Eysölden
Grüne Daumen und Lebensräume entdeckt

Obst- und Gartenbauverein Eysölden und Umgebung feiert 125. Geburtstag mit verschiedenen Aktionen

19.06.2018 | Stand 23.09.2023, 3:50 Uhr
  −Foto: Fotos: Leykamm

Eysölden (HK) "Die Pflanze, die 1893 ausgesät wurde, hat sich über die letzten 125 Jahre zu einem kräftigen Baum entwickelt." So hat Thalmässings Bürgermeister Georg Küttinger den Werdegang des Obst- und Gartenbauvereins (OGV) Eysölden und Umgebung im Vorfeld des Jubiläumsfestakts bewertet. Bei diesem galt es nicht nur sich selbst zu feiern, sondern die Gäste wurden mit verschiedenen Aktionen für natürliche Lebensräume sensibilisiert.

Für die heißt es heutzutage einzutreten, sie sind beileibe nicht selbstverständlich. Fast schon symbolhaft hierfür stand die Tatsache, dass der Festzug leicht verlegt werden musste, um nicht die Bahn der Triathlon-Radler zu kreuzen. Der Wettbewerb war verschoben worden, nachdem der Jubiläumstermin schon festgestanden hatte. Doch der Kampf um ökologische Nachhaltigkeit stand auch unter einem guten Stern - im Festgottesdienst zelebrierte man eine Zwillingstaufe.

Beim Festakt selbst, der vom Ensemble Thalmässing Sound in der Sporthalle umrahmt wurde, würdigten die Redner vor knapp 300 Gästen das segensreiche Wirken des Jubelvereins aus verschiedenen Perspektiven. Der Obst- und Gartenbauverein schärfe das Bewusstsein für unsere Kulturlandschaft, liefere dazu die notwendige Aufklärungs- und Bildungsarbeit und leiste einen "wichtigen Beitrag für eine bessere Wertschätzung regionaler Produkte", betonte Küttinger beispielsweise.

Sein Hilpoltsteiner Amtskollege Markus Mahl würdigte indes die in unseren Tagen so oft beschworene interkommunale Zusammenarbeit, welche in dem Verein aber schon Tradition habe, der etliche Gemeindeteile der Burgstadt mit betreut. Gerhard Durst, Vorsitzender des Bezirksverbandes für Gartenbau und Landespflege, lobte die Verdienste um die junge Generation. Der Jubelverein habe frühzeitig begonnen, Kinder- und Jugendliche mitsamt ihrer Familien durch Aktionen und Wettbewerbe für das eigene Anliegen zu gewinnen.

Das so entstandene aktive Vereinsleben spiegle sich in dem Bild wider, das die Region um Eysölden offenbare, so Landrat Herbert Eckstein: "Blühende Landschaften gibt es hier wirklich!" Er verwies zudem darauf, dass die Belange der Obst- und Gartenbauvereine selbst Eingang in bekannte Redewendungen gefunden haben: "Die Neider sehen nur die Pflanzen- und Blumenbeete, aber nicht den Spaten." Folgerichtig gab es für den Verein ein solches Gartenwerkzeug auch als Geschenk, das die Vorsitzende Ursula Klobe entgegennahm. Sie konnte sich selbst über ein großes Lob des Landrats freuene. In das schloss er auch ihren Amtsvorgänger Rudi Benda mit ein, der heutzutage die Geschäfte des vereinseigenen Mosthauses führt, das immer wieder auf den neuesten Stand gebracht wurde - wie Ursula Klobe in Erinnerung rief.

Die Vereinsgeschichte nimmt so richtig Fahrt auf im Jahr 1908 mit der Pflanzung einer Obstanlage. 1931 folgt der Bau eine Obstverwertungshauses mit Saftpresse und Dörre. 1965 fällt der Startschuss für den Blumenschmuckwettbewerb, 13 Jahre später erfährt das Mosthaus eine Erweiterung. Ein großer Triumph darf 1990 gefeiert werden: Gemeint ist nicht der Weltmeistertitel der DFB-Elf, sondern die Silbermedaille im Dorfwettbewerb auf Bundesebene für Weinsfeld als Teil des Vereinsgebiets. Ein solcher ist auch Tiefenbach, das vier Jahre später den Wettbewerb "Lebensraum Obstbaum" für sich entscheidet. Ende des Jahrhunderts wird das Mosthaus umgebaut und modernisiert - mit Bandpresse, Elevator, Förderband, Obstfräse und Förderschnecke.

In den vielen Jahrzehnten haben sich auch die Herausforderungen für den Verein geändert, so Klobe. In der Gründungszeit selbst etwa hat man unter Missernten gelitten, unzählige Obstbäume wurden zudem durch strenge Winter dahingerafft. Der mittelfränkische Obstverband rief zu Neupflanzungen auf, was zur Initialzündung für die Gründung des jetzigen Jubelvereins geriet.

Sei lange Zeit die Ernährung der Bevölkerung im Fokus der Vereinsarbeit gestanden, gehe es heutzutage um das Ernten von möglichst schadstofffreien Lebensmitteln, so Klobe. Der Verein könne zudem seinen Beitrag zur Erhaltung der Natur leisten, indem in den Gärten Lebensräume geschaffen und dort Nahrung für Insekten angeboten würden.

Überhaupt sei es wichtig, die Wertschätzung für Pflanzen in der Bevölkerung zu steigern. Und das auch, aber nicht nur in ihrer Funktion als Sauerstofflieferanten. So liege das Hauptaugenmerk des Vereins nunmehr auf der ökologischen Nachhaltigkeit. Spielerisch wurde dies auch bei verschiedenen Aktionen vermittelt. Zum Einpflanzen lud der Obst- und Gartenbauverein selbst ein. Der erst zweieinhalbjährige Ben aus Eysölden war hier besonders eifrig. Ein Zwergstorchschnabel und eine Polsterglockenblume kamen in den Genuss seines grünen Daumens, ein bisschen Hilfe gab es dabei von Mama Petra Schönhöfer sowie Margarete Odorfer, die sich mit anderen um die Jugendarbeit des Vereins kümmert.

Der LBV lud zur Bastelaktion zum Vogel des Jahres - das ist der Star - ebenso wie zum Waldgeister basteln. Schockierende Zahlen lieferte Verbandsmitarbeiter Dirk Ullmann: Sechs Millionen Kubikmeter Torf werden in Deutschland jährlich abgebaut - und noch einmal so viel importiert. Eine Gesamtmenge, die den jährlichen Zuwachs um das 80-Fache übersteigt. Dabei gäbe es Alternativen.

Ein schöneres Bild bot sich bei einer Bilderausstellung, bei der es die Vereinsgeschichte in Fotos zu bewundern gab. Ein Rätsel lockte mit zahlreichen Preisen. Für Kinder und Erwachsene gab es dabei verschiedene Fragebögen, in beiden Gruppen wurde je zehn Gewinner unter denen verlost, die alles richtig gelöst hatten.

Jürgen Leykamm