Thalmässing
Kein Geld für die Alten

Demenzwohngemeinschaft und Tagespflege scheitern bisher am Geld - Ohne Rendite kein Investor

20.06.2018 | Stand 23.09.2023, 3:31 Uhr
Der ältere Teil der ehemaligen Grundschule (links) soll eine Demenzwohngemeinschaft werden, der jüngere Teil (rechts) soll abgerissen werden. Bisher scheitern die Pläne jedoch am Geld. −Foto: Foto: Karch

Thalmässing (HK) Sie werden dringend gebraucht: Plätze für Tagespflege und Demenzwohnen. Wenn der Staat aber keinen Zuschuss gibt, sind solche Projekte nicht finanzierbar. Und das ist in den Augen von Pfarrer Rudolf Hackner und Bürgermeister Georg Küttinger ein Unding.

"Mit den Umbauplänen, die ein Schwabacher Architekturbüro erarbeitet hat, waren wir sehr zufrieden. Bis es an die Kosten ging." Wenn Pfarrer Rudolf Hackner rund eineinhalb Jahren zurückblickt, kommt der Frust wieder hoch. Denn der Umbau der alten Grundschule zu einer Demenzwohngemeinschaft wird richtig viel Geld kosten. Rund 1,5 Millionen Euro müssten auf den Tisch gelegt werden, um zwölf kleine Wohnungen für Demenzkranke, Aufenthaltsräume und Sanitäranlagen zu schaffen. Eine Summe, die jeden Investor abschreckt.

"Als Verein könnten wir etwa eine halbe Million Euro mitbringen, aber dann fehlt immer noch eine Million", rechnet Hackner, der Vorsitzende des Diakonievereins Jura, vor. Gleichzeitig könnte die Diakonie als Mieter des Hauses nur etwa drei Euro pro Quadratmeter bezahlen - "eine unterirdisch niedrige Miete", wie Hackner selbst zugibt. Ein Investor erwartet sich aber zehn bis zwölf Euro pro Quadratneter, um eine Rendite erzielen zu können. "Bei diesem Punkt mussten wir die Verhandlungen abbrechen." Das Diakonische Werk Weißenburg/Gunzenhausen versuche schon, Thalmässing zu unterstützen, baue derzeit aber in Weißenburg selbst ein großes Zentrum für die Altenhilfe. "Und die haben auch nicht massenweise Geld auf der hohen Kante."

Aber nicht nur der Vorsitzende des Diakonievereins hat in den vergangenen zwei Jahren alle Möglichkeiten abgeklopft, ein solches Haus zu finanzieren. Auch die Kommune hat - bisher vergeblich - versucht, Geldquellen anzuzapfen. Als Vorbild hat Bürgermeister Georg Küttinger Burgsalach vor Augen. Auch dort wurde die ehemalige Schule in Wohnungen für Demenzkranke umgebaut. Allerdings musste dort weniger Geld für den Umbau hingelegt werden. Und es gab Zuschüsse vom Amt für ländliche Entwicklung. Trotzdem reichen die Einnahmen gerade aus, um das Gebäude zu erhalten. "Das Geld, das die Kommune reingesteckt hat, kommt nicht zurück", sagt Rudolf Hackner.

Georg Küttinger hat die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass es auch für Thalmässing Geld geben könnte, und zwar aus dem Städtebauprogramm. Allerdings ist der zuständige Gebietsreferent nach München gewechselt, so dass der Posten derzeit vakant ist. "Wir hängen in der Luft. Und ein Neuer muss sich erst wieder einarbeiten." Mit der neuen Nutzung für die alte Schule wollte man in Thalmässing eigentlich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Einerseits wird dieses Projekt dringend gebraucht, andererseits könnte das Gebäude erhalten und sinnvoll genutzt werden. "Und bei der Nutzung des alten Gebäudes könnte der Investor von der hohen steuerlichen Abschreibung profitieren."

"Es ist zäh, an Zuschüsse zu kommen", hat auch Rudolf Hackner erfahren müssen. So sehr er sich auch darüber freut, dass der Staat den Bau von Kindertagesstätten so großzügig unterstützt, so sehr treibt es ihn um, dass die Situation bei der Versorgung von alten Menschen ganz anders aussieht. Für ihn ist es ein wesentliches Problem, dass die Politik in den vergangenen Jahren die Pflege immer weiter privatisiert hat, so dass findige Unternehmer versucht haben, möglichst hohe Gewinne aus der Altenpflege abzuschöpfen. Gemeinnützig arbeitende Institutionen wie die Diakonievereine und die Caritas täten sich immer schwerer, sich auf dem knallharten Pflegemarkt zu behaupten.

Im Umgang mit alten Menschen, denen, die nach dem Krieg Deutschland wieder aufgebaut haben, die Häuser gebaut und Firmen gegründet und das gesellschaftliche Leben bereichert hätten, seien andere Länder wie Dänemark oder Schweden uns kilometerweit voraus, bedauert Hackner. Beispiele aus der Praxis hat er genug. Er erzählt von einem alten Mann, der an Demenz leidet, und nicht im Thalmässinger Seniorenheim betreut werden konnte, weil er immer weggelaufen sei. "Jetzt kann er nicht mehr weglaufen, jetzt konnte er nach Thalmässing zurückkommen."

Als Vorsitzender des Diakonievereins sei er angehalten, die Versorgung der alten Menschen so zu gewährleisten, dass es optimal passe. Die Wohnform mit zehn bis zwölf Demenzkranken und spezifisch ausgebildetem Personal ist für Hackner ideal. Er weiß aber auch, dass eine Tagespflege dringend gebraucht wird, um die Angehörigen wenigstens stundenweise zu entlasten. "Die Ambulanz explodiert gerade", sagt er. "Ideal wäre beides, doch es scheitert am Geld." Allerdings ist er bei der Tagespflege zuversichtlicher, was eine Realisierung betrifft. Auch wenn es für Hackner nicht so schnell geht, "wie ich es mir vorstelle", so verspricht er doch: "Wir geben nicht auf."

Andrea Karch