Nürnberg
Justiz feiert Neubau ohne Party

Das neue Strafjustizzentrum in Nürnberg hat heimlich, still und leise seinen Betrieb aufgenommen

07.06.2020 | Stand 02.12.2020, 11:13 Uhr
Wegen Corona ist die Party zur Einweihung des knapp 30 Millionen Euro teuren Neubaus ins Wasser gefallen. −Foto: Pelke

Nürnberg - Mit großem Tamtam ist die Eröffnung des neuen Strafjustizzentrums (SJZ) in Nürnberg geplant gewesen.

Durch den Corona-Ausbruch ist die Party zur Einweihung des knapp 30 Millionen Euro teuren Neubaus allerdings ins Wasser gefallen. Auch der kürzlich geplante "Tag der Offenen Tür" ist abgesagt worden. Ganz ohne festliche Reden und salbungsvolle Worte hat das neue Justizzentrum deshalb seine Arbeit aufnehmen müssen. Dabei glänzt der Neubau durch viele zeitgemäße Funktionen und seine nüchterne Eleganz.

Sieben Sitzungssäle stehen in dem neuen Gebäude für Verhandlungen zur Verfügung. Im Keller gibt es Haftzellen für die Angeklagten. Die Fassade mit ihren schmalen, vertikalen Fenstern erinnert in ihrer unaufgeregten Sachlichkeit an die Architektursprache der "Berliner Republik" mit ihren Regierungsbauten, die nach dem Umzug der Regierung an die Spree in den 90er Jahren in der neuen Bundeshauptstadt entstanden sind.

Das Flachdach des Neubaus setzt einen Kontrapunkt zum Satteldach des alten Justizpalastes, der zwischen 1909 und 1916 im Stil der Neo-Renaissance errichtet worden ist. Im Innenraum setzt sich dieser moderne Kontrast in der Gestaltung zwischen weißen Fußböden und Wänden sowie schwarzen Treppengeländern und Sitzmöbeln fort.

Streng genommen ist der Neubau eigentlich "nur" ein Ersatzbau, damit die Justiz den Ostbau des Justizpalastes mit dem berühmten Schwurgerichtssaal 600 für das Museum "Memorium Nürnberger Prozesse" und die "Akademie Nürnberger Prinzipien" vollständig zur Verfügung stellen kann. Bislang haben Besucher den Saal nur besichtigen können, wenn keine Verhandlungen darin stattgefunden haben. Als Folge des Neubaus kann der Saal 600 nun durchgehend als musealer Ort der Begegnung und Erinnerung genutzt werden. In dem historischen Justizsaal haben vor 75 Jahren die Prozesse gegen die Hauptkriegsverbrecher des Nationalsozialismus stattgefunden.

Nun gibt es einen neuen Schwurgerichtssaal im Erdgeschoss des modernen Strafjustizzentrums an der Westseite des alten Nürnberger Justizpalastes, der dank allerlei Technik lange Verhandlungen mit vielen Beteiligten angenehmer und transparenter machen soll. In dem neuen Schwurgerichtssaal gibt es beispielsweise eine Klimaanlage, damit nicht nur die Richter unter ihren langen Roben nicht allzu sehr ins Schwitzen geraten.

Zuhörer dürften sich besonders darüber freuen, dass die Akustik in dem neuen Saal enorm verbessert worden ist. Außerdem kann der Raum per Knopfdruck in einen Kinosaal verwandelt werden, damit Fotos und Videos als Beweismittel gezeigt werden können. Per Internet könnten Zeugen nun live per Online-Konferenz befragt werden, freut sich Justizsprecher Friedrich Weitner über die vielen neuen Annehmlichkeiten, die den Prozessalltag erleichtern sollen.

Ein wenig wehmütig ist Weitner freilich trotzdem, weil in dem historischen Schwurgerichtssaal keine Verhandlungen mehr durchgeführt werden können. Andererseits freut er sich darüber, dass der historische Schwurgerichtssaal 600 nun ohne Pausen für Besucher geöffnet werden kann.

Mit der Fertigstellung des Neubaus ist der Umbau der Nürnberger Justizlandschaft jedoch keineswegs beendet. In einem zweiten Bauabschnitt sollen die derzeit noch auf mehrere Standorte verteilten Nürnberger Justizstellen zentral an der Fürther Straße in einem weiteren Neubau zusammengeführt werden. Diese Baumaßnahme dürfte das aktuelle Gebäude allein von seiner Dimension noch einmal gewaltig in den Schatten stellen und rund fünfmal so groß werden. Wann der Startschuss für den zweiten Bauabschnitt fällt, steht allerdings noch nicht fest.

HK