Heideck
Heldinnen wider Willen

Vocarana setzen bei ihrem Konzert in der Stadtpfarrkirche Heideck biblischen Frauengestalten ein Denkmal

25.03.2019 | Stand 02.12.2020, 14:21 Uhr
Ein hochspannendes Konzerterlebnis bietet Vocarana den Besuchern in der Heidecker Stadtpfarrkirche. Die sechs Sängerinnen geben - unterstützt von Wayne Lempke starken Frauen aus biblischen Geschichten eine Stimme. −Foto: Matern

Heideck (ute) Wie kann man besser eine Atmosphäre entstehen lassen als mit Musik?

Ola Gjeilo, Meister der Stimmungsmalerei, zaubert die erste Musik, die an diesem Abend in der Stadtpfarrkirche in Heideck erklingt. Unendliche Weite öffnet die Herzen der Zuhörer, die gespannt sind, was sie erwartet. Frauengestalten sollen ans Licht treten, starke Frauen aus biblischen Geschichten, die durch Überlieferung zu stillen Heldinnen geworden sind. Ihnen wollen die sechs jungen Sängerinnen von Vocarana ein sehr persönliches Denkmal setzen und ihre Stimmen leihen.

Jede der Sängerinnen verkörpert eine Frau, die ihre eigene Sicht der geschichtlichen Ereignisse um ihre Person kundtut. Die listige Rebecca (Gloriela Villalobos Torres) zum Beispiel, die ihren Mann täuscht, um Jakob an die Stelle Esaus zu setzen, die hoffnungsvolle Mirjam (Johanna Härtl), die dafür sorgt, dass ihr Bruder Moses seine leibliche Mutter zur Amme bekommt und die Hure Rahab (Anika Janacek), die nichts zu verlieren hat und ihr Schicksal selbst in die Hand nimmt.

Die Leiterin des Ensembles Alexandra Vildosola mimt Maria Magdalena, die Jüngerin Jesu. Maria selbst wird verkörpert von Verena Durmann. Sie schreibt in ihr fiktives Tagebuch: "Ich wollte diese große Rolle nicht. " Ein ängstliches Mädchen, das stark und erwachsen werden muss für die Aufgabe ihres Lebens. Die Frauen wurden zu dem gemacht, wie wir sie heute wahrnehmen, sie mussten eine Entscheidung treffen, ihren schweren Weg gehen oder einen mutigen Schritt tun. So wie Esther (Doris Engelhardt-Gesell), die Frau des Königs von Babylon, die auf einmal die Verantwortung für ihr Volk in die Hand nehmen muss.

Als Zuhörer nimmt man den Sängerinnen ihre Botschaft ab, sie erfüllen die Frauen mit sehr persönlichem Leben und lassen die Hoffnungen, Nöte und Ängste der Heldinnen wider Willen spürbar werden.

Die Vokalstücke, die den größten Teil des Programms ausmachen, lassen diese Gefühle hörbar werden. Ohne die Komponisten und Texte zu erfahren - es gab kein Programm - kann man sich auf die Gefühlsebene der Musik ungestört einlassen. Für das Klangerlebnis sicher nicht schlecht, ein wenig schade trotzdem.

Mancher hätte vielleicht gerne erfahren, wer das hochinteressante und anspruchsvolle "Stars", das ursprünglich für "gemischten, männlichen oder weiblichen Chor und Wassergläser" geschriebene Stück, komponiert hat. Hier die Auflösung: Der in seiner Heimat Lettland hochdekorierte Eriks E?envalds steht dahinter. Das Flirren, das entsteht, wenn man mit dem Finger über den Rand eines Wasserglases streicht, gibt hier die ganz besondere Note. Noch zwei weitere Stücke von E?envalds darf das Publikum hören: "O Salutaris Hostia" und "Gaujas Meita Rotataja" - anspruchsvolle, mit herrlichen Sopranpassagen und klangvoller Untermalung der übrigen Gesangsstimmen unterlegte A-capella-Musik.

Das bekannte "Hymn" von Karl Jenkins aus "Songs of Sanctuary" fehlt ebenso wenig wie "Pulchra Es" von Claudio Monteverdi oder das romantische "Hebe deine Augen auf" von Felix Mendelssohn Bartholdy.

"Sure Of This Shining Night" von Morten Lauridsen wird sehr gefühlvoll von Wayne Lempke am Klavier begleitet. Er liefert unter anderem auch die aufwühlende Begleitung zu "Days Of Beauty" von Ola Gjeilo und unterstützt die Sängerinnen sowohl am Wasserglas als auch zeitweilig als Dirigent.

Ob bei "Gebet" von Moritz Hauptmann oder den mannigfaltigen musikalischen Lobpreisungen von Johann Vierdanck, es bereitet einen großen Hörgenuss, dem Gesamtklang und auch den sehr verschiedenen, markanten Stimmen der sechs Frauen zu lauschen.

Ein lohnendes Konzerterlebnis, das Alexandra Vildosolo da zusammengestellt hat. Als hauptberufliche Sängerin und Konzertdramaturgin lässt sie in der Zugabe noch einmal ihr Temperament aufblitzen: Bei "Hail Holy Queen" aus "Sister Act" darf dann auch das Publikum mitklatschen, ehe es mit "Evening Rise" entlassen wird.

Reichlich verdienten Applaus gibt es am Ende für dieses vielseitige Ensemble. Ein Konzert, dass man nicht alle Tage geboten bekommt.

Wer Vocarana in Heideck verpasst hat und gerne noch hören möchte, der kann das Konzert auf der noch zwei Wochen dauernden Tournee zum Beispiel am 6. April in St. Gumbertus in Ansbach oder am 7. April in der Nürnberger Egidienkirche, jeweils um 19 Uhr, besuchen.