Allersberg
Keine Begeisterung für die "Jahrhundertchance"

Im Planungskorridor für ein mögliches ICE-Werk bei Allersberg sind die Gewerbeflächen West I und II vergessen worden

19.01.2021 | Stand 23.09.2023, 16:30 Uhr
Von der Autobahnanschlussstelle Allersberg bis hinauf nach Harrlach zieht sich der 45 Hektar große Korridor, den das Planungsbüro der Deutschen Bahn für ein mögliches ICE-Instandsetzungswerk prüfen und untersuchen will. Angesichts der Allersberger Gewerbegebiete West I und II, für die just in dieser Woche der Verkaufsprozess begonnen hat, ist der unter Teil des hier aufgezeigten Korridors schon verplant. Und aus dem Sonderausschuss des Allersberger Marktgemeinderats ist am Montagabend kein Signal gekommen, dass das noch vage Vorhaben der Bahn den eigenen Plänen der Marktgemeinde vorgezogen werden sollte. −Foto: Deutsche Bahn

Allersberg - In seiner Sitzung am Montagabend hat der Sonderausschuss des Allersberger Marktgemeinderates die Beschlüsse für die öffentliche Auslegung zur Änderung des Flächennutzungsplanes und des Landschaftsplanes für die beiden gewerblichen Bauflächen Wests I und II gefasst. War diese Abstimmung nur eine Formalie, wie es Bürgermeister Daniel Horndasch bezeichnete, förderte dieses Thema doch Überraschendes zutage: Denn vorgelegt wurde auch noch ein Flächenkorridor für die mögliche Errichtung eines ICE-Instandsetzungswerks.

Wie die Deutsche Bahn schon im vergangenen Jahr verkündete, will sie bis zum Jahr 2028 und eigentlich bevorzugt im Nürnberger Stadtgebiet ein neues ICE-Instandhaltungswerk errichten. In dem umfangreichen Raumordnungsverfahren, das bei einem solchen Großprojekt für geschätzt 400 Millionen Euro nötig ist, gehört es aber auch zur Aufgabe der Projektplaner, denkbare Alternativen aufzuzeigen. Und auf dieser Liste der möglichen Flächen, die geprüft und untersucht werden sollen, steht nach Angaben der Deutschen Bahn neben Burgfarrnbach (Stadt Fürth) und Baiersdorf (Landkreis Erlangen-Höchstadt) auch Allersberg.

Bürgermeister Horndasch präsentierte dazu dem Marktrat einen erst wenige Tage zuvor von Planungsbüro übersandten Plan eines Flächenkorridors westlich der Autobahn- und ICE-Strecke und nördlich der Autobahnauffahrt Allersberg-West. Dieser Korridor erstreckt sich nach Norden bis nach Harrlach und im Süden bis zur Autobahnanschlussstelle Allersberg. Die Gewerbegebiete West I und II des Marktes Allersberg sind in dem Plan aber noch gar nicht berücksichtigt, so dass der Korridor für ein mögliches ICE-Werk erst erst nördlich von West II beginnen könnte, wie Horndasch klarstellte.

Wie die Allersberger SPD nach den Entwicklungen rund um das ursprünglich fest in Nürnberg geplante ICE-Werk gefordert hatte, dürfe man sich diese "Jahrhundertchance für Allersberg" mit rund 450 zu erwartenden Arbeitsplätzen nicht entgehen lassen, zitierte Horndasch in der Sitzung am Montagabend. Sofern man das Projekt tatsächlich als Jahrhundertchance sehe, dann müsse man sich bei den aktuellen Abstimmung zu West I und II auch entsprechende Gedanken machen. "Wir brauchen ein Zeichen, wohin die Reise gehen soll", forderte Horndasch klare Stellungnahmen.

Von den Mitgliedern des Ausschusses wurde daraufhin klar die Meinung vertreten, dass die eigenen Planungen mit den gewerblichen Flächen weiter vorangetrieben werden sollen. Das Projekt der Bahn sei viel zu vage, als dass man das eigene Verfahren über Bord werfen könne, formulierte es Ernst Rückert (CSU) und wurde dabei von Gabriele Sossau (ABF) unterstützt. Nördlich von West II könne die Bahn ihr Vorhaben ja weiter betreiben, erklärte Willibald Harrer (FW), der sich ebenfalls nicht sonderlich für die Bahn-Interessen zu begeistern schien.

Nicht viel mehr als die Reinigung von 25 Zügen pro Tag solle dort passieren, sagte Bürgermeister Horndasch ebenfalls ohne sichtliche Begeisterung für die Planungen der Deutschen Bahn. Er fügte hinzu, dass bei dem ICE-Werk von einer Lärmbelästigung von bis zu 100 Dezibel die Rede sei, während den gewerblichen Flächen des Marktes viel weniger Lärmimmissionen zugestanden würden. Auch sei die von der Bahn anvisierte Fläche von gut 45 Hektar derzeit fast ausnahmslos Wald, wie Horndasch mit Blick auf die Pläne darstellte. Angesichts der rund 6000 Quadratmeter Wald, die vom Markt für die Gewerbegebiete gerodet werden, vermisste Horndasch einen regelrechten Aufstand. "Wo bleibt der Aufschrei?", fragte er in die Runde und konstatierte: Es sei eben noch lange nicht das Gleiche, wenn zwei das Gleiche tun.

Keine Stellungnahme zu den Plänen der Deutschen Bahn kam dagegen von SPD und Grünen, die auch für den Sonderausschuss eine Ausschussgemeinschaft eingegangen sind. Für den verhinderten Eduard Riehl (SPD) saß am Montagabend Georg Decker als Stellvertreter im Sonderausschuss. Er hatte zu diesem Thema aber keinen Auftrag im Sinne der Ausschussgemeinschaft, wie Decker auf Nachfrage von Horndasch erklärte.

HK

Reinhold Mücke