Hilpoltstein
Lebensräume sind sein Lebensthema

Ralf Hotzys Wirkungskreis beim LBV reicht vom Schutz heimischer Quellen bis zum Gobibär in der Mongolei

25.08.2014 | Stand 02.12.2020, 22:19 Uhr

Experte für den Schutz von Lebensräumen: Ralf Hotzy vom Landesbund für Vogelschutz, hier bei einem Besuch in der Wüste Gobi - Foto: privat

Hilpoltstein (HK) Die Quellen im Freistaat Bayern, das rote Höhenvieh im oberpfälzischen Tännesberg und eine seltene Braunbärenart in der asiatischen Wüste Gobi haben eines gemeinsam: Das Augenmerk des Diplombiologen Ralf Hotzy. Beim LBV in Hilpoltstein engagiert sich Hotzy seit über 20 Jahren für den Schutz der Lebensräume.

Alle drei Beispiele zeigen, wie wichtig die Aufgabe ist, der sich Ralf Hotzy angenommen hat. Denn die Zahl der zerstörten Quellen im Freistaat hat bedrohliche Ausmaße angenommen, die besagte Rinderart wäre ohne den Einsatz von Hotzy und Co. schon ausgestorben, und der ebenfalls bedrohte Gobibär – ein Zeuge der letzten Eiszeit – hat sich in die letzte ökologische Nische zurückgezogen, die ihm verblieben ist.

Die Nische seines eigenen Wirkens hat Ralf Hotzy indes schnell verlassen und seinen Aktionsradius zu Beginn der 1990er Jahre erheblich vergrößert. Nachdem er seinen Zivildienst bereits beim LBV absolviert und ein Jahr dort seine hauptamtliche Tätigkeit aufgenommen hatte, zog es den gebürtigen Marburger schon 1993 zum erste Mal in die Mongolei. Seither hat den 49 Jahre alten Naturschützer die Faszination der dortigen Weite der Landschaft nicht mehr losgelassen. Alle zwei Jahre reist er seitdem in die Mongolei, wo er 1997 eine Ärztin kennen lernte – seine heutige Ehefrau.

Aber auch noch ein anderes Lebewesen hat es Ralf Hotzy sehr angetan: Der vom Aussterben bedrohte Gobibär gehört nicht nur zu den seltensten Tierarten unserer Erde, sondern er lebt als einzige Braunbärenart in einer Wüste, nämlich im Südwesten der Mongolei. Als Schützer von Lebensräumen fühlte sich Hotzy hier natürlich auf den Plan gerufen, und so unterstützt der LBV auch ein Projekt der Nationalen Universität der mongolischen Hauptstadt Ulaanbaatar, das nach Möglichkeiten zum Schutz des Tieres sucht.

2012 wurde in einer Oase namens Echin Gol ein Forschungs- und Informationszentrum eingeweiht. Unter anderem sollen hier automatische Kameras Rückschlüsse auf die Populationsdichte des Gobibären liefern, die sich schätzungsweise gerade einmal auf ein paar Dutzend Exemplare beläuft. Die Kameras lieferten zur Freude der Biologen nicht nur Bilder des Bären, sondern auch Aufnahmen von Schneeleoparden, Wildeseln und Wildkamelen. „Alles extrem seltene Arten“, sagt Hotzy.

Aber nicht nur in der Mongolei, sondern auch in Bayern nimmt sich der LBV-Experte den seltenen Arten mit Hingabe an. In den Quellen im Freistaat finden sich etwa Tierarten wieder, deren Lebensräume sich früher auch in die Flüsse ausgedehnt hatten. Die Erwärmung seit der letzten Eiszeit hat aber dazu geführt, dass sich ihr Habitat nunmehr auf die Ursprünge der Gewässer beschränkt. Wie der Gobibär in der Mongolei hat sich auch der Flohkrebs in Bayern sein Refugium gesucht. Genau dieses Tierchen ist übrigens auch in den Quellen des fernen asiatischen Landes zu finden – aus den gleichen Gründe wie hierzulande. „Naturschutz ist eben einfach eine globale Angelegenheit“, sagt Hotzy.

Was die Quellen an sich anbelangt, gibt es allerdings Beängstigendes zu verzeichnen. Denn bis zu 70 Prozent von ihnen sind mittlerweile zerstört. Der LBV will hier gegensteuern. „Mitte der 90er Jahre haben wir im Einzugsgebiet der Kleinen Roth ein erstes vom Umweltministerium finanziertes Quellenprojekt durchgeführt“, berichtet Hotzy. Das Untersuchungsgebiet erstreckte sich damals auf den Raum zwischen Allersberg über Hilpoltstein bis Heideck. Damals wurden alle dort vorkommenden Quellen kartiert und Optimierungsvorschläge den einzelnen Kommunen vorgelegt.“

Seit über 20 Jahren engagiert sich der LBV nun schon für den Quellschutz. Zur Jahrtausendwende zog dann auch der Freistaat nach: Das Aktionsprogramm „Quellen in Bayern“ wurde 2001 vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit auf Anregung des LBV ins Leben gerufen. Als großer Erfolg kann etwa die Renaturierung einer Quelle in der Gemeinde Aßling (Landkreis Ebersberg) verbucht werden. Ebenso wie die Kooperation mit den Bayerischen Staatsforsten, in dessen Konzepte nun der Quellschutz einzieht.

Für diese Kooperation wie auch die anderen Projekte des LBV gilt: „Wir wollen den Naturschutz aus der Ecke der Gesellschaft holen und mitten in die Gesellschaft bringen“, sagt Hotzy. Folgerichtig sollen sich die Bemühungen in den kommenden Jahren von den Quellen ausgehend auf die Bäche konzentrieren. „Da liegt Vieles im Argen“, so der Fachmann, viele der Gewässer seien „verrohrt und verbaut“. Denn die Wasserwirtschaftsämter hätten vor allem die Flüsse im Blick. Mit Maßnahmen an den Bächen sollen mindestens zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden: Es gilt die Artenvielfalt im Freistaat erhalten und zugleich für verbesserten Hochwasserrückhalt zu sorgen.

Neben solchen weitflächigen Projekten betreut Hotzy auch punktuelle Aktivitäten. Ein bayernweit einmaliges Naturschutzprojekt wurde beispielsweise im Oberpfälzer Wald gestartet. Das vom Aussterben bedrohte rote Höhenvieh hilft dort nun, ökologisch wertvolle Wiesenflächen zu erhalten. Naturschutz und Landwirtschaft versuchen hier gemeinsam neue Wege zu gehen. Denn die Wiederaufnahme der Pflege der Feuchtflächen bietet etwa auch neue Chancen für den stark gefährdeten Schwarzstorch, dem sich so neue Nahrungsquellen erschließen. Auch weitere Vogelarten der Roten Liste wie Eisvogel, Neuntöter, Graureiher, Wasseramsel, Braunkehlchen und Wachtel fühlen sich hier wieder heimisch.

Um im Namen des LBV für gute Lebensräume sorgen zu können, braucht es natürlich Flächen. Diese zu managen, ist aber kein leichtes Unterfangen. So hält Hotzy nicht nur Ausschau nach geeigneten Arealen, sondern sorgt sich auch um die entsprechenden Ankäufe und klingelt bei den potenziellen Zuschussgebern an. Derzeit befinden sich 2500 Hektar im Eigentum des LBV, weitere 700 Hektar sind gepachtet. Neben dem Management der Flächen gilt es für Hotzy auch die Aktivitäten der verschiedenen LBV-Kreisgruppen auf diesen Lebensräumen im Blick zu haben. Gemeinsam werden Aktionen besprochen und Ziele festgelegt. Bevor sich Hotzy dann wieder in den Osten aufmacht – dem Gobibären auf der Spur.