Hilpoltstein
Auf zu neuen Ufern

Christoph Raithel verlässt die Hilpoltsteiner Stadtverwaltung und zieht Bilanz nach fünf Jahren ResidenzKultur

26.04.2016 | Stand 02.12.2020, 19:54 Uhr

Abschied aus der Residenz: Nach knapp sieben Jahren im Dienst der Stadt Hilpoltstein wechselt Christoph Raithel als Kultur- und Touristikchef nach Beilngries. In der Sitzung des Hilpoltsteiner Ausschusses für Jugend, Kultur, Sport und Tourismus gibt er heute Abend im Rathaus seinen letzten Jahresbericht zur Residenz. - Foto: Messingschlager

Hilpoltstein (HK) Aus der siechenden KultTour hat er die stattliche ResidenzKultur gemacht und ist irgendwie zum Gesicht des Hilpoltsteiner Renommiergebäudes geworden: Christoph Raithel. Im Mai verlässt er nun die Stadtverwaltung, um Kultur- und Touristikchef in Beilngries zu werden.

Regelrecht ins kalte Wasser, respektive ins kühle Bier ist Christoph Raithel bei seinem Dienstantritt in Hilpoltstein geschmissen worden. Es war nämlich der Burgfestmontag 2009. Kein Schaden, wie sich zeigte. "Da ist alles in Hilpoltstein auf den Beinen und ich habe sehr schnell sehr viele Leute getroffen", sagt Raithel.

Eingestellt wurde der damals frischgebackene Veranstaltungskaufmann - im Juli hatte er seine Ausbildung bei der Arena Nürnberg beendet - für die KultTour. "Man wollte sie wieder in Eigenregie führen." Die Gruppen waren bereits engagiert und Raithel, der anfangs nur halbtags arbeitete, hatte einen Monat Zeit, das Spektakel auf die Bühne zu bringen.

Es wurde eine eher halbgare Geschichte, wie auch die nächsten beiden - und zugleich letzten - KultTouren. Diese organisierte Raithel dann schon - als Vollzeitkraft - in Eigenregie zusammen mit dem Arbeitskreis KultTour und dem Arbeitskreis Kultur und Tourismus. "Diese Hilfe war mir unheimlich wichtig", sagt Raithel. Allerdings waren die Verschleißerscheinungen des 20 Jahre alten Formats bereits überdeutlich. "Das war damals ein revolutionäres Konzept: Eine Gemeinde macht ihr eigenes Kulturprogramm." Doch mit der Zeit holten die anderen auf, das Alleinstellungsmerkmal sei weg gewesen. Und es erwies sich als Nachteil, dass die KultTour kein Genreprofil wie beispielsweise die Bluestage hatte. "Es war immer schwieriger, in diesem engen zeitlichen Konzept etwas auf die Beine zu stellen."

Der letzte Versuch fiel mit dem Umzug in die Residenz zusammen, der neuen Heimat des Hilpoltsteiner Kultur- und Tourismusamtes. Ein günstige Gelegenheit, den alten Zopf ganz abzuschneiden. Vom engen Zeitrahmen hatte man sich laut Raithel schon verabschiedet. Nun hätte man die - rufgeschädigte - KultTour auf das ganze Jahr ausdehnen könne, oder: "Es brauchte etwas Neues."

Mit den Arbeitskreisen machte er sich nun an ein Konzept. "Ich habe das mit zahllosen Kärtchen visualisiert. Wo wollen wir hin? Was passt? Kulturhaus? Bürgerhaus" Herausgekommen sei ein Dreiklang: Kultur, Bildung, Begegnung. Die Residenz selbst habe sich dabei als Glücksfall erwiesen, "weil sie mitten in der Stadt ist, weil sie selbst ein Leben hat und weil sie die Menschen anzieht". Symptomatisch sei eine Geschichte, die kurz nach dem Umzug passierte, als von außen noch nichts auf das Innere hinwies. "Da kam eine Frau und sagte: 'Hier muss doch die Touristinformation sein'." Das Gebäude könnte also idealer nicht sein - auch als Namensgeber: ResidenzKultur.

Fast fünf Jahre sind mittlerweile vergangen, von den 150 Veranstaltungen, die Christoph Raithel organisiert hat, liefen rund 120 unter dem Label ResidenzKultur. "Von 10 bis 1200 Besucher", sagt er. Die großen Veranstaltungen natürlich in der Stadthalle, doch die vielen kleineren in der Residenz selbst. "Wir sind auch angetreten, um Nischen zu füllen." Unter Umständen sehr kleine - zwischen der Kulturfabrik Roth und der Großstadt Nürnberg, die der Hilpoltsteiner in 25 Minuten erreicht.

Nicht jede Nische passte für Hilpoltstein, nicht jeder Testballon kam auf die gewünschte Höhe. "Wir hatten auch Theater am Anfang, sogar recht hochkarätig", erinnert sich Raithel. Es sei ohne Resonanz geblieben. Nach zwei Versuchen sei Schluss gewesen. Wobei für ihn die nackten Besucherzahlen nicht ausschlaggebend für den Erfolg sind. "Wenn die Halle voll ist, ist es immer toll für den Veranstalter." Aber es sei genauso schön, wenn man mit einem schwierigen Thema begeistern kann. Beispielhaft sei hier der Vortrag des Wachstumskritikers Niko Paech genannt. "Da hatten einige nur noch Stehplätze."

Für Raithel selbst waren aber oft die Künstler die Höhepunkte, nicht die Show, sondern die Begegnungen am Rande. Wenn man hinterher noch etwas essen oder trinken gegangen sei. Da habe sich gezeigt, dass das auch ganz normale Menschen seien, mit denen man normal reden könne und: nette Menschen. "Da haben wir eigentlich immer Glück gehabt." Ein persönlicher Favorit ist Urban Priol. "Sehr geistreich, sehr humorig, auch hinter der Bühne." Viel Spaß hätten die Ausstellungen gemacht. "Da haben wir viele mit Kunst konfrontiert." Die hätten nur in die Bücherei oder in die Tourismusinformation gewollt: "Und plötzlich Kunst." Ganz im Sinne des Dreiklangs. Raithel betont zudem, dass er bei allen Ausstellungen darauf geachtet habe, dass es einen Bezug zur Stadt, zur Geschichte oder zum Gebäude gegeben habe.

Was ihn an Hilpoltstein immer begeistert habe, seien die "wahnsinnig vielen Ehrenamtlichen", sagt Raithel. Diese würden mit anpacken und ihre Ideen einbringen. Das sei auch ganz wichtig für die Stadt, denn ohne Ehrenamtliche könne man die Aufgaben nicht stemmen. "Man ist immer darauf angewiesen, dass das Umfeld mitmacht. Das geht gar nicht anders."

Es hatte sich im Übrigen schon in frühen Jahren abgezeichnet, dass der gebürtige Rother einmal im Kulturbetrieb landen würde: "Wir hatten in der Schule drei Theatergruppen, Chor und Orchester, ab der achten Klasse habe ich die Technik mitgemacht." Da habe er sich schon viel Wissen angeeignet, später sei ein Praktikum bei den städtischen Bühnen in Nürnberg dazugekommen. Dass in seinem neuen Job der Schwerpunkt auf dem Tourismus liegt, ist für ihn auch kein Problem. "In der Übergangszeit habe ich das auch in Hilpoltstein gemacht." Zudem sehe er die Aufgabengebiete sehr artverwandt. "Es geht um Freizeit, Emotionen und Abschalten vom Alltag, den richtigen Ort finden, wo etwas passt." Es gehe auch immer um den Menschen. Hier der Künstler, dort der Gastgeber, beide wollen das Optimale für ihren Kunden. "Wir sind der kommunale Vermittler."