damit getan sein, sich im Landtag um seine Lieblingsthemen wie die Jagd, die Fischerei oder alte Schlepper zu kümmern. Der alte und neue Abgeordnete ist trotz aller politischen Umbrüche in München in nächster Zeit vor allem als CSU-Kreisvorsitzender gefordert. Jochen Münch

Robert Kofer