Hilpoltstein
Eine bunte Mischung

Seit über 30 Jahren gibt es eine Lebenshilfe-Wohngruppe in Hilpoltstein Wohnlandschaft auf der Wunschliste

22.12.2017 | Stand 02.12.2020, 17:02 Uhr

Noch etwas karg ist der künftige Aufenthaltsraum, in dem die "bunte Mischung" steht. Sitzend von links: Walter Czerkus, Helga Rupp und Marlies Falge, stehend von links: Gabi Merklein, Lebenshilfe-Vorsitzende Andrea Hofbeck, Renate Werner, Harald Gebhard, Frank Schweika, Alexandra Meyer und Martin Pommer. - Foto: Messingschlager

Hilpoltstein (HK) Ohne Ehrenamt und Spenden wäre vieles in der Arbeit mit Menschen mit Behinderung nicht möglich. Im Prinzip ist für alles, was über das Notwendigste hinausgeht, besonderer Einsatz gefragt. Da macht die Hilpoltsteiner Lebenshilfe keine Ausnahme.

Um kurz nach Fünf ist im großen Aufenthaltsraum in der Holzgartenstraße an Hilpoltstein noch wenig los. Mit Gabi Merklein ist lediglich einer der Hausbewohner da. In den folgenden 30 Minuten wird sich das allerdings ändern, denn einer nach dem anderen kommt von der Arbeit in den Werkstätten des Auhofs zurück. Ein großes Hallo, bevor man sich nicht etwa auf sein Zimmer zurückzieht, sondern am Tisch Platz nimmt und sich mit den anderen unterhält. Direkt an den Aufenthaltsraum schließt sich die Küche an, wo langsam geschäftiges Treiben beginnt. Denn gegessen wird gemeinsam, gekocht von denen, die Küchendienst haben - wie in jeder Wohngemeinschaft, nur dass hier die Bewohner Menschen mit Behinderung sind.

Ein Unterschied ist vielleicht noch, dass die Altersspanne etwas größer ist als beispielsweise bei einer Studenten-WG. Elf Bewohner leben in der Holzgartenstraße, die Jüngste ist die 29-jährige Marlies Falge, der Älteste ist Walter Czerkus mit 62. "Eine bunte Mischung", findet Andrea Hofbeck, die Vorsitzende der Lebenshilfe Hilpoltstein. Eine Mischung, die sich auch wohlfühlt. "Ich möchte hier nicht mehr weg", sagt Walter Czerkus.

Ein Wunsch, dem im Prinzip nichts im Weg steht, außer er würde pflegebedürftig. Denn ausgerichtet ist die Außenwohngruppe darauf, dass die Bewohner selbstständig ihr Leben führen. Sie arbeiten, machen ihre Wäsche, kochen. Jeder hat natürlich sein eigenes Zimmer, das er selbst gestaltet. "Vor zwei Jahren wurden alle Zimmer individuell gestrichen", sagt Andrea Hofbeck. Mit Geld, das von den Angehörigen und durch Zuwendungen hereinkam. Rund 5000 Euro habe das Streichen des Hauses gekostet. Der gleiche Betrag wurde auch aufgewendet, um neue Möbel für den Aufenthaltsraum zu kaufen. Noch tiefer musste für die neue Küche in die Tasche gegriffen werden, 15 000 Euro hat die laut Andrea Hofbeck gekostet. Alles Anschaffungen, die von den Zuwendungen des Bezirks nicht gedeckt werden. Der bezahlt den Platz, gibt das Kleidergeld, auch bekommen die Bewohner eine Erstausstattung.

Seit 1968 gibt es die Lebenshilfe im Altlandkreis Hilpoltstein. Gründerväter waren der damalige Landrat Ignaz Greiner und der Alfershausener Gastronom Ernst Winkler. Die erste Einrichtung war eine Schule in Ruppmannsburg mit zwei Klassen, die Elisabeth Weigel leitete. 1980 erfolgte der Umzug in den Auhof, wo es die Schule heute noch gibt, war sie doch letztlich der Ursprung der Comeniusschule. Das erste Wohnheim wurde 1988 in Hilpoltstein gebaut, Erstbezug war dann 1991. Es folgte das Heidecker Wohnheim 1995 und seit 1998 bietet die Lebenshilfe auf der Rother Höhe auch betreutes Wohnen an. Zurzeit gibt es auch ein neues Projekt, das Menschen mit Behinderung darauf vorbereitet, ganz alleine zu wohnen. Dazu wurde in der Holzgartenstraße eine Trainingswohnung eingerichtet.

Betreut wird das Wohnheim an der Holzgartenstraße von insgesamt fünf Mitarbeitern, inklusive einer Reinigungskraft, dazu kommen fünf Mitarbeiter in Heideck sowie zwei Bürokräfte, die sich eine Stelle teilen. Bezahlt werden die Angestellten vom Bezirk. Weitere Betreuung, Hilfe und Unterstützung kommen natürlich von den Ehrenamtlichen, sprich: von der Lebenshilfe. Die sorgt zum Beispiel auch dafür, dass das Haus mobil ist. So konnte erst kürzlich ein neues Auto dank Spenden angeschafft werden. "Das ist oft im Einsatz: Einkauf, Arzt, Krankengymnastik, Sport oder bei Ausflügen", sagt Andrea Hofbeck. Die Ausflüge selbst oder auch Urlaubsreisen müssten die Bewohner allerdings von ihrem Geld bezahlen. "Freizeit geht generell aus der eigenen Kasse."

Aus der Lebenshilfekasse soll dagegen ein neues Projekt finanziert werden. Dabei geht es um einen weiteren Aufenthaltsraum. Der Raum selbst ist im ersten Stock bereits vorhanden, dort steht auch der Computer der Bewohner. Allerdings ist das Drumherum ansonsten noch karg und unwohnlich, was sich nun ändern soll. Es gibt auch schon klare Vorstellungen. "Da soll da eine Wohnlandschaft hin", sagt Alexandra Meyer, die im ersten Stock wohnt. Auch wäre ein zweiter Computer wünschenswert. Aber dafür braucht es eben Geld. Dabei helfen kann die Spendenaktion des DONAUKURIER.