Allersberg
Gilardi-Eigentümer von Nazis verfolgt

Erik Geiershoefer flüchtetet nach England - Mutter Else starb im Ghetto

02.11.2018 | Stand 23.09.2023, 4:51 Uhr
In dem schmucken Gilardi-Museum erinnert nichts mehr an die Nazi-Verfolgung der ehemaligen Besitzer der Firma −Foto: Unterburger

Allersberg (HK) Am 24. Mai 1903, also vor 115 Jahren, wurde Erik Ludwig Geiershoefer geboren.

Sein Schicksal und das Schicksal seiner Mutter Else in der Zeit des Nationalsozialismus sind ein grausamer Beleg für die Unmenschlichkeit der Nazis.

1894 hatte die Familie Geiershoefer die Firma Jacob Gilardi erworben, die ihren Sitz in Allersberg hatte. Unter der Leitung von Otto Geiershoefer, der die Firma 1904 von seinem Bruder Anton als Alleineigentümer übernahm, wurde in erster Linie Christbaumschmuck aus versilberten, vermessingten und vergoldeten dünnen Drähten, sogenannten leonischen Drähten, hergestellt. Die Familie Geiershoefer wohnte im barocken Gilardihaus, das an die Fabrikgebäude angebaut war. Otto Geiershoefer, der wie seine Frau Else aus einer jüdischen Familie stammte, war bereits vor seiner Hochzeit mit Else zum evangelisch-lutherischen Glauben übergetreten.

Die Firma Gilardi war nicht nur der größte Arbeitgeber in Allersberg, die Geiershoefer engagierten sich auch sozial. So ließen sie der Gemeinde Allersberg unter anderem Stiftungsgelder zukommen: 5000 Mark im Jahr 1918 für bedürftige Kriegsinvaliden und 3000 Mark im Jahr 1927 für bedürftige ältere Männer und Frauen, die früher bei der Firma Gilardi beschäftigt gewesen waren. Die Geiershoefer stifteten auch die Glocken für die 1933 erbaute evangelische Kirche in Allersberg.

Als Eriks Vater Otto am 11. März 1936 starb, ging die Firma in den Besitz seiner Witwe Else und deren Söhne über. Der älteste Sohn Erik wurde Geschäftsführer. Else und ihr Sohn Erik, die den Betrieb gemeinsam weiterführten, wurden in der Reichspogromnacht am 10. November 1938 frühmorgens von der Gestapo verhaftet. SA-Leute verwüsteten zudem das Gilardihaus.

Else und Erik Geiershoefer kamen in eine dreiwöchige sogenannte Schutzhaft. In dieser Zeit wurden von ihnen Vollmachten erpresst, mit denen die Kreisleitung der NSDAP die Firma Gilardi an den Weißenburger Nationalsozialisten Hermann Gutmann verkaufte. Das Gilardihaus, in dem die verwitwete Else mit Erik wohnte, wurde vorher von der Kreisleitung fast komplett geplündert.

Nach der Haftentlassung mussten Erik Geiershoefer und seine Mutter Else Allersberg binnen 48 Stunden verlassen. Sie fanden vorübergehend Zuflucht in Hamburg.

Als Erik Geiershoefer mit seiner Frau Magda und der gemeinsamen dreijährigen Tochter Susanne im April 1939 nach England auswanderte, überlegte auch die Mutter Else zu emigrieren. Doch sie harrte in Hamburg aus, in der Hoffnung auf die Wiederherstellung rechtstaatlicher Verhältnisse. Man hatte ihr bereits in Nürnberg ihr ganzes Vermögen weggenommen und sie führte nun unter Aufsicht der Gestapo ein kärgliches Leben.

Am 25. Oktober 1941 wurde Else Geiershoefer mit einem Transport in das Ghetto Lodz deportiert. Am 22. Oktober 1942 starb sie in diesem Ghetto.

Die Drahtfabrik in Allersberg wurde nach ihrer "Arisierung" innerhalb kurzer Zeit durch Hermann Gutmann in einen Rüstungsbetrieb umgewandelt, der im Krieg bis zu Hundert in Lagern untergebrachte Zwangsarbeiter beschäftigte.

Erik Geiershoefer, der die Kriegsjahre mit seiner Familie unter schwierigsten Umständen verbrachte, kehrte 1946 in sein trotz alledem geliebtes Allersberg zurück und begann mit dem Wiederaufbau der Firma Jacob Gilardi und der teilweise schwer zerstörten Gebäude. Die Wiedererrichtung des Betriebs wurde durch die Wirtschaftslage und durch gerichtliche Auseinandersetzungen mit Hermann Gutmann sehr erschwert.

Mit aller Kraft setzte sich Erik Geiershoefer auch für das Wiedererwachen des demokratischen und kulturellen Lebens in Allersberg ein. Seine politische Heimat fand er in der SPD, die er viele Jahre lang im Hilpoltsteiner Kreistag vertrat.

Erik Geiershoefer starb im Jahr 1971 und wurde an der Seite seines Vaters Otto auf dem Allersberger Friedhof beerdigt.

Robert Unterburger