Hilpoltstein
Die letzte Reise der "Black Pearl"

Nach dem Trubel kommt der Häcksler: Die Jugend Rohr zerlegt am Aschermittwoch ihr Piratenschiff

14.02.2018 | Stand 02.12.2020, 16:49 Uhr
Nach vielen großen Auftritten bei den Faschingszügen in Schwand, Thalmässing, Allersberg und Schwabach wird die "Black Pearl" zertrümmert. Auch der Galionsfigur geht es dabei an den Kragen. −Foto: Münch, Jochen, Postbauer-Heng

Rohr/Mörlach (HK) Am Aschermittwoch ist alles vorbei - auch die Reise der "Black Pearl". Das beeindruckende Piratenschiff, mit dem die Jugend Rohr zum Star der diesjährigen Faschingszüge wurde, ist seit gestern Geschichte. Der vielleicht außergewöhnlichste Faschingswagen, den es bisher in unserer Gegend gab, ist jetzt wieder ein ganz gewöhnlicher Stroh- und Heuballenwagen

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"Nach dem Faschingszug in Allersberg waren wir alle wirklich völlig geflashed."

Markus Koller

 

In einer Scheune zwischen Mörlach und Minettenheim nimmt die strahlende Piratengeschichte ihr tristes Ende. Schon am Aschermittwoch zur Mittagszeit ist der spektakuläre Faschingswagen nur noch ein Gerippe. Mit ihren Akkuschraubern zerlegen die jungen Männer ihr Kunstwerk für den diesjährigen Fasching in die Einzelteile. Auf einem Kipper stapeln sich die schwarzen Bretter, aus denen vor ein paar Wochen das riesige Piratenschiff entstand. Alles, was nicht mehr gebraucht wird, kommt jetzt in den Holzhäcksler und landet schließlich in einer Hackschnitzelheizung. Was in den nächsten Jahren vielleicht noch einmal für einen anderen Faschingswagen gebraucht werden kann, liegt weit verstreut in einer Halle herum.

Hunderte Arbeitsstunden und einige Tausend Euro hat die Jugend Rohr in ihr diesjähriges Faschingsprojekt gesteckt. "Heuer haben wir schon einen besonderen Schlag gehabt", sagt Markus Koller. Der zehnte Faschingswagen der Gruppe aus dem Freystädter Ortsteil sollte unbedingt etwas Besonderes werden. "Aber dass es so großartig wird, hätte ich nie gedacht." Gerade nach dem Allersberger Faschingszug, dem Höhepunkt der Umzüge in unserer Region, sei die Stimmung an Bord so euphorisch wie nie zuvor gewesen.

"Da waren wir alle wirklich völlig geflashed", sagt Koller, der an bislang allen Wagen der Gruppe mitgebaut hat. Als Teenager besuchte er 2008 zum ersten Mal den Allersberger Faschingszug. "Da sind wir nächstes Jahr selbst dabei", sagte er damals beim Anblick der vielen Faschingswagen im Scherz zu seinem Bruder. "Die blöde Idee ist dann aber Wirklichkeit geworden", sagt Koller. Die Jugendlichen aus Rohr, die zu dieser Zeit ihren Jugendraum im Ort bekamen und daher den Namen ihrer Gruppe haben, holten sich noch ein paar Freunde aus Mörsdorf als Verstärkung dazu - und dann konnte die Arbeit beginnen.

Das Motiv des ersten Faschingswagens weiß Koller noch genau. "Das war die Baustelle, mit einem unfertigen Haus auf dem Wagen." Nach der Premiere beim Allersberger Faschingszug 2009 wurde das Motiv jedes Jahr aufwendiger und die Faschingsgruppe der Jugend Rohr immer größer.

Die Idee vom Piratenschiff geisterte schon einige Jahre unter den jungen Männern herum. Jetzt, für den zehnten Faschingswagen, war die Zeit gekommen. Als Fahrgestell diente - wie schon in den vergangenen Jahren - der Plattformwagen eines befreundeten Landwirts aus Forchheim. "Darauf werden im Sommer nur Stroh- und Heuballen gefahren." Ab der Adventszeit verwandelte ein gutes Dutzend Wagenbauer, darunter Maurer, Schreiner und Zimmerer, den Plattformwagen in unzähligen Arbeitsstunden in das Piratenschiff.

Für den Grundaufbau diente "ein Haufen Kanthölzer", sagt Koller. Die Seitenplanken des Schiffes wurden aus einem ganz besonderen Stück Holz gefertigt. Denn dafür musste der alter Rohrer Maibaum herhalten. "Den haben wir einfach in dünne Bretter schneiden lassen. Ein befreundeter Metallbauer spendierte das Gestell für die bis zu zwölf Meter hohen Masten. Der Maibaum hat dafür nicht mehr gereicht. Aber der örtliche Förster spendierte drei Bäume." Schwarz angestrichen wurde das Schiff letztlich mit 75 Litern Farbe.

"Wir hatten eine geile Zeit auf dem Schiff, aber nächstes Jahr kommt wieder was Neues."

Markus Koller

 

Verschlungen hat das ganze Projekt letztlich "ungefähr 6000 oder 7000 Euro", sagt Koller. Neben dem reinen Baumaterial mussten auch noch der Traktordiesel für die Umzüge, Bier, Bonbons und die Miete von Soundanlage und Stromaggregat bezahlt werden. Damit die Kosten gerecht verteilt werden, gilt die einfache Regel: Für jede Teilnahme an einem Faschingszug zahlt jeder Mitfeiernde auf dem Wagen - beim Höhepunkt in Allersberg waren es fast 60 - einen vorher ausgemachten Betrag. Unterwegs gewesen ist das Piratenschiff heuer in Schwand, Thalmässing, Allersberg und zum Abschluss am Faschingsdienstag noch in Schwabach.

Keine 24 Stunden nach dem letzten Ausflug war die "Black Pearl" in ihre Einzelteile zerlegt. Erst einmal wurde gestern Vormittag in Rohr die Soundanlage abmontiert. Zur Mittagszeit ging das Piratenschiff dann auf seine letzte Reise. Und auch wenn jetzt nur noch Trümmer davon übrig sind - "die Erinnerung bleibt", sagt Koller.

Der Gedanke, im nächsten Jahr einfach noch einmal mit dem Piratenschiff durch den Fasching zu ziehen, ist der Jugend Rohr aber völlig fremd. "Wir hatten eine geile Zeit auf dem Schiff, aber nächstes Jahr kommt wieder was Neues", sagt Koller. "Auch wenn es verdammt schwierig wird, dass wir das noch toppen können."