Hilpoltstein
"Der heftigste Tag des Jahres"

Feuerwehren im Landkreis und Integrierte Leitstelle legen hohe Einsatzzahlen nach Sturmtief "Niklas" vor

01.04.2015 | Stand 02.12.2020, 21:28 Uhr
  −Foto: FFW Hilpoltstein

Hilpoltstein (HK) Fast 200 Einsätze für die Feuerwehren im Landkreis Roth und knapp 700 Notrufe bei der Integrierten Leitstelle Mittelfranken-Süd: Das Sturmtief „Niklas“ hat den Einsatzkräften in der Region am Dienstag den bislang heftigsten Tag des Jahres beschert.

Von einem „außergewöhnlichen Ereignis“ sprach Kreisbrandrat Werner Löchl am Tag danach. „Ich habe ja schon viele Unwetter erlebt, aber dieses Sturmtief kam mit einer Ausdauer und Vehemenz, die wir noch nie hatten.“ Verheerende Wetterereignisse wie etwa der Orkan Wiebke im Frühling 1990 seien immer kurz und heftig gewesen, so Löchl. „In einer Stunde war da meistens alles vorbei.“ Doch das Sturmtief „Niklas“ bescherte den Einsatzkräften am Dienstag über mehrere Stunden hinweg eine gleichbleibend hohe Frequenz von Einsätzen. Und angesichts des globalen Klimawandels werde man sich für die Zukunft an solche Unwetter wohl oder übel gewöhnen müssen, fürchtet der Kreisbrandrat.

Die Bilanz, die Löchl nach dem Sturm vorlegte, zeugt von einem heftigen Tag für die Einsatzkräfte. 41 Feuerwehren im Landkreis Roth rückten mit 75 Fahrzeugen und über 300 Helfern zu insgesamt 195 Einsätzen aus. Dabei wurden rund 300 Bäume beseitigt, zehn Dächer gesichert und auch ein Kindertrampolin, das der heftige Wind in eine Baumkrone geblasen hatte. Zur Freude des Kreisbrandrats wurden bei all den Einsätzen keine Feuerwehrleute verletzt. „Und das, obwohl unsere Leute da draußen tausende Stunden mit den Kettensägen gearbeitet haben“, so Löchl, der den Einsatzkräften ein großes Lob zollte. „Da ist routiniert und gut arbeitet worden.“

Von insgesamt 258 Einsätzen wegen des Sturmtiefs „Niklas“ berichtete gestern Michael Hay-ko, Leiter der Integrierten Leitstelle (ILS) Mittelfranken-Süd in Schwabach. 148 davon entfielen auf den Landkreis Roth, 86 auf den Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen und 24 auf die Stadt Schwabach. Hinzu kamen noch 120 Rettungseinsätze, so dass Hayko diesen Dienstag als den bislang heftigsten Tag des Jahres für die Integrierten Leitstelle bezeichnete.

Wie Markus Dengler vom Kreisverband Südfranken des Bayerischen Roten Kreuzes ergänzte, kam das Sturmtief „Niklas“ ausgerechnet am 1000. Tag, seit die ILS Mittelfranken-Süd an der Weißenburger Straße in Schwabach am 3. Juli 2012 ihren Betrieb aufgenommen hat. Wegen des Unwetters wurde das reguläre Personal der Leitstelle um vier Disponenten aufgestockt. Außerdem kamen vier Mitarbeiter der sogenannten Unterstützungsgruppe ILS zum Einsatz, um die annähernd 700 eingehenden Notrufe entgegenzunehmen und zügig abzuarbeiten. Vor allem am Nachmittag kamen die Mitarbeiter kaum nach mit der Arbeit. Erst zum Abend hin sei es etwas ruhiger geworden und die Einsätze seien nur noch vereinzelt hereingekommen, so Hayko, der die gute Zusammenarbeit mit den Einsatzkräften ausdrücklich lobte. Hier und da habe es nach Einbruch der Dunkelheit noch umgefallene Bäume gegeben. „Gegen 21 Uhr war der Spuk dann aber endlich zu Ende.“

Diese Eindrücke bestätigten gestern die Verantwortlichen in den Polizeidienststellen in Hilpoltstein und Roth. Siegfried Frauenschläger, stellvertretender Chef der Hilpoltsteiner Polizei hatte nach den vielen Meldungen am Dienstagnachmittag nur noch drei umgefallene Bäume in Marquardsholz, in Unterrödel und in der Adenauerstraße in Hilpoltstein auf seinem Zettel. Und Hans Gern-groß, stellvertretender Chef der Rother Polizeiinspektion, verzeichnete am Dienstag nach 16 Uhr überhaupt keinen Einsatz mehr. „Der letzte war kurz vor vier Uhr ein paar Dachziegel, die auf ein Auto gefallen sind. Danach ist es merklich ruhiger geworden.“

Oder auch wieder lebendiger. Denn wie die Main-Donau Netzgesellschaft gestern meldete, war in zwei Gegenden im Landkreis Roth wegen des Orkans „Niklas“ der Strom ausgefallen. Rund um die Umspannanlagen in Großhöbing und Petersgmünd hatten die Anwohner zwischen einer halben Stunde und knapp zwei Stunden keinen Strom.

In aller Ruhe nach dem Sturm zog dann auch das Forstamt Roth seine Orkanbilanz. Da traf es sich gut, dass gestern zufällig eine Besprechung mit mehreren Revierleitern angesetzt war. „Von großflächigen Verwüstungen ist uns nach diesem Orkansturm nichts bekannt“, teilte der stellvertretende Bereichsleiter Forsten, Christoph Kassian, mit. Wenn in den nächsten Tagen nichts mehr Gravierendes gemeldet werde, seien die Wälder im Landkreis gut davongekommen. Auch Kassian selbst machte sich gestern ein Bild von den Folgen von Sturmtief „Niklas“. Natürlich habe es viele umgefallene Bäume gegeben, aber viele davon seien an exponierten Stellen gestanden, so dass es ohnehin nur eine Frage der Zeit gewesen sei, bis diese Bäume umgeweht worden wären.

Kassian rechnet auch damit, dass die Orkanschäden von diesem Dienstag relativ schnell von den Waldbesitzern beseitigt werden. Selbst an den Stellen mit den meisten umgeknickten Bäumen kämen wohl nicht mehr als 50 bis 70 Festmeter Holz zusammen. „Die Welt ist also nicht untergegangen in den Wäldern des Landkreises“, sagte Kassian, der lediglich beklagte, dass viele Kulturzäune von umgestürzten Bäumen demoliert worden seien. Ganz nach Murphys Gesetz, wonach das Marmeladenbrot immer auf die Marmeladenseite fällt, hätten die umgestürzten Bäume zielsicher einen Zaun erwischt. Wer sich nun freut, das sind die Rehe, die sich munter an dem eigentlich geschützten Baumbestand bedienen und mit Vorliebe die Knospen verspeisen.