Pyras
Krisenmodus im Jubiläumsjahr

Pyraser Landbrauerei wird 150 - Fehlende Perspektive in Corona-Zeiten "eine Katastrophe"

08.04.2020 | Stand 23.09.2023, 11:33 Uhr
  −Foto: Karch/Brauerei

Pyras - "Das Schlimmste ist, dass man keinen Ausblick hat.

 

" Geht das normale Leben schon nach dem 19. April wieder weiter, dem im Moment alle entgegenfiebern, oder ziehen sich die Einschränkungen noch über Wochen oder gar Monate hin? Marlies Bernreuther hängt wie viele andere Unternehmer auch völlig in der Luft. Die Chefin der Pyraser Landbrauerei weiß nicht, mit welchen Veranstaltungen oder Umsätzen sie heuer noch rechnen kann. "Ich weiß nicht einmal, wann ich die Bank anrufen soll. "

Eigentlich hätte die Pyraser Landbrauerei heuer ganz groß feiern wollen, schließlich gibt es die Brauerei schon 150 Jahre. Und in den vergangenen Jahren ist es auch stets bergauf gegangen, ziemlich steil sogar. Nach einigen Erfolgsjahren in Folge - im vergangenen Jahr hat die Brauerei einen Getränkeausstoß von 215000 Hektoliter erreicht - blickt das Unternehmen zurzeit in eine ungewisse Zukunft. "Den April schaffen wir noch", sagt Marlies Bernreuther. Die Unternehmerin hat erst 2018 kräftig investiert und rund 2,4 Millionen Euro in die Inbetriebnahme einer neuen Abfüll- und Etikettiermaschine sowie in den Bau einer Halle inklusive Lagerkeller und in neue Drucktanks gesteckt. Jetzt sind die Wirtschaften geschlossen und Veranstaltungen abgesagt.

Zehn Prozent des Bierumsatzes seien bereits weggefallen, als Italien seine Gastronomie geschlossen habe. In den ersten beiden Märzwochen habe es aber noch recht gut ausgesehen, weil die Leute so viel Getränke eingekauft hätten, dass sich der Ausstoß verdoppelt habe. "Aber das waren Hamsterkäufe. Jetzt sind die Keller voll. " Das sei ein Verbraucherverhalten, mit dem man nicht gerechnet habe. In Pyras wurde noch kräftig eingebraut und versucht vorzuproduzieren, "wenn es einen Mitarbeiter erwischt".

Was gar nicht produziert wurde, ist das Fassbier, denn Veranstaltungen stehen derzeit keine im Kalender. "Feste und Veranstaltungen machen nur zwei Prozent des Umsatzes aus", erklärt Marlies Bernreuther. "Aber da hängen Emotionen dran. " In dieser Zeit "sehnen sich alle danach, im Biergarten zu sitzen und sich zu treffen". Dass der für die Region so wichtige Challenge abgesagt worden sei -"eine völlig richtige Entscheidung"- habe einen regelrechten Dominoeffekt ausgelöst.

 

"Das ist alles besonders bitter in einem Jahr, in dem man eigentlich Jubiläum feiern wollte", bedauert Marlies Bernreuther. Statt zu feiern müsse man jetzt schauen, dass der Betrieb mit seinen 90 Mitarbeitern über die Runden komme. "Es gibt einen vollen Ausgabenstopp für alles, was nicht sein muss. " Die Mitarbeiter im Vertrieb sind im April in Kurzarbeit, in der Brauerei wird in Schichten gearbeitet, damit auch bei einem Coronafall noch ein Teil der Mitarbeiter weitermachen kann. "Die ersten vier Wochen waren psychisch total hart", gibt Marlies Bernreuther deshalb zu.

Ein Problem hat die Brauerei aber nicht: Es gibt keine Gastronomiebetriebe, die ihr Bier zurückgeben wollen. "Bei uns kommt kein Vollgut zurück. Alle hoffen, dass sie in drei Wochen wieder aufmachen können. " Ihr persönlich wäre es aber lieber gewesen, man hätte die Ausgangsbeschränkung gleich auf einen längeren Zeitraum festgelegt und sie dann gelockert, wenn die Zahl der Infizierten zurückgegangen sei "Damit wäre man besser zurechtgekommen als wenn man dann von Woche zu Woche vertröstet wird. " Für ein Unternehmen sei es ein Katastrophe, wenn man gar keine Perspektive habe. "Wir hangeln uns von Woche zu Woche. " Die Brauerei wisse nicht, wann die Gastronomiebetriebe wieder öffnen dürften, wann Veranstaltungen wieder erlaubt seien. Und dementsprechend könne auch nicht geplant werden, wann die Mitarbeiter wieder voll eingesetzt werden könnten oder wie viel finanzielle Unterstützung das Unternehmen brauche.

Den letzten Rest Optimismus lässt die Brauereichefin nicht nehmen: "Wenn alles ausfällt, feiern wir das Jubiläum im nächsten Jahr. "

HK

 

Andrea Karch