Hilpoltstein
Die Brautleute sind sich weitgehend einig

Kreisvorsitzende von CSU und Freien Wählern sehen keine größeren Probleme für Koalitionsverhandlungen

15.10.2018 | Stand 02.12.2020, 15:27 Uhr
Kein Traumergebnis für die CSU, aber die Zahlen vom Sonntag lassen viele Koalitionsmöglichkeiten zu. Am liebsten würde Volker Bauer (rechts) zusammen mit den Freien Wählern regieren. −Foto: Kofer

Hilpoltstein (luf) Von außen betrachtet scheint die Regierungsbildung im Freistaat a gmahde Wiesn zu sein, wie man in Bayern so schön sagt: Die plötzlich erfolgsentwöhnte Regierungspartei CSU gibt notgedrungen ihren Allmachtsanspruch auf - und holt die CSU light an Bord, die Freien Wähler (FW).

Wenngleich Parteichef Hubert Aiwanger lieber von einer "CSU plus" spricht. Dass es eine Fülle von Berührungspunkten von Freien Wählern und Christsozialen gibt, bestreitet keine der beiden Seiten. Ob man sich so frühzeitig offensiv als Koalitionspartner hätte andienen sollen, darüber gehen die Meinungen selbst bei den FW jedoch auseinander.

Der Rother FW-Kreisvorsitzende Hermann Kratzer kann das Vorpreschen von Aiwanger nachvollziehen, wie er sagt, der gerade Weg stehe für die FW: "Wir trauen es uns zu", sagt Kratzer, deshalb sei es richtig gewesen, dass Aiwanger unmissverständlich auf den Spuren des früheren SPD-Generalsekretärs Franz Müntefering wandelt: "Opposition ist Mist. " Umso mehr, weil sich Kratzer davon überzeugt zeigt, dass die Freien Wähler in einer Regierungskoalition von der CSU nicht zerdrückt werden würden wie die FDP von 2003 bis 2008 - die dann aus dem Landtag flog. "Mit uns geht es nicht so einfach", sagt Kratzer. Vor allem wegen der Persönlichkeiten, die die FW in ihren Reihen hätten: Landräte, Bürgermeister, Ratsmitglieder; die Freien Wähler in Bayern seien "in der Fläche verwurzelt".

Als ein solcher Stabilitätsanker mit kommunalpolitischer Kompetenz können die Freien Wähler laut Kratzer auch die bayerische Staatsregierung wieder auf Kurs bringen. Die ständigen Debatten um Flüchtlinge , "da hätte der Söder früher ,Stopp! ' sagen müssen", das habe doch niemand mehr hören können. "Unser Land hat ganz andere Probleme. "

Die zu lösen, dafür seien die FW prädestiniert, findet der Kreisvorsitzende. Und rammt gleich ein paar Pflöcke für etwaige Koalitionsverhandlungen ein, die die FW nicht preisgeben dürften. Thema dritte Startbahn am Flughafen München: "Njet", sagt Kratzer, "da ist nichts zu machen. "

Bei der Abschaffung der Straßenausbaubeiträge hätten die FW die CSU zuletzt schon vor sich hergetrieben - aber "da muss noch nachgearbeitet werden", bislang sei das Thema von der CSU lediglich "viertelherzig" angegangen worden. Kommunen, die ihre Hausaufgaben zuverlässig erledigten, hätten Vorauszahlungen kassiert, die - bis jetzt - lediglich für das Jahr 2018 zurückerstattet werden sollen. Die FW wollen bis zum Jahr 2014 zurückgehen. "Dafür machen wir uns stark", verspricht Kratzer.

Nicht zuletzt beharrten die FW auf der Abschaffung der Kita-Gebühren. Wenn CSU-Politiker jetzt sagten, das sei unfinanzierbar, "dann sollen sie doch in ihren Koalitionsvertrag von 2008 schauen - da ist genau das dringestanden", sagt Kratzer. Die Menschen im Freistaat erwirtschafteten das Geld dafür.

"Man kann viel machen, wenn man es sich leisten kann", erwidert Volker Bauer ironisch. Der CSU-Kreisvorsitzende ist alter und neuer Stimmkreisabgeordneter von Roth - und setzt als solcher auf die Erfahrungen mit den FW in der vergangenen Wahlperiode: "Die Freien Wähler haben oft bei uns mitgestimmt, sie waren oft auf unserer Seite. " Deshalb erwarte er zügige Koalionsgespräche ohne größere Probleme. Sofern die FW eine Eigenschaft ablegten, wenn sie in der Verantwortungstehen: "Sie arbeiten ein bisschen mit Freibier-Politik", sagt Bauer. Haushaltsdisziplin sei für ihn oberstes Gebot. Wenn die FW kostenlose Kinderbetreuung verlangten, "dann sollen sie auch laut kommunizieren, wem sie dafür das Geld wegnehmen wollen - der Feuerwehr, den Sportvereinen, den Schulen? " Dennoch gebe es mit den FW die größten Schnittmengen im politischen Betrieb, so Bauer. Auch auf Landkreisebene arbeite man gut zusammen. "Ich kann mit den Freien Wählern gut. " Im Augenblick müssten sie eben ein Stück weit "auf den Boden der politischen Tatsachen zurück".

Dann könne es auch schnell gehen, bis ein Koalitionsvertrag steht. Einen "politischen Kindergarten, diese ganze Show wie in Berlin" werde es in München jedenfalls nicht geben. "Ich hoffe, dass die ganze Kiste in zwei Monaten steht. " Ob Horst Seehofer dann noch als CSU-Parteichef mitreden darf, lässt Bauer offen. Einerseits lässt er keinen Zweifel daran, dass man mit ihm nicht zufrieden ist, "wir haben ja auch die Botschaften an den Wahlständen verstanden". Andererseits: "Wir werden jetzt keine Opferlämmer zur Schlachtbank führen. "

Dass das polternde Verhalten des Innenministers auch bei den Freien Wählern nicht besonders gut ankommt, bestätigt Hermann Kratzer - wenn auch durch die Blume. Als Regierungspartner müsse die CSU wieder "vertrauenswürdiger werden", sagt er. Die Partei solle weg vom Populismus und "an ihrer Erscheinungsform arbeiten, die passt doch hinten und vorne nicht".