Hilpoltstein
Hartnäckiger Brückenbauer mit Herz

Der ehemalige Landesbischof Johannes Friedrich feiert heute seinen 70. Geburtstag

19.06.2018 | Stand 23.09.2023, 3:50 Uhr

Wernfels (HK) Das Haus im Spalter Ortsteil Wernfels hat der ehemalige evangelische Landesbischof Johannes Friedrich vor 40 Jahren gekauft. Bewohnt hat er es nur sporadisch. Ein Rückzugsort mitten im idyllischen Hügelland. Seit dem Eintritt in den Ruhestand Ende 2013 ist er dort nun richtig zu Hause. Und zieht nun zu seinem heutigen 70. Geburtstag Bilanz über sein vielfaches Wirken als Geistlicher.

Das berühmte Chagall-Gemälde "Christus in der Pendeluhr" hängt an den Wänden des in Erlangen aufgewachsenen gebürtigen Bielefelders. Ein treffliches Bild dafür, wie ein Bischof den Spagat wagen muss zwischen Seelsorge und Terminverpflichtungen. Heutzutage sind es vorwiegend privaten Freuden, die sein Leben beglücken. Etwa die Vorfreude auf seinen nunmehr fünften Enkel, der gerade im Bauch einer der beiden Töchter heranwächst. Doch ganz ins Privatleben zurückgezogen hat er sich auch nicht. So agiert er etwa noch als Vorsitzender der Bayerischen Bibelgesellschaft, die ein neues Bibelmuseum gegenüber der Nürnberger Lorenzkirche plant.

Ein Projekt, "das es ohne mich nicht gäbe", sagt er ohne falsche Bescheidenheit. Die Landeskirche investiere hier kräftig und werde das weiter tun, solange er als Gesellschaftsvorsitzender Rückhalt signalisiere. Eigentlich sollte das Haus längst eingeweiht sein, doch archäologische Untersuchungen haben die Zeitachse deutlich verlängert.

Es ist seine Offenheit, mit der Friedrich im Gespräch überzeugt. Warum er überhaupt Theologie studierte? "Weil ich nichts Besseres wusste", so der 70-Jährige, der mit dem Studium in die Fußstapfen seines Vaters trat, der ebenso Pfarrer war. Mittendrin hat der Sohn mal mit Jura geliebäugelt.

Am Herzen gelegen sind Friedrich in seinen Bischofsjahren (1999 bis 2011) vor allem "die ethischen Fragen, die das Leben am Anfang und am Ende betreffen". So habe etwa die CSU während jener Zeit in einem Papier zur Stammzellenforschung eine eher weiche Haltung eingenommen. Es folgte eines dreistündige Unterredung des Parteivorstands mit Friedrich sowie dem katholischen Kardinal Friedrich Wetter. Danach verschwand das Papier in der Schublade.

Für den Sonntagsschutz habe er sich ebenso stark gemacht, sagt Friedrich. Zur Fußball-WM 2006 in Deutschland war dieser Schutz im Freistaat besonders stark gefährdet. Friedrich nutzte die Gelegenheit einer Kabinettssitzung im Nachklang der Eröffnung der Bayreuther Festspiele, um erst beim damaligen Ministerpräsident Edmund Stoiber vorzusprechen - und dann einzeln bei vielen Ministern. Das wirkte: Die Läden blieben sonntags geschlossen, Ausnahmen gab es nur für die Spielorte München und Nürnberg. Damit wurde Bayern in Sachen Sonntagregelung zur Weltmeisterschaft "das restriktivste Bundesland überhaupt".

Bei allem Einsatz habe er aber stets "Brücken bauen und nicht polarisieren" wollen. Dass ihm das gelang, dafür bürgt ein unverhoffter Brief, der ihn ebenso zur Verabschiedung ereilt habe. Er kam vom "Arbeitskreis bekennender Christen" und konstatierte ihm, dass es ihm immer sehr daran gelegen sei, die Landeskirche zusammen zu halten.

Zuvor hatte der Kreis aber auch schon mal mit einer Unterschriftenaktion mobil gemacht gegen Friedrich, der dafür gesorgt hatte, dass gleichgeschlechtliche Paare in die Pfarrhäuser einziehen können, wenn sich kein Widerstand sich regt. Auch Friedrich selbst ist erleichtert, dass sich in Bayern "die Pole der Landeskirche Pole nicht so sehr bekriegen wie in anderen Bundesländern."

Natürlich habe es auch Misserfolge gegeben. Die Umbenennung der Meiser- in Katharina-von-Bora-Straße habe er verhindert wollen - vergeblich. Das hat ihn sogar nachts aufschrecken lassen, was auch ein weiteres Mal passierte: Als er den einstigen Rektor der Rummelsberger Diakonie, Karl Heinz Bierlein, nach Misshandlungsvorwürfen vom Dienst suspendierte.

Treu sei er sich auch seiner Prämisse geblieben: "Keine Zusammenlegung von Gemeinden in meiner Amtszeit!" Sehr wohl begrüße er es aber, verbesserte Kooperationsmöglichkeiten zu schaffen. Interkonfessionell hat sich Friedrich stets für die Ökumene eingesetzt. Eine Sternstunde für sie gab es beim ökumenischen Kirchentag in München, für den er gemeinsam mit dem katholischen Kardinal Reinhard Marx als Gastgeber fungierte. "Da passte zwischen uns kein Blatt", so der Jubilar.

Die Feierlichkeiten zum 70. Geburtstag teilen sich auf. Heute wird mit den Nachbarn gefeiert, morgen gibt es einen Empfang in München und zwei Tage später steht ein privates Fest an.
 

Jürgen Leykamm