Hilpoltstein
Schabernack mit dem todbringenden Strick

Zauberer Sebastian Lehmeier feiert heuer Zehnjähriges beim Burgfest – Mit längerer und moderierter Show

03.08.2017 | Stand 02.12.2020, 17:42 Uhr
Ob er den Mond aus dem Zauberstab abfeuert oder ihn mit dem Seil einfängt: Auch fürs Foto ist Zauberkünstler Sebastian Lehmeier um die passende Illusion nicht verlegen. −Foto: Leykamm

Hilpoltstein (lkm) Wer kennt ihn nicht, seinen legendären Zauberspruch? „Abrakadabra, hoppeldipoppeldipopp!“ Wo er erklingt, kann der Thalmässinger Sebastian Lehmeier nicht weit sein.

Seit zehn Jahren bereichert er als Zauberer das Burgfest. Zum Jubiläum gibt es einige leichte Änderungen, auf die die Besucher gespannt sein dürfen. Wir haben den 26-Jährigen auf seinem verwunschenen Schloss besucht, das als schmuckes Einfamilienhaus getarnt ist.

 

Er ist ein Zauberer zum Anfassen, das macht ihn auch so beliebt. Der Bart, den sich Sebastian Lehmeier extra fürs Burgfest wachsen lässt, sprießt gemächlich dahin. Kein „Schnipp“, um von jetzt auf gleich wie Gandalf persönlich auszusehen. Auch das Umziehen geschieht in Ruhe, der Wirtschaftsingenieur verwandelt sich nicht mit lautem Hokuspokus und mächtiger Rauchentwicklung zum Supermagier. Nicht einmal einen Künstlernamen will sich der Zauberkünstler zulegen. Er lässt Nähe zu, aber sich nicht in die Trickkiste schauen.

Sein Handwerk hat er perfektioniert. Auf Wunsch bekommt man auch mal ein Zauberkunststück vorgeführt. Dabei gibt es aber keine Chance, ihm auf die Schliche zu kommen. Er weiß es zu verblüffen und das unmittelbar vor den Augen des Zuschauenden. Das klappt bei jedem, ob jung oder alt. Lehmeier versteht sich auf Shows in Schulstundenlänge. „Da lässt sich der Spannungsbogen sehr gut aufbauen“, sagt er. Beim Burgfest hat er diese Zeit allerdings nicht. Aber immerhin: Zum Jubiläum gibt es 60 Sekunden mehr – jetzt sind es vier statt der bisher drei Minuten, die für seinen großen Auftritt reserviert sind. Zu hören war beim Fest während der Kunststücke bislang nichts aus seinem Munde. Vielmehr wurden sie bislang von den Weisen der Flötengruppe umrahmt. Das ändert sich diesmal. Heuer bekommt Lehmeier ein Mikrofon und darf seinen Auftritt selbst moderieren.

Für ihn hieß das im Vorfeld, sich die entsprechende Texte erst einmal auszudenken und eine Art Rahmenhandlung sich zu ersinnen. All dies, ohne den historischen Rahmen zu verlassen. Das hat ihm erst einmal Kopfzerbrechen bereitet. Doch dann stieß der Thalmässinger tatsächlich auf ein Buch mit Zaubersprüchen aus dem 16. Jahrhundert. Seine Kunst war also schon weit gediehen, als sich Dorothea-Maria 1606 aufmachte, ihren Witwensitz in Hilpoltstein einzunehmen. Lehmeier ist erleichtert: „Es macht also nun auch geschichtlich verbrieft absolut Sinn, wenn ein Zauberer am Burgfest auftritt“.

Dass es einen solchen zur damaligen Zeit im Umfeld der Stadt gegeben hat, ist zumindest sehr wahrscheinlich. Doch das ist für den jungen Mann der heutigen Zeit immer noch kein Freibrief. Die Kunststücke sollten schon mit Materialien erfolgen, die in der Renaissance weit verbreitet waren und auch irgendwie einen Bezug zu den damaligen Sitten und Gebräuchen haben. Was die Justiz von damals anbelangt, war man ja nicht gerade zimperlich und der Henker von einst hatte nur allzuoft mit Seilen zu tun, mittels derer er verurteilten Bösewichten das Leben aushauchen lassen konnte. Dieses Utensil brachte Lehmeier auf seine Idee. Warum nicht mit diesem an sich todbringenden Strick künstlerischen Schabernack treiben. Ihn zerschneiden und sich auf wunderbare Weise wieder zusammenfügen zu lassen? Dem Henker ein Schnippchen schlagen?

Mit dabei bei seinem Auftritt ist wieder der übergroße Zauberstab, den sich der handwerklich begabte Zauberkünstler im letzten Jahr selbst angefertigt hat. Es sei für ihn einige große Ehre, überhaupt auf dem Burgfest auftreten zu dürfen, erklärt der Zauberer. Selbstverständlich ist das nicht, ist er doch eben Thalmässinger. Doch sind Zauberkünstler eher dünn gesät – und die Freundin ist Hilpoltsteinerin. Damit ist Lehmeier also schon so gut wie „eingemeindet.“ Die Burgfesttage verbringt er ohnehin durchgehend in Hilpoltstein. An seinem Auftritt feilt er weiterhin im Vorfeld. Denn er muss sich auf dieses eine, wenn auch in mehrere Teile untergliederte, Zauberkunststück mit den Seilen konzentrieren. Und dieses eine „muss auch unbedingt klappen“. Der Erfolgsdruck ist also wesentlich größer als bei den 40- bis 50-minütigen Shows, wo schon einmal etwas schief gehen darf.

Angefangen hat alles, als der Thalmässinger noch in die Hilpoltsteiner Realschule ging. Lehrer Wolfgang Modler faszinierte ihn mit seinen Kunststückchen. Doch Lehmeier hatte noch einen zweiten Lehrmeister: den originalen „Flecklasmo“: Karl Brunner. Das alles war auch vor zehn Jahren. Der damals 16-jährige Sebastian erwies sich als guter Zauberschüler und durfte als solcher gleich im ersten Lehrjahr auf die Burgfestbühne um seine Kunststücke darzubringen. Lehmeier ist darüber hinaus längst Mitglied im „Magischen Zirkel Deutschland“ sowie dem nächsten Ortszirkel namens „Wendelsteiner Zaubergeister“. Die Gruppe versteht sich insbesondere auf „klassische Zauberkunst gepaart mit Stilmitteln der Moderne“, so Lehmeier. Das kommt offensichtlich gut an. Bei Hochzeiten, Geburtstagen, Firmenfeiern – zwei- bis dreimal im Monat ist er als Zauberer unterwegs. In Spitzenzeiten stehen auch schon mal zwei Auftritte pro Tag in seinem Kalender.

Aber er kümmert sich auch um den zauberkünstlerischen Nachwuchs indem er Zauberkurse gibt. Während seines Studiums hat er das in seinen Semesterferien gemacht – mittlerweile nimmt er sich dafür eigens eine Woche Urlaub. Jugendleiter schult er außerdem noch. Sein Engagement hat Lehmeier bereits 2012 den Jugendkulturpreis unseres Landkreises eingebracht.