Hilpoltstein
"Das Herz des LBV schlägt in Hilpoltstein"

Der neue Landesvorsitzende Norbert Schäffer bekennt sich bei seinem Antrittsbesuch zum Hauptsitz in der Burgstadt

24.10.2014 | Stand 02.12.2020, 22:05 Uhr

Der neue Chef im Eisvogelweg: Nach 36 Jahren unter der Führung von Ludwig Sothmann tritt Norbert Schäffer die Stelle als erster hauptamtlicher Vorsitzender des Landesbundes für Vogelschutz an. - Foto: LBV

Hilpoltstein (HK) Schon vor 30 Jahren hat er den Landesbund für Vogelschutz (LBV) als Zivi kennengelernt. Jetzt kehrt er als neuer Landesvorsitzender nach Hilpoltstein zurück. „Das ist meine Traumstelle“, sagte Norbert Schäffer an seinem ersten Arbeitstag als Chef der großen Naturschutzorganisation.

Erst zu Ludwig Sothmann, dann weiter in die Landesgeschäftsstelle am Eisvogelweg: Die ersten beiden Stationen von Norbert Schäffer scheinen selbstverständlich nach seiner Wahl beim Delegiertentreffen am vergangenen Wochenende. Und doch steckt hinter dem Antrittsbesuch Anfang dieser Woche in Hilpoltstein auch eine Menge Symbolkraft: Als neuer LBV-Vorsitzender setzt Norbert Schäffer nämlich vor allem auf Kontinuität. Das erfolgreiche Wirken seines Vorgängers Ludwig Sothmann, der den Verband in den vergangenen 36 Jahren maßgeblich prägte, versucht er ebenso fortzusetzen wie die gute Arbeit der Verbandsverwaltung. „Der LBV hat Hilpoltstein auf die deutsche Landkarte gesetzt, und für uns Naturschützer ist Hilpoltstein eine echte Metropole.“

Deshalb werde es mit ihm auch keine radikalen Veränderungen geben, versprach Schäffer am Montag den Mitarbeitern in der Landesgeschäftsstelle, denen er bei seinem Amtsantritt gleich allesamt das Du anbot. Auch den Gerüchten aus München, die am Ende der Ära Sothmann einen möglichen Umzug der LBV-Zentrale in die Landeshauptstadt sahen, erteilte der neue Vorsitzende gleich an seinem ersten Arbeitstag eine klare Absage. „Das Herz des LBV schlägt in Hilpoltstein“, erklärte Schäffer im Gespräch mit unserer Zeitung. Die zentrale Lage in Bayern habe sich bewährt und die rund 180 Mitarbeiter in der Landesgeschäftsstelle seien fest verwurzelt in der Region. „Da wäre es doch Selbstmord, wenn wir weggehen würden.“

Viel lieber kehrt Schäffer jetzt wie ein Zugvogel zurück in die Hilpoltsteiner LBV-Zentrale, in der er Mitte der 1980er Jahre bereits seinen Zivildienst leistete. Schnell stieg er damals zum Landesleiter der LBV-Jugendorganisation auf und wurde einige Jahre später auch in den LBV-Landesvorstand berufen, ehe es den gebürtigen Oberpfälzer jedoch in die Ferne zog. „Ich wollte internationale Arbeit machen“, erzählte Schäffer, der in den letzten knapp 20 Jahren für die Royal Society for The Protection of Birds in England arbeitete – der größte Naturschutzverband in ganz Europa – und dort zuletzt die Abteilung für internationale Naturschutzpolitik leitete.

„Ich bin viel herumgekommen und habe viel gesehen“, so Schäffer, der an weltweiten Naturschutzvereinbarungen mitwirkte, Projekte in rund 75 Ländern begleitete und manchmal auch unter abenteuerlichen Bedingungen arbeitete. „Aber das reicht jetzt“, sagte Schäffer, der sich in den letzten Jahren zunehmend mehr wieder für seine Heimat interessierte. Mit seiner Familie machte er plötzlich öfter Urlaub in Bayern. Und auch beruflich braucht es für den 49-Jährige nicht mehr ganz so exotisch zu sein: „Die Zauneidechse in Bayern liegt mir inzwischen mehr am Herzen als der Löffelstrandläufer in Nordostrussland.“

Deshalb genießt Norbert Schäffer jetzt auch das „Heimkommen“, wie er sagt, auch wenn er bis Ende November noch nach England pendelt, um seine Arbeit bei der Royal Society for The Protection of Birds abzuschließen und sauber zu übergeben. „Mein Herz schlägt aber schon jetzt wieder hier, denn Bayern ist einfach meine Heimat“, so Schäffer. Der Geruch von frischen Brezen in einer Bäckerei oder ein Besuch bei der Kirwa in seinem Heimatort Sulzbach-Rosenberg: „Es ist wirklich spannend für mich, das Land nach so vielen Jahren in England neu zu entdecken.“ Für dieses Gefühl ist der promovierte Biologe auch gerne ein Risiko eingegangen: Ende August, also schon zwei Monate vor der Wahl des neuen LBV-Vorsitzenden, zog Schäffer mit seiner Frau und den beiden Töchtern von England nach Hilpoltstein.

Allerdings waren bereits zu diesem Zeitpunkt die Weichen dafür gestellt, dass Norbert Schäffer die Nachfolge von Ludwig Sothmann antreten sollte. Schon vor einigen Jahren hatte Schäffer bei einem gemeinsamen Termin zu Sothmann gesagt, dass er seinen Hut in den Ring werfen will, wenn dieser eines Tages nicht mehr antritt. Daraufhin hielten die beiden Männer lose Kontakt, ehe sich Sothmann in diesem Jahr zum Rücktritt entschloss. Dem bisherigen Vorstand stellte der 74-jährige Sothmann dann gleich seinen Wunschkandidaten für die Nachfolge vor. Dann präsentierte sich Schäffer in den vergangenen Monaten persönlich in zahlreichen Kreisgruppen, wo er viel Sympathie erfahren habe. „Der ganze Übergang war also ein längerer Prozess.“

Wobei es am Ende dieses Übergangs nicht nur einen neuen Mann an der LBV-Spitze gibt, sondern zum ersten Mal auch einen hauptamtlichen Vorsitzenden des LBV. Verglichen mit der damaligen Zivi-Zeit, als es gerade mal fünf Mitarbeiter in der alten Landesgeschäftsstelle gab, ist der LBV für Schäffer inzwischen ein mittelständisches Unternehmen. Aber dieses Unternehmen zu lenken, gehe in der heutigen Zeit einfach nicht mehr nebenbei. „Es grenzt ohnehin an ein Wunder, wie Ludwig Sothmann das alles in den letzten Jahren ehrenamtlich geschafft hat“, so Schäffer, der seinen Vorgänger als „großen Glücksfall und die treibende Kraft des LBV“ würdigte.

Es selbst fühle sich gerade wie nach einer Hochzeit, erzählte Schäffer am Montag. Das einstimmige Votum („das war mir wirklich wichtig“), die feierliche Atmosphäre beim Abschied von Ludwig Sothmann und die zugleich herrschende Aufbruchstimmung im Verband hätten ihn emotional sehr bewegt. Ebenso wie die vielen Glückwünsche, die ihn nach der Wahl aus ganz Europa in seinem neuen Zuhause in Hilpoltstein erreichten. Das alles bestätige ihn jetzt in der Entscheidung, diesen großen beruflichen wie privaten Schritt gewagt zu haben, so Schäffer.

Bei einem Glas Rotwein mit seiner Frau am Sonntagabend erinnerte sich der neue LBV-Vorsitzende auch an eines seiner ersten Erlebnisse mit Ludwig Sothmann: Vor 30 Jahren als Zivi musste er den LBV-Vorsitzenden einmal mit dem Auto zu einem Termin nach München fahren, weil die Bahn gerade ausgefallen war. Und wie es der Zufall will, streikte auch in der vergangenen Woche die Bahn, als die beiden Männer gemeinsam auf dem Weg ins Umweltministerium waren. „Wie damals bin ich gefahren und Ludwig Sothmann saß auf dem Beifahrersitz“, erzählte Schäffer. „Aber dieses Mal musste ich nicht mehr im Auto warten. Dieses Mal bin ich ins Ministerium mit reingegangen.“