Hilpoltstein
Hilfe für Alina

13-Jährige leidet an Blutkrebs - 165 Menschen kommen zur Typisierungsaktion in Rother Grundschule

15.11.2020 | Stand 23.09.2023, 15:27 Uhr
Freiwillige Helfer aus ganz Bayern unterstützen die Typisierungsaktion für die 13-jährige Alina in der Rother Grundschule Kupferplatte. −Foto: Fischer

Roth - Eine Routineuntersuchung beim Kinderarzt zog der Familie von Alina aus Weißenburg den Boden unter den Füßen weg. Diagnose: Blutkrebs. Am Samstag organisierten Mitglieder der Spielvereinigung Roth, ihrem ehemaligen Sportverein, gemeinsam mit der Aktion Knochenmarkspende Bayern eine große Typisierungsaktion an der Rother Grundschule Kupferplatte. 165 Menschen aus dem Landkreis und darüber hinaus ließen sich Blut abnehmen und in die weltweite Datenbank eintragen. Eine passende Stammzellenspende ist für Leukämieerkrankte wie Alina oft die einzige Chance auf Rettung.

Wer am Samstagvormittag auf dem Weg zur Schule Kupferplatte war, wurde von der Freiwilligen Feuerwehr abgefangen und auf den naheliegenden Parkplatz eingewiesen. Die meterlangen Schlangen vor der Schule blieben aus. In enger Zusammenarbeit mit den Behörden hatte Veranstalter Andreas Dobler von der Rother Spielvereinigung ein lückenloses Hygienekonzept ausgearbeitet. Dazu gehörten: Körpertemperatur messen, Hände desinfizieren, Mund-Nasenschutz tragen und Abstand halten. Zusätzlich bauten die Veranstalter mit Flatterbändern, Schildern und Wegweisern eine Einbahnstraße durch die Schule auf.

Für Andreas Dobler, der Alina und deren Eltern persönlich kennt, war es die erste Typisierungsaktion, die sein Verein auf die Beine gestellt hat. Unterstützt wurde Dobler von einer Reihe an Sportskollegen, Helfern mit medizinischem Hintergrund für die Blutabnahme und Vertretern der Aktion Knochenmarkspende Bayern. "Das ist gute Teamarbeit", sagte Dobler. Nach einer Stunde hatte das Team bereits 43 Blutproben gesammelt. Auf einem Laptop im Eingangsbereich konnten die Teilnehmer den jeweiligen Zwischenstand in Echtzeit sehen. Unter den ersten Spendern waren Männer und Frauen aus Roth, Georgensgmünd, Abendberg, Schwabach, Mühlstetten und Büchenbach. Darunter Natalja Schneider. "Ich bin selbst Mama einer 13-jährigen Tochter", sagte die Rotherin, während ihr Blut in die kleine Ampulle lief. Für sie sei es sofort klar gewesen, hierherzukommen. "Alinas Geschichte hat mich sehr bewegt", sagte Schneider.

Aufgerufen zur Typisierungsaktion waren alle Männer und Frauen zwischen 17 und 45 Jahren. Wer für die Typisierung bereits zu alt war, konnte sich mit einer Geldspende beteiligen. Diese Möglichkeit nutzen auch zahlreiche Institutionen aus der Umgebung. So gab es Spendenschecks von Georgensgmünds Bürgermeister Ben Schwarz und des Rotary-Clubs Roth, dem Lions Club Roth-Hilpoltstein, der Stadt Roth und der Schornsteinfegerinnung Mittelfranken.

Sebastian Köppel, Vorsitzender der Kreis-Metropole Roth e. V. hatte einen privaten Spendenscheck in Höhe von 1500 Euro mit dabei. "Wir können ja heuer kein Geld beim Glühweinstand auf dem Christkindlesmarkt für wohltätige Zwecke sammeln", sagte Köppel. Daher habe er den Entschluss gefasst, das Geld aus eigener Tasche beizusteuern. "Ich bin selbst seit zehn Jahren typisiert, mich beschäftigt das Thema sehr", sagte der Unternehmer. Mit dem Thema persönlich in Berührung gekommen ist auch Roths Bürgermeister Ralph Edelhäußer. Er war Schirmherr der Aktion. "Ich bin vor Jahren schon einmal in die engere Auswahl für eine Stammzellenspende gekommen, leider hat es dann aber nicht ganz gepasst." Edelhäußer dankte allen Spendern und den Organisatoren der Rother Spielvereinigung. Gerade in den aktuellen Zeiten sei es nicht leicht, eine solche Aktion auf die Beine zu stellen. Dem erkrankten Mädchen Alina wünschte er viel Kraft und Gesundheit. "Es kann leider jeden treffen", sagte Edelhäußer.

Während sich vor dem Eingang eine Spendendose mit Scheinen füllte, nahmen die Ehrenamtlichen innen fleißig Blut ab. Die Helfer, die allesamt einen medizinischen Hintergrund hatten, meldeten sich auf einen Aufruf der Veranstalter hin. Eine von ihnen war Nicole Scheibenpflug. Sie kam mit ihrem Mann extra aus dem zwei Stunden entfernten Weßling nach Roth. "Als es hieß, es fehlen noch Helfer, haben wir nicht lange überlegen müssen", sagte Rettungsdiensthelferin Scheibenpflug. Das BRK-Mitglied ist selbst seit einem Jahr typisiert und setzt sich mit Leidenschaft für eine größere Spenderbereitschaft ein. "Eigentlich müssten bei jedem Hausarzt Boxen stehen und Flyer ausliegen", sagte sie. Wer ohnehin Blut abgenommen bekommt, könne so direkt angeben, dass er sich für eine mögliche Stammzellenspende typisieren lässt.

Nicht lange zögern musste auch Tobias Arold. Er setzt sich seit Jahren für Stammzellenspenden ein und engagiert sich für die Aktion Knochenspende Bayern. Anlass war ein tiefer Einschnitt in sein Leben. Seine Frau erkrankte und starb an Leukämie - mit 32 Jahren. Seitdem möchte Arold aus dem Landkreis Ansbach Menschen darüber aufklären, wie wichtig es ist, sich typisieren zu lassen. Dafür stehe er gerne den ganzen Tag hier, sagte er. "Ich finde, dass das hier alles wunderbar organisiert ist."

Die bei der Aktion gesammelten Blutampullen werden jetzt in einem Labor ausgewertet, sagte Peter Eberhard von der Aktion Knochenmarkspende Bayern. Nach vier bis sechs Wochen landen die Ergebnisse dann in einer weltweiten Datenbank. Sollte es Übereinstimmungen mit den von Alina oder anderen Krebskranken benötigten Stammzellen geben, bekommt der jeweilige Spender eine Benachrichtigung.

Eberhard freute sich über die rege Beteiligung aus der Bevölkerung. Vor einigen Wochen fand bereits eine Typisierungsaktion für Alina in Weißenburg statt. "Es haben sich 200 Menschen typisieren lassen und 340 Menschen haben nachträglich ein Set eingeschickt." Das Testset ermöglicht es Menschen, sich allein zuhause eine Speichelprobe zu nehmen und diese einzusenden. Kostenlose Lebensretter-Sets liegen ab sofort auch in der Rother Schlossapotheke aus.

Für Betroffene wie Alina kann ein entsprechender Treffer die Heilung von der heimtückischen Krankheit bedeutet. Derzeit kämpft sich die 13-Jährige im Krankenhaus tapfer durch mehrere Chemotherapien. "Ihr Zustand ist leider sehr schlecht. Eigentlich wollte ihr Stiefvater heute vorbeikommen, aber er hat es nicht geschafft", sagte Peter Eberhard.

Wer sich am Samstag erfolgreich typisieren ließ, konnte sich noch mit einem motivierenden Plakat fotografieren lassen. Die Idee hatte Judith Vogel. Sie ist die beste Freundin von Alinas Mutter und ihre Tochter eng mit dem 13-jährigen Mädchen befreundet. "Wir wollen ihr daraus eine große Collage basteln", sagte Vogel. Auch wenn man sich oft hilflos fühle, könne man so zumindest unterstützen.

Vogel hatte gleich als eine der ersten von der schrecklichen Diagnose erfahren. "Da haben wir natürlich erst einmal geweint, aber es war auch klar, dass wir selbstverständlich unterstützend zur Seite stehen". Tatkräftig bei Aktionen, aber auch mental. Zusammen mit ihrer Tochter sendet sie Alina jeden Tag einen Witz. "Das machen wir jetzt seit dem 10. August". Auf die Beteiligung aus dem Landkreis Roth ist die Mutter stolz. Nicht nur beim jährlichen Challenge sei für sie klar: "Roth ist eine Helferstadt".

Die Stiftung Aktion Knochenmarkspende Bayern hat für Alina ein eigenes Spendenkonto eingerichtet: IBAN: DE67 7025 0150 0022 3946 88, Verwendungszweck: Alina-Roth. Sie ruft nach wie vor Menschen aus dem Landkreis Roth und darüber hinaus auf, sich für eine Stammzellenspende typisieren zu lassen. Wer die Aktion am Samstag nicht besuchen konnte, kann ein Lebensretter-Set nutzen oder eine Blutprobe über den Hausarzt einsenden lassen.

HK

Simon Fischer