Greding
Gredl-Bahnhof feiert Wiederauferstehung

In jahrelanger Arbeit hat Richard Köstler das 1978 abgebrochene Gebäude im Modell nachgebaut - Stammtisch bietet Schau an

27.03.2019 | Stand 23.09.2023, 6:23 Uhr
  −Foto: Köstler, Luff

Greding (HK) Ziemlich genau 47 Jahre ist es her, dass zum letzten Mal ein Zug planmäßig in den Gredinger Bahnhof eingelaufen ist. "Ade Greding", stand auf der Lok zu lesen, als am 27. Mai 1972 letztmals Menschen mit der Bahn an die Schwarzach fuhren. Das Bahnhofsgebäude selbst wurde im Februar 1978 abgerissen. Jetzt allerdings ist es wieder auferstanden - wenn auch im Miniaturformat.

1:87. Das ist der Maßstab den Richard Köstler aus Sandersdorf bei Altmannstein angelegt hat, um den Endbahnhof der Gredl in Greding detailgetreu nachzubauen. Rund zwei Jahre Arbeit stecken in dem Modul, das die Realität der späten 1960er-Jahre verblüffend echt nachbildet. "Allein die Recherche hat ein Dreivierteljahr gedauert", erzählt Köstler.

Dass er sich für sein Projekt ausgerechnet den Gredinger Bahnhof ausgesucht hat, kommt nicht von ungefähr. Ist doch Greding der Ort, an dem sich die Eisenbahnfreunde Altmühltal alle zwei Monate zu einem Stammtisch treffen. Die Stadt ist eben günstig gelegen für die Eisenbahnfreunde, die aus einem Umkreis von rund 60 Kilometer kommen, im Mai feiern sie ihr sechsjähriges Bestehen. Richard Köstler ist eines der Gründungsmitglieder, ebenso wie Franz-Peter Müller aus Wendelstein. "Wir sind der Gredinger Modellbahn-Stammtisch", sagt Müller und grinst, "dabei ist aus Greding gar keiner dabei." Er und Köstler hätten sich in einem Forum im Internet ausgetauscht. Der Altmannsteiner gehört dem Verein Interessengemeinschaft Hallertauer Modelleisenbahner (IHMB) an. Als die beiden vergeblich nach einem Stammtisch gesucht hatten, sei der Königsweg schnell gefunden worden, so Müller: "Dann machen wir halt selbst etwas." Und so treffen sich bis zu 20 begeisterte Modellbauer sechs Mal im Jahr im Bauer-Keller. Nomen est omen: Im Keller des Hotels können sie ihre Bahnen aufbauen.

Vor gut drei Jahren sei er auf die Idee gekommen, den alten Gredl-Bahnhof auferstehen zu lassen, erzählt Köstler. Ihm sei ein Bild des Bahnhofs untergekommen - es war der Anfang einer aufwendigen Recherche. Köstler suchte den Kontakt zu Karl-Heinz Richter, dem früheren Stadtarchivar. Von ihm erhielt er viele Fotoaufnahmen, allerdings waren sie alle schwarz-weiß. Und unterschiedlich alt, eines stammte sogar aus den 90er-Jahren des 19. Jahrhunderts. Ein einziges Farbfoto habe ein Stammtisch-Kollege auftreiben können, so Köstler. "Zum Glück, denn so war die Farbe des Gebäudes zu sehen - sonst hätten wir das zusammenfantasieren müssen."

Den Grundriss des Bahnhofs fand der Altmannsteiner im Museum der Deutschen Bahn in Nürnberg. Ihm habe er die Maße entnommen. "Er war nicht lang", sagt Köstler, die Gleisanlagen, Bahnhofsgebäude und Nebengebäude erstreckten sich auf eine Länge von 250 Meter. Auch deshalb habe sich der Gredinger Bahnhof für den Nachbau angeboten - "und er hat mir natürlich auch gefallen".

Drei Module verwendete Richard Köstler für den Gredinger Bahnhof, jedes einen Meter lang. Die Maße für die Nebengebäude "habe ich aus den Fotos rausgemessen". Nicht alles, was jetzt im Modell zu sehen ist, war auf den historischen Bildern genau zu erkennen, ein bisschen Fantasie ließ Köstler durchaus walten: "Die Gebäude waren aber bei der Bahn standardisiert." Er habe beispielsweise einen Lokschuppen gebaut, der so genau auf keinem Foto zu sehen war. Auch ob er in den späten 60ern überhaupt noch existiert hat, "weiß man nicht".

Die Stammtischfreunde sind voll des Lobes über Köstlers Arbeit. Der Nachbau eines historischen Bahnhofs sei "die Königsdisziplin im Modellbau", sagt etwa Alois Graßl, der Vorsitzende der IHMB. Zum jüngsten Stammtischtreffen schleppt jeder von ihnen ein oder zwei eigene Module an, damit der Gredinger Bahnhof in eine funktionierenden Strecke integriert werden kann, auf der dann Züge fahren können. Da die Module genormt sind, sind die Außenmaße schon mal gar kein Problem. Außerdem hätten sich die Stammtischmitglieder auf die Materialien geeinigt, die benutzt werden, wie Thomas Hauser erzählt. So fallen beim Gleismaterial oder beim Gras der Landschaft keine störenden Farbunterschiede ins Auge, "alles wirkt harmonischer".

Was auch eine Rolle spielen könnte, falls die Modellbauer einmal eine Ausstellung in Greding auf die Beine stellen. Dass ihnen die Idee gefällt, verhehlen sie nicht. "So etwas sollte man nicht im Keller verstecken", sagt Köstler - und meint damit nicht nur seinen Bahnhof, sondern die Landschaften seiner Stammtischbrüder - sogar eine -schwester ist darunter. "Wir würden es gerne machen", so Köstler, falls man bei der Stadt Interesse habe, könne man gerne auf die Modellbauer zugehen. Sorge, dass eine derartige Ausstellung zu klein ausfallen würde, muss man sich nicht machen. Zwar orientieren sich viele Module der Modellbauer an der Landschaft in der Hallertau, doch gravierend sind die Unterschiede zum Altmühltal nicht. "Da könnten wir bestimmt 100 Meter zusammenbringen", sagt Alois Graßl - und schiebt mit Blick auf den Bahnhof hinterher: "Echte Meter." Vor allem die Modellbauer, die der IHMB angehörten, hätten mit Ausstellungen schon weidlich Erfahrung gesammelt.

Auch die Fotos, die Köstler im Zuge der Recherche aufgetan hat, könnten so noch einmal Verwendung finden: im Rahmen einer erklärenden Dokumentation. So sind auf diesen beispielsweise zu sehen, dass über Jahrzehnte hinweg Lampen auf großen Holzmasten den Gredinger Bahnhof erhellten. Allerdings sind kurz vor dem Aus für den Bahnhof deutlich Betonmasten zu erkennen. "Die haben tatsächlich noch einmal die Lampen ausgetauscht", sagt Richard Köstler. Wer weiß das schon noch? Nur der Altmannsteiner, der Experte für den Gredinger Bahnhof.

Volker Luff