Im Partyzelt gibt's keinen Lagerkoller

Hühnerhaltung 2021: Die Altenhofener Landwirte Georg und Dominik Harrer haben sich kreativ auf die Geflügelpest eingestellt

25.03.2021 | Stand 29.03.2021, 3:33 Uhr
Glückliche Hühner in schwierigen Zeiten - und auch die Hühnerhalter sind zufrieden: und sein trotzen der Geflügelpest. −Foto: Auer

Hilpoltstein - Natürlich verbieten sich in einer solchen Situation Witze aller Art.

 

Wegen Corona gibt es nirgendwo mehr Feste - kein Mensch braucht gerade ein Partyzelt. Und außerdem geht die Geflügelpest um - rund um den Rother Ortsteil Hofstetten gibt es einen Sperrbezirk beziehungsweise eine Beobachtungszone mit einem Radius von zehn Kilometern. Da ist es schon eine ziemlich schräge Vorstellung, dass jetzt in Hilpoltstein die Hühner Party feiern. Jedenfalls haben der Landwirt Georg Harrer (54) und sein Sohn Dominik (28) aus Altenhofen für ihre 480 Freiland-Hühner extra zwei großformatige Partyzelte angeschafft.

Georg Harrer steht in seiner kleinen hölzernen Verkaufshütte gleich neben seinem großen Milchviehstall an der Staatsstraße Richtung Freystadt und hantiert am Automaten. Hier verkauft er nicht nur seit 2013 frische Milch ("Milchtankstelle"), sondern seit 2018 auch Eier. Aber das mit den Eiern war seit über einer Woche amtlicherseits verboten. Seit es in Hofstetten einen Ausbruch der Vogelgrippe unter Gänsen gab, liegen die Harrers mit ihrer Hühnerhaltung im sogenannten Beobachtungsgebiet, einem Radius von zehn Kilometern. Schon seit 6. März müssen die Hühner im Rahmen einer angeordneten "Aufstallpflicht" hinter Schloss und Riegel sein, vorerst für 30 Tage, aber nun durften auch die Eier vorübergehend nicht am Automaten verkauft werden.

Eine Ausnahmegenehmigung für den Verkauf gäbe es nur, wenn die Harrers einen zertifizierten Verpackungsraum, eine "Packstelle" am Hof, vorweisen könnten. Das ließen sich die innovativen Landwirte nicht zweimal sagen: In der vergangenen Woche bauten sie eine alte Milchkammer vorschriftsgemäß um und schafften die geforderten Gerätschaften an: Stempelmaschine, Waage, Luftkammer-Messgerät. . . Am Montag kam ein Prüfer der bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft, gab grünes Licht und erteilte eine offizielle "Packstellennummer". Georg Harrer nahm - nach erteilter Erlaubnis durch das Veterinäramt - umgehend wieder seinen Automaten in Betrieb. Die einzige Einschränkung ist nun: Die Kunden dürfen Eier vorerst nicht mehr unverpackt kaufen. Umgekehrt aber dürfen die Eier nun auch an "Wiederverkäufer", etwa Wirte, vermarktet werden.

 

Die Harrers nutzen die Krise als Beschleuniger für irgendwann ohnehin unvermeidliche Neuerungen. "Man muss damit rechnen, dass die Vogelgrippe öfters kommt. " Seit 2018 halten sie im professionellen Stil Freilandhühner auf eingezäunten Wiesen in der Nähe des Kuhstalls. Dafür schafften sie sich ein sogenanntes Hühnermobil an, einen fahrbaren Stall also. Erst einen, und als sich überraschend herausstellte, dass die Nachfrage nach den Eiern kaum zu decken war, auch gleich einen zweiten. Vermarktet wird ausschließlich über die Verkaufshütte. Vater Georg, der Senior des Betriebs, war zunächst skeptisch gewesen - aber der innovative Junior, inzwischen der Chef, hatte mit seinem Optimismus recht gehabt. "Alle Eier sind jeden Tag problemlos innerhalb weniger Stunden weg", sagt Dominik Harrer. Schon ist das dritte Hühnermobil bestellt. "Das kommt noch in dieser Woche", sagt Dominik Harrer.

Doch die Geflügelpest steht als dunkle Wolke seit vielen Jahren immer gegen Ende des Winters über den Hühnerhaltern. Zugvögel können den Erreger auch in die entlegensten Ställe tragen, tückischerweise sogar über ihren Kot von oben. Also müssen, wenn es irgendwo einen Ausbruch gibt, alle Hühner abgeschirmt werden: Bye-bye Freilandhaltung?

Die Harrers sperrten zunächst einmal alle Tiere in den beiden Hühnermobilen ein. Von der Fläche her reicht das aus: Der Platz pro Huhn entspricht dann dem, der bei Bodenhaltung gefordert ist. Harrers Freilandhühner allerdings bekamen da ziemlich schnell Lagerkoller. "Die sind halt den Auslauf gewöhnt und sind entsprechend aggressiv geworden", erzählt Georg Harrer. "Wir haben irgendwas machen müssen. " Ein billiges Provisorium kam nicht in Frage. Also bestellte Dominik Harrer zwei große, stabile Partyzelte - ohne Boden mit sechs mal zwölf Metern - für jeweils knapp 1300 Euro. Der Aufbau war ein Riesenaufwand: drei Stunden Arbeit zu sechst - die ganze Familie war eingespannt.

 

In den Zelten, direkt angedockt an die Hühnermobile, ist nun mehr als genug Platz, dass sich das Federvieh aus dem Weg gehen kann. Fürs Picken und Scharren gibt es einen Riesenballen Stroh sowie Futter-Wurzelgemüse von der nahen Auhof-Gärtnerei. Da kommt unter den Hühnern keine Langeweile auf.

Aber werden demnächst - gar an Ostern - die Eier aus echter Freilandhaltung zur Mangelware, wie erst am Montag bundesweit befürchtet wurde? Georg Harrer ist da für Bayern ohne Sorge: Das sei ein Problem in Norddeutschland, wo die Geflügelpest schon vor Monaten aufgetaucht ist, mit allen unschönen Konsequenzen für die Freilandhaltung. "Da ist die Aufstallungspflicht zum Teil schon im November gekommen. " Er und seine Kollegen in der Umgebung von Hilpoltstein aber hätten als "Beobachtungsgebiet" eine Übergangszeit von 16 langen Wochen. Erst danach dürfen die Eier aus ihren Betrieben nur noch unter dem Status "Bodenhaltung" verkauft werden.

Bis dahin, das ist doch sehr zu hoffen, sollte der Spuk aber längst vorbei sein. Mit wärmeren Temperaturen verschwindet üblicherweise auch der Grippevirus. Dann dürfen die Hühner tatsächlich wieder wie gewohnt unter freiem Himmel scharren - und die Partyzelte werden eingelagert. Für hoffentlich recht lange Zeit.

HK