Hilpoltstein
Kreis-SPD auf NoGroKo-Kurs

Beide Delegierten stimmten in Bonn gegen Koalitionsverhandlungen mit CDU/CSU

22.01.2018 | Stand 02.12.2020, 16:55 Uhr

Hilpoltstein (HK) Mit knapper Mehrheit hat sich der SPD-Sonderparteitag am Sonntag für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen ausgesprochen - durch ist das Thema damit aber noch lange nicht. Sollte im Koalitionsvertrag nicht nachgebessert werden, droht beim SPD-Mitgliederentscheid das Aus.

"Ich kann mir nicht vorstellen, dass es eine Mehrheit in der SPD findet, wenn das Sondierungspapier eins zu eins in den Koalitionsvertrag übernommen wird", sagt SPD-Kreisvorsitzender Sven Ehrhardt (Foto links). "Wenn es so bleibt, werde ich dagegen stimmen", sagt der ausgewiesene GroKo-Gegner, der eine Minderheitsregierung spannender und demokratischer fände. Jetzt erwartet Ehrhardt schnelle Verhandlungen mit CDU und CSU. Die anschließende Befragung der 440 000 SPD-Mitglieder per Brief müsste Ende Februar, Anfang März erfolgen.

Wie die Entscheidung der Genossinnen und Genossen ausfällt, ist schwer vorherzusagen. Bei einem Treffen der Ortsvorsitzenden im Kreisverband Roth ging es am Donnerstag laut Ehrhardt ähnlich kontrovers zu wie später beim Sonderparteitag in Bonn: "Wir haben leidenschaftlich diskutiert." Eine klare Mehrheit habe es nicht gegeben.

Die beiden Delegierten des Kreisverbandes stimmten am Sonntag jedenfalls gegen erneute Koalitionsverhandlungen, von 13 mittelfränkischen Delegierten stimmten 7 mit Nein. Eine davon ist Petra Metzger, SPD-Ortvereinsvorsitzende aus Wendelstein (Foto Mitte). "Es war kein überwältigender Sieg für Herrn Schulz und die GroKo-Befürworter", sagt sie und ärgert sich über die Zusammensetzung des Parteitags. "Da gibt es viele Bundestags- und Landtagsabgeordnete als Delegierte. Die haben ganz andere Interessen als die Basis", kritisiert Petra Metzger. "Die haben Angst um ihren Arbeitsplatz." Für Metzger - "Ich bin die Basis" - geht es im vorliegenden Sondierungspapier vor allem "um die Frage der Gerechtigkeit." Sie selbst würde als Rentnerin mit drei vor 1992 geborenen Kindern von der Mütterrente, dem Lieblingskinder der CSU, persönlich zwar profitieren, lehnt sie aber dennoch ab. "Mir würde das 75 Euro im Monat bringen, aber ich frage mich: Was ist mit den Müttern, die ihre Kinder nach 1992 geboren haben? Das finde ich nicht gerecht." Auch wenn die SPD-Verhandler es jetzt als Erfolg herausstreichen, dass die Krankenkassenbeiträge künftig wieder zu gleichen Teilen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern bezahlt werden soll, kann Petra Metzger nur den Kopf schütteln: "Entschuldigung, wir haben das doch damals abgeschafft." Zum Teil stünden in dem Sondierungspapier noch Vorhaben aus dem letzten Koalitionsvertrag. Das wecke nicht gerade Hoffnungen auf eine gute Zukunft. Ohne Nachbesserungen werde sie also einem Koalitionsvertrag garantiert nicht zustimmen.

Dass die SPD gespalten sei, kann Petra Metzger nicht bestätigen. "Die Stimmung in Bonn war nicht schlecht. Wir alle wollen das Beste für die Menschen."

Einer der GroKo-Befürworter im Landkreis ist der Hilpoltsteiner SPD-Stadtrat Josef Lerzer (Foto rechts). "Ich hätte mir mehr Zustimmung gewünscht", sagt Lerzer. Auch er sei kurz nach der Wahl ein absoluter GroKo-Gegner gewesen, aber nach dem Aus der Jamaika-Verhandlungen seien die Karten neu gemischt. "Neues Spiel, neues Glück", sagt Lerzer. Er sei zwar auch nicht überwältigt von dem bisherigen Verhandlungsergebnis, vor allem was den Einstieg in eine Bürgerversicherung für alle und ein vernünftiges Einwanderungsgesetz angehe. "Trotzdem ist eine sozialpolitische Handschrift zu erkennen." Außerdem können man jetzt sicher noch den einen oder anderen Punkt in Koalitionsgesprächen nachverhandeln, glaubt Lerzer. "Da kann man Druck aufbauen." Schließlich wolle die CDU/CSU ja keine Minderheitsregierung. Da bleibe nur die SPD als Koalitionspartner. "Und wir sind immer noch die zweitstärkste Partei in Deutschland. Wenn wir jetzt keine Verantwortung übernehmen, bekommen wir die Quittung vom Wähler." Da ist sich Josef Lerzer sicher. Ebenso, wie in einem anderen Punkt: "Wenn es jetzt zu einer GroKo kommen sollte, glaube ich nicht, dass die Regierung vier Jahre lang hält", prognostiziert er.