Hilpoltstein
Gregor Samsa im Klassenzimmer

Theatergruppe des Hilpoltsteiner Gymnasiums zeigt "Die 3 Verwandlungen" frei nach Kafka

22.01.2019 | Stand 23.09.2023, 5:42 Uhr
Gregor Samsa in der modernen Schulwelt: Schwester Grete (gespielt von drei Schauspielerinnen) füttert ihren monströsen Bruder, der sich einen Käfer verwandelt hat. Die Theatergruppe des Gymnasiums Hilpoltstein zeigt das Kafka-Stück am Freitag und Samstag. −Foto: Tschapka

Hilpoltstein (HK) Wer kennt sie nicht, die bizarre Erzählung von Franz Kafka, in der sich der bedauernswerte Gregor Samsa über Nacht in einen ungeheuren Käfer verwandelt. Eben diese Geschichte hat sich der "Wahlkurs Theater" des Hilpoltsteiner Gymnasiums für seine aktuelle Produktion vorgenommen, und dabei den Klassiker der Weltliteratur in die Neuzeit verlagert.

Erstmals führt dabei der Englisch- und Geographielehrer Georg Strauß Regie, der bis zum vergangenen Jahr die Bigband des Gymnasiums Hilpoltstein leitete und nun in die Fußstapfen seines Kollegen Matthias Müller tritt. Der Titel wurde im Vergleich zum Original leicht abgeändert und lautet "Die 3 Verwandlungen".

In der Neuzeit, und zum Teil auch in einem Klassenzimmer der Gegenwart, spielt die Interpretation des Kurses, denn zur Rahmenhandlung gehört, dass im Unterricht als Lektüre eines dieser berühmten kleinen, gelben Reclam-Heftchen gelesen wird, mit dem Titel "Die Verwandlung". In Kafkas berühmter Erzählung aus dem Jahr 1912 wird ausführlich beschrieben, wie sich besagter Gregor Samsa erst in einen Käfer verwandelt, und sich aufgrund der darauf folgenden unvermeidlichen Kommunikationsprobleme mit seiner Familie immer mehr isoliert, und schließlich elendig zugrunde geht.

Die Version des Theaterkurses beginnt zunächst mit träumerischen Jugendlichen im Unterricht, die von leistungsorientierten Erwachsenen mit harschen Worten auf die Berufswelt und den Ernst des Lebens vorbereitet werden. In mehrmals wiederkehrenden persönlichen Statements, die zwischen der "Realität" des Stückes und der heutigen Lebenswelt der Jugendlichen angesiedelt sind, erklären sie, worunter sie leiden und wie sie mit dem Druck umgehen.

Nach einem Albtraum, in dem Gregor sein Chef und ein Arzt erscheinen, beginnt die eigentliche Handlung mit dem Erwachen des Käfers. Das Familienleben im Wohnzimmer zeigt, wie Gregors Familie verzweifelt versucht, mit der Verwandlung ihres Sohnes umzugehen. Dabei werden, in Abweichung zum Originalstück, die Rollen vervielfacht. So tauchen zum Beispiel sieben Gregors und drei Schwestern auf, und der Käfer wird als vielgliedriges Ungetüm von sieben Schauspielerinnen dargestellt. Zum einem zur Einbindung aller 17 Mitglieder des Wahlkurses der 8. bis 10. Klassen, zum anderen als Ausdruck der Übertragbarkeit der Probleme Gregor Samsas auf jeden einzelnen in unserer Gesellschaft.

Zu sehen ist unter anderem eine Szenerie, in der Gregors Schwester Grete (gespielt von drei Schülerinnen) ihren monströsen Bruder mit den vielen Gliedmaßen füttert, und dabei zwischen Ablehnung und Fürsorge hin- und hergerissen ist. In einer anderen, in mehrfacher Sicht auf der Metaebene angesiedelten Szene, wird in einer Karaoke-Bar eine Bearbeitung von Schuberts "Ständchen" gesungen.

Zur modernen Interpretation des Stückes gehört auch, dass sich neun Paparazzi auf die Familie Samsa stürzen und die Exklusivrechte für die "echten Emotionen" als Live-Stream erwerben. Gegen Ende tauschen sich die Schülerinnen und Schüler in einem übergroßen Whats-App-Chat über das Stück und über die Sekundärliteratur aus. Dabei wird nicht zuletzt die Kritik an der "Ausschlachtung" von Storys jeglicher Art durch die Medien deutlich.

Matthias Müller, der bis vergangenes Jahr den Wahlkurs Theater der Mittel- und Oberstufe des Gymnasiums geleitet hat, konzentriert sich künftig auf die Arbeit mit älteren Schülerinnen und Schülern. Mit Georg Strauß hat er einen würdigen Nachfolger gefunden. Auch dessen neue Regiearbeit wird weiterhin von bewährten Kräften unterstützt. Unter anderem durch den Wahlkurs "Bühne & Kostüm" unter der Leitung von Yvonne Jakob und Kerstin Pezolt sowie dem Ausschuss "Beleuchtung & Technik" der SMV der Schule. Dem handwerklichem Geschick eines Schauspieler-Vaters ist die große Rückwand der Bühne zu verdanken, das nötige Material dafür sponserte die Firma Klingele, ein Kooperationspartner des Gymnasiums Hilpoltstein.

Das Stück "Die 3 Verwandlungen" feiert am Freitag, 25. Januar in der Aula des Hilpoltsteiner Gymnasiums Premiere. Beginn ist um 19.30 Uhr, Einlass ab 19 Uhr. Am Samstag, 26. Januar, gibt es zur gleichen Zeit eine weitere Vorstellung, zu der die Öffentlichkeit ebenfalls eingeladen ist. Der Eintritt für Erwachsene kostet fünf, für Schüler drei Euro.

Tobias Tschapka