Heideck
Harte Arbeit bei Wind und Wetter

Der Beruf des Schäfers steht beim Heidecker Erzählcafé im Mittelpunkt - Besucher erinnern sich an Pferch, Schab und Bockfleck

20.03.2019 | Stand 23.09.2023, 6:18 Uhr
Max Peschke
Mit seinen Schafen und seinem Hütehunde ist der Schäfer Karl Meier auf einer Wiese bei Liebenstadt unterwegs (oben). Schon im Jahr 1905 gibt es bürokratische Vorschriften, wie ein Auszug aus dem Arbeitsbuch (links) des Schäfers Hubert Betz zeigt. Der Schäferkarren des Schäfers Alois Schmidtpeter aus Aberzhausen hat auf dem Grundstück von Edgar Görl einen Ehrenplatz gefunden. −Foto: Peschke

Heideck (HK) Diesmal hat sich beim Heidecker Erzählcafé alles um den einst sehr wichtigen Beruf des Schäfers gedreht. Georg Hafner zeigte sich den Gästen stilgerecht in einer alten Schäferskluft und mit dem traditionellen Werkzeug des Berufsstandes, der Schäferschippe.

Georg Hafner freute sich besonders, dass zu diesem Thema viele Frauen und Männer ins Erzählcafé gekommen waren, die sich noch gut an die Zeit erinnern konnten, als die Schäfer mit bis zu 400 Schafen zum prägenden Bild der Landschaft gehörten.

Die Erzählungen eröffnete Adolf Herler aus Laibstadt. Er hatte die Arbeitsbücher des Laibstädter Schäfers Hubert Betz mitgebracht, der am 5. Februar 1891 geboren wurde und schon mit 14 Jahren am 5. April 1905 von der damaligen Gemeinde Laibstadt als Schäfer bestätigt wurde. Aus den Arbeitsbüchern konnte man die genehmigte Kopfzahl der Herde und die Triebwege entnehmen, welche vom zuständigen Bezirksamt in Hilpoltstein und der Gemeindeverwaltung einst so bestätigt wurden.

Schon am 20. September 1906 wurde Schäfer Betz bescheinigt, dass er sehr verlässlich und treu seine Arbeit als Schäfer erfüllt habe. Er blieb wie viele andere Schäfer auch sein Leben lang diesem Beruf treu. Wie die Schäfer die Tiere führen und wohlbehalten über den Sommer bringen, bekamen die meisten Jungschäfer von ihren Vätern oder Onkeln beigebracht, denn der Schäferberuf wurde oft von einer Generation an die nächste weiter gegeben.

Viele Heidecker konnten sich noch an andere Schäfer erinnern, die sich rund um die Uhr um das Wohl der ihnen anvertrauten Schafe kümmerten. Es waren dies Karl Schmidt (Selingstadt), Karl Krebs (Schlossberg), Stefan Lindner (Heideck/Rudletzholz), Karl Meier (Liebenstadt), Alois Schmidpeter (Aberzhausen) oder der Schäfer Stromberger in Stauf. Genannt wurde auch der "Dicke Paul", der kein Schäfer war aber etliche Schafe und Gänse viele Jahre lang auf den Barthswiesen entlang der kleinen Roth gehalten hat.

Man wusste noch, dass es eine wichtige Aufgabe des Schäfers war, geeignete Futterplätze für die Herde zu finden. Diese gab es früher in der Zeit der traditionellen Landwirtschaft mit der Dreifelderbewirtschaftung überall. Auch das im Gemeindebesitz befindliche Grünland, große Espanflächen, Rangers oder Brachland (Broucher) dienten als Weideflächen für die Schafe. Es wurde erzählt, dass früher jeder Grashalm wertvoll war. So musste einmal der Polizist Staufer auf eine Anzeige hin kommen, weil fremde Gänse auf einem Grundstück grasten und er deshalb das Wegsperren der Gänse verfügen musste..

Besucher des Erzählcafés wussten noch, dass früher am Freitag oder Samstag in den Wirtshäusern in Heideck, Liebenstadt oder Laibstadt "Pferch-Versteigerungen" stattfanden. Dafür musste man in der Regel 10 bis 15 Mark bezahlen. Der Pferch wurde dann vom Schäfer für eine Woche auf den Feldern des Bauern reihum aufgestellt. Die Schafe sorgten so für eine optimale Düngung der Felder der Bauern. Oft erhielten die Schäfer für das Hüten der Schafe von den Bauern nach der Erntezeit eine Entlohnung in Form eines Sackes Kartoffeln oder Getreide. Wenn ein Bauer keine Schafe auf seinen Feldern haben wollte, musste er einen Stückel mit einer Strohgarbe, den sogenannten "Schab" in den Acker oder das Feld schlagen.

Der Beruf des Schäfers war sehr vielseitig, denn zur Schäferei gehörte die Behütung, Zucht und Verwertung von Milch, Fleisch, Wolle und Leder der Schafe. Der Schafhirte wusste um die Reproduktion von Schafen, kümmerte sich um die Ablammung und Aufzucht der ihm anvertrauten Tiere. Die Böcke bekamen eine Bockschürze, genannt "Bockfleck", damit sie nicht mehr springen konnten.

Wichtig waren das Wissen über Weidewirtschaft und Futtergewinnung, die Pferchtechnik, Hygienemaßnahmen sowie Kenntnisse von Tierkrankheiten. Es wurde erzählt, dass die Hütehunde der Schäfer eine spezielle Ausbildung bekamen. Sie wurden trainiert, die Schafherde zusammenzuhalten und vor Gefahren zu schützen. Sie sorgten rund um die Uhr dafür, dass kein Schaf verloren ging. Der Schäfer habe sich nicht nur auf seine Schäferschippe aufgestützt sondern damit den Hütehunden auch Zeichen gegeben. Wenn der Schäfer mit der Schippe Dreck geworfen oder geklappert hat, wussten die Hunde, dass sie ihren Job zu machen hatten.

So romantisch wie auf vielen Bildern sei der Beruf des Schäfers nicht gewesen. Ein Schäfer hatte viel Verantwortung für seine Herde und musste bei Wind und Wetter hart arbeiten. Der Schäferkarren diente ausschließlich zur Nachtruhe des Schäfers auf dem freien Feld. Sie enthielten in der Regel eine Liegestatt, eine kleine Tischplatte, eine Bank und wurden vom Schäfer als Wetterschutz, Pferchbüro, Schlaf- und Vorratsdepot genutzt. Er wurde von den Bauern immer wieder gerne zum nächsten Standplatz gezogen.

Hans Köstler erzählte, dass Schäfer beim Schaftrieb immer genug Zeit hatten zu beten. Deshalb habe man früher den Schäfern etwas Geld zugesteckt, damit sie für einen schwer Erkrankten oder für die Seele eines Verstorbenen beteten.

Köstler erinnerte sich noch, dass bei der Beerdigung eines Schäfers die Schäfer aus dem weiten Umkreis mit der Tracht zum Friedhof kamen, um dem Verstorbenen das letzte Geleit zu geben. Dann wurde immer das Lied "Weil ich Jesu Schäflein bin" von Henriette Marie Luise von Hayn (1724 -1782) gesungen. Richard Böhm erzählte, dass auch "Wunderheiler" den Schäfern Geld gegeben hätten, damit diese überall erzählen sollten, welche besonderen Heilungen sie schon vollzogen hätten.

Die Schafe wurden im Juni geschoren. So wurden die Schafe aus dem Heidecker Raum in dieser Zeit über Thalmannsfeld und Nennslingen bis zur Anlauter getrieben, wo man diese gründlich wusch, damit bei der Schafschur hochwertige Wolle herauskam. Die Schafwolle gehörte den Besitzern der Schafe. Nach der Schafschur wurde die Wolle "kardätscht" (zerrupft) und dann gesponnen. Die Schafwolle war einst sehr begehrt und wurde meist an Händler nach Nürnberg verkauft.

Das nächste Erzählcafé findet am Donnerstag, 11. April, 14.30 Uhr mit dem Thema "Kirchliche Bräuche und Festtage" statt.
 

Maximilian Peschke