Fürth
"Ich wünsche mir einen handlungsfähigen Staat"

Fürths SPD-Oberbürgermeister Thomas Jung will straffällige Ausländer abschieben - und erntet Kritik

21.01.2019 | Stand 23.09.2023, 5:42 Uhr
Fürths Oberbürgermeister Thomas Jung will trotz scharfer Kritik von seinen Forderungen nicht abrücken. −Foto: Pelke

Fürth (HK) Der Fürther SPD-Oberbürgermeister Thomas Jung setzt sich nach einer brutalen Vergewaltigung in seiner Stadt weiter dafür ein, dass die Behörden ausreisepflichtige Straftäter tatsächlich abschieben können.

Dafür hat er sich Vorwürfe gefallen lassen müssen. Als "nicht nachvollziehbar und gefährlich" hat beispielsweise das Fürther Bündnis gegen Rechtsextremismus und Rassismus die von Thomas Jung geforderten Abschiebeverschärfungen für ausreisepflichtige weil straffällige Ausländer nach einem brutalen Vergewaltigungsfall in Fürth kritisiert.

Aus der Vergewaltigung im Fürther Pegnitzgrund an einer arglosen Spaziergängerin will Thomas Jung jedoch mehr denn je politische Konsequenzen ziehen. "Es hat mich empört, dass die höchsten Bayerischen Gerichte bei dem Straftäter von Fürth eine Ausreisepflicht rechtskräftig festgestellt haben und der Rechtsstaat dann diese richterliche Entscheidung nicht vollzieht. " Stattdessen habe der Rechtsstaat dem 37-jährigen Türken aus Fürth praktisch selbst erlaubt zu entscheiden, ob er an einer Ausreise mitwirken will oder nicht. Obwohl er den Behörden eine lange Nase gezeigt und die Mitwirkung verweigert hatte, habe der Staat keine spürbaren Sanktionen aussprechen können. "Das zerstört jeden Glauben an die Handlungsfähigkeit des Rechtsstaats und gefährdet den Rechtsstaat damit auf Dauer", sagt Jung.

Mitte November soll der 37-jährige Türke im Pegnitzgrund in Fürth eine Spaziergängerin brutal vergewaltigt haben. Bei dem dringend Tatverdächtigen handelt es um einen in Fürth geborenen Türken, der Deutschland wegen zahlreicher Vorstrafen bereits längst hätte verlassen müssen. Der Fürther Oberbürgermeister verfasste nach der schockierenden Tat einen Brief an Andrea Nahles. Darin hatte Jung die SPD-Parteivorsitzende aufgefordert, dass sich auch die Sozialdemokraten für Abschiebehaftstrafen für ausreisepflichtige Straftäter mit ausländischem Pass einsetzen sollten.

Nach der Vergewaltigung in Fürth kritisierte Jung, dass die Sanktionen des deutschen Staates für straffällige Ausländer zu schwach seien. Die Sanktionen würden sich auf die Verweigerung einer Arbeitserlaubnis oder die Kürzung von Sozialleistungen beschränken. "Das sind sehr schwache Sanktionen und sie sind meist wirkungslos", kritisierte Jung in dem Brief an die SPD-Chefin und forderte, dass eine Abschiebehaft bei fehlender Mitwirkung der Ausreisepflichtigen trotzdem möglich seien sollte. Sogar für die Schaffung von Ausreisezentren für ausländische Straftäter setzte sich Jung ein. Dort sollten ausreisepflichtige Straftäter so lange inhaftiert bleiben, bis sie doch noch bereit sind, bei einer Abschiebung mitzuwirken.

Daraufhin ist Jung selber zur Zielscheibe von Kritik geworden. In einem offenen Brief an den Oberbürgermeister hatten sich Niklas Haupt und Anja Schmailzl im Auftrag des besagten Fürther Bündnisses gegen Rechtsextremismus und Rassismus "entschieden" gegen die vermeintliche "Instrumentalisierung der abscheulichen Vergewaltigung" gewehrt. Richtig ernst nimmt Jung diese Kritik bis heute offensichtlich nicht. "Die Kritik an meiner Forderung kam ausschließlich von Funktionären verschiedenster Einrichtungen, die einfach reflexartig reagiert haben", sagt Thomas Jung. Keiner der Kritiker habe sich mit seiner Forderung "ernsthaft inhaltlich" auseinandergesetzt. "Wer das tut und es gut meint mit unserem Rechtsstaat und ihn wirklich verteidigen will, wird mir zustimmen", ist sich Jung sicher.

Mittlerweile habe er auch Antwort aus dem Büro von Andrea Nahles erhalten, sagt der Fürther OB. In den ersten Wochen des neuen Jahres wolle sie demnach über eine Verschärfung des Rechtslage beraten. "Zudem treffe ich Andrea Nahles noch im Februar persönlich", betont Thomas Jung und teilt damit gleichzeitig mit, wie wichtig dem Oberbürgermeister die Angelegenheit ist.

Laut Jung gibt es in Fürth aktuell 86 Personen, die ausreisepflichtig sind. Von diesen 86 Personen seien sechs Personen strafrechtlich auffällig. Davon würden zwei Personen in Haft sitzen. Trotz einer bestehenden Ausreisepflicht könnten die Fürther Behörden diese beiden Personen nach Haftzeitende bei der aktuellen Rechtslage nicht abschieben. Das will Jung ändern. "Ich wünsche mir einen handlungsfähigen Staat, der die Entscheidungen seiner obersten Gerichte auch gegenüber ausreisepflichtigen Ausländern durchsetzt. "
 

Nikolas Pelke