Hilpoltstein
In Qualifizierung investieren

Arbeitsagentur sieht bei der Ausbildung von Flüchtlingen Unternehmen in der Pflicht

20.03.2017 | Stand 02.12.2020, 18:28 Uhr

Um Flüchtlingen eine Perspektive zu geben, ist eine Ausbildung wie hier bei der AWO in Roth unerlässlich. ‹ŒArch - foto: Tschapka

Hilpoltstein (rsc) "Qualifizierung bringt Chancen." Auf diese nur scheinbar einfache Formel hat der Leiter des Rother Jobcenters die Kernfragen bei der Integration von Flüchtlingen gebracht. Denn laut seines Berichts vor dem Kreistagsausschuss für Soziales konnten von im März im Landkreis Roth anerkannten 455 Asylbewerbern 44 in Arbeitsplätze vermittelt werden.

90 Prozent davon sind bei kleinen und mittelständischen Betrieben als Helfer beschäftigt. Stefan Lohmüller sprach sich deshalb für eine Stabilisierung und Ausweitung dieser Arbeitsverhältnisse aus. Dafür sah er auch die Unternehmen in der Pflicht. "Sie sollten in die Flüchtlinge investieren, dann werden sie den Betrieben auch dauerhaft helfen."

Lohmüller beließ es allerdings nicht beim Blick auf Asylberechtigte. Auch unter deutschen Arbeitslosen sei der Anteil derjenigen mit Qualifizierungsdefiziten außerordentlich hoch. Im Landkreis liege er bei 81,9 Prozent und damit etwas unter dem Schnitt. Deutschlandweit betrage dieser Wert 85,3 Prozent, in Bayern seien es 84,3 Prozent. Absolut sei diese Zahl im Landkreis allerdings eher als gering einzustufen. "Seit 2012 liegen wir regelmäßig bei einer Arbeitslosenquote von 1 bis 1,8 Prozent."

55,5 Prozent der Arbeitslosen mit geringer Qualifikation hätten eine Helferausbildung. 13,5 Prozent verfügten über keinen Berufsabschluss. 12,8 Prozent gelten als langzeitarbeitslos. Lohmüller konnte anhand der Zahlen aus verschiedenen Berufssparten belegen, dass freie Stellen in Helferberufen in der Regel Mangelware sind. "Gesucht werden Fachkräfte", sagte Lohmüller, der bei den Flüchtlingen allerdings keine Risikofaktoren erkannte, die bei Deutschen am häufigsten zu Arbeitslosigkeit führten. "Es sind keine Alleinerziehenden dabei und kaum Menschen über 50."

Das Sozialamt des Landkreises steuerte einen Bericht über Integrationsangebote für Menschen mit geringer Bleibeperspektive bei. Er veranlasste Landrat Herbert Eckstein, ein Einwanderungsgesetz zu fordern. "Mich erreichen sehr viele Briefe zu Schicksalen, die uns alle bewegen", sagte Eckstein und meinte damit Abschiebungen gut integrierter Menschen nach langer Zeit. "Für sie muss es eine Chance auf Zuwanderung außerhalb des Asylverfahrens geben", sagte der SPD-Politiker. Ferner forderte Eckstein eine Beschleunigung der Asylverfahren.

Das Landratsamt sorgt bei Menschen im Asylverfahren ohne gute Bleibeperspektive für Beratung ebenso wie für eine von der Bundesagentur geförderte Einstiegsqualifikation. Es vermittelt Praktika und bietet einen Orientierungskurs an, der drei Monate dauert und inhaltlich unterhalb der Integrationskurse angesiedelt ist. "Viele dieser Flüchtlinge punkten ungemein mit ihrer Motivation", erklärte das Sozialamt. Ferner verringere soziale Integration das Konfliktpotenzial.

Laut Sozialamt lebten zum 13. März 1585 Flüchtlinge im Landkreis. Sie sind ganz überwiegende dezentral in den Gemeinden untergebracht. 45 davon sind unbegleitete Minderjährige. Dafür hat der Landkreis 109 Wohnungen und Gebäude angemietet. Die Regierung betreibt im Landkreis drei Gemeinschaftsunterkünfte. 640 der Migranten sind als Asylbewerber oder Bürgerkriegsflüchtlinge anerkannt. Sie müssten aus den Unterkünften ausziehen. Die angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt mache es aber sehr schwer, hieß es.