Hilpoltstein
Das "kleinere Übel" ruft Skepsis hervor

Die Begeisterung über den Koalitionsvertrag hält sich bei den Sozialdemokraten im Landkreis in Grenzen

27.11.2013 | Stand 02.12.2020, 23:22 Uhr

Hilpoltstein (cyb/mes/swe) Nicht gerade ein großes Hurra ertönt aus den Reihen der Rother Sozialdemokraten zum gestern geschlossenen Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD. Vom Ausdruck der „sozialdemokratischen Handschrift“ bis zu deutlicher Skepsis reicht die Palette der Einschätzungen. Dabei macht Landrat Herbert Eckstein keinen Hehl daraus, dass er eine Minderheitsregierung der knapp an der Mehrheit gescheiterten Union „spannend“ gefunden hätte – eine demokratische Spielart, die in Deutschland im Gegensatz zu nördlichen Nachbarn nicht konsensfähig scheint. Abstimmen wollen die befragten Sozialdemokraten im Übrigen alle, ob sie auch geschlossen zustimmen, ist allerdings unsicher.

„Ich sehe den vorliegenden Koalitionsvertrag skeptisch und ich weiß noch nicht, ob ich ihm zustimme“, sagt der SPD-Kreisvorsitzende Sven Ehrhardt. Für ihn bleiben zu viele Grund-sätze der SPD auf der Strecke: „Mit dem vorliegenden Vertrag wird die Energiewende ausgebremst“, sagt er. Zudem habe seine Partei erreichen wollen, dass die hohen Steuervergünstigungen für energieintensive Unternehmen zurückgefahren werden. „Wenn es bleibt wie jetzt, zahlen die Bürger allein für die Wende.“ Doch auch für die Pflege hätte die SPD bei den Verhandlungen mehr erreichen müssen. „Unsere Gesellschaft wird zunehmend älter, wir brauchen Pflegekräfte, wir müssen in diesen Bereich deutlich mehr Geld pumpen.“

Ehrhardt sieht sich mit seinem Zweifeln nicht allein: „Ich fasse die Stimmung unter den SPD-Mitgliedern derzeit so auf, dass sie nicht zustimmen“, sagt er und betont, „ich werde keine Empfehlung geben – weder in die eine, noch in die andere Richtung.“ Trotz seiner starken Zweifel ist Ehrhardt überzeugt, dass „die Koalition, so sie zustande kommt, auch hält“. Doch die SPD wird seiner Meinung nach nicht viel davon haben – „Ich glaube, dass die Koalition erfolgreich sein kann, aber man wird die Erfolge nicht uns zuschreiben.“

Eine große Koalition ist für den Rother Landrat Herbert Eckstein nicht zwingend. „Ich hätte eine Minderheits-regierung der CDU/CSU spannend gefunden“, sagt er. Mangelnde Stabi-lität befürchtet er dadurch nicht. „Die schafft genau soviel Stabilität und man hat ja noch den Bundesrat.“ Konkret mit dem Koalitionsvertrag auseinandergesetzt hat er sich in jüngster Zeit weniger. „Die Krämerseelendiskussionen waren nicht mehr wichtig.“ Entscheidender für ihn sei, dass einige wichtige Punkte geregelt seien wie Mindestlöhne, mehr soziale Gerechtigkeit oder ein Leistungsgesetz. An der Abstimmung beteiligen werde er sich auf alle Fälle. Ob er zustimmt, das mache er aber davon abhängig, was im Vertrag steht, den er jetzt genau lesen werde.

„Ich stimme der Koalition zu“, sagt Hilpoltsteins erster SPD-Bürgermeister Bernd Beringer. „Das ist nicht die beste Entscheidung, aber es ist im Vergleich zu sonst nötigen Neuwahlen das kleinere Übel.“ Beringer mag keine Einschätzung abgegeben, ob die SPD-Mitglieder zustimmen. „Es wird furchtbar knapp – aber ich weiß nicht, wer gewinnt.“ Ob die Koalition hält, zeige sich erst, wenn sie regiert. „Wenn die SPD dann zu viel aufgeben muss, dann muss sie sich eben nach zwei Jahren neu orientieren.“ Sollte sie es dagegen schaffen, sich gegen die Union zu behaupten, ist das nach Beringers Einschätzung nur zu ihrem Vorteil: „Dann geht sie auch gestärkt aus der Koalition.“

„Ich finde, dass die SPD gut verhandelt hat. Die wichtigsten Punkte wurden durchgebracht“, resümiert Benjamin Beringer, Bernd Beringers Sohn und Fraktionsvorsitzender der Sozialdemokarten in Hilpoltstein. Seiner Meinung nach habe der Koalitionsvertrag eine deutliche Handschrift der SPD. „Zwar sind nicht alle Wünsche in Erfüllung gegangen, aber der Mei-lenstein der SPD, der Mindestlohn, gehört einfach zur sozialdemokra-tischen Politik.“ Er werde bei der Abstimmung im Dezember den Koalitionsvertrag abnicken. „Es wird aber im Ortsverein sicherlich keine einheitliche Meinung dazu geben“, ist sich Beringer sicher.