Fürth
Gemeindearbeit mit Graupensuppe

In Fürth kocht der Alt-Dekan persönlich beim Stadtteilprojekt in der Kirchengemeinde

11.09.2018 | Stand 23.09.2023, 4:02 Uhr
Timo Lechner
Jeden Dienstag in der Heilig-Geist-Kirche kommen Menschen zum Mittagessen zusammen. −Foto: Lechner/epd

Fürth (epd) Ist das noch eine weitere Tafel?

Nein - seit mittlerweile acht Jahren schon funktioniert diese kulinarische Gemeindearbeit: Wie am gestrigen, so kommen in der Fürther evangelischen Heilig-Geist-Kirche jeden Dienstag unterschiedliche Menschen zum Mittagessen zusammen. Ein ehrenamtliches Team kocht. Für einen Euro erhält man ein Hauptgericht, ein Dessert und ein Getränk. Kinder essen umsonst.

Mittendrin schwenkt ein Dekan im "Unruhestand" den Kochlöffel. Im Gemeinschaftsraum mit moderner Küche wird Graupensuppe gekocht: Gerste und Gerstengraupen als Einlage, dazu Gemüse in klarer Brühe. Eine gute und günstige Spezialität, die Michael Hochstädter seit seiner Kindheit kennt und daher kredenzt. Seit er vor acht Jahren das Amtskreuz abgenommen hat, steht er in der Heilig-Geist-Gemeinde jede Woche am Herd. Damit gibt es das Stadtteilessen schon weitaus länger als so manch andere Gemeindetafel.

Im Schnitt sind es 80 Besucher auf der Fürther Hardthöhe, die alle satt werden sollen. "Des Schorschla", wie der gut gelaunte Rentner am Tisch sich nennt, ist jedenfalls zufrieden. Noch mit vollen Backen erklärt er seiner Nachbarin, dass draußen seine "Susi" steht, die sich allerdings als sein Moped und nicht als seine Freundin entpuppt.

Die Frau ihm gegenüber hat jedoch gerade andere Sorgen und schaut ratlos, als Miriam Greiner von der Diakonie Fürth glücklicherweise auf sie zukommt und ihr einen Zettel mit der Telefonnummer eines Ansprechpartners bei einer Sozialberatungsstelle zusteckt. "Tragt euch noch für die Weihnachtsfeier ein", ruft die Sozialpädagogin der Tischgesellschaft zu. Jetzt kann der fröhliche Plausch weiter gehen und "Schorschla" macht schon wieder seine Witze, wenn er sich als "Opa-Bürgermeister von Fürth" einem jungen Mädchen vorstellt.

"Das geht hier seit vielen Jahren schon so zwanglos zu. Die Menschen kommen im Kirchenraum zusammen, knüpfen neue Freundschaften, pflegen die alten", sagt Miriam Greiner. Wenn demnächst die Stadt Fürth in das bislang von Kirchengemeinde und Diakonie getragene "Geh-Hin"-Projekt auch noch finanziell mit einsteigt, wird sie die Koordinatorin sein. "Wir wollen die Leute nicht nur satt kriegen, sondern ihnen ein Stadtteil-Gefühl vermitteln. "

Zuerst wird geplaudert, ab 11 Uhr gegessen, gegen 13 Uhr können die Gäste dann ihre Drahtesel zur kostenlosen Fahrradwerkstatt bringen. Rund 5000 Euro im Jahr sind nötig, um die rund 45 Mittagstische (im August ist geschlossen) zu finanzieren. Dazu braucht es nicht nur das ehrenamtliche Engagement des runden Dutzends an Helfern, sondern auch eine gewissenhafte Planung.

"Wir geben im Durchschnitt zwischen 80 und 100 Euro pro Essen aus", sagt Günter Düthorn, der den Einkauf tätigt. Dabei achtet er auf regionale und saisonale Produkte und die aktuellen Angebote. Einmal gab es Matjes-Filet mit Schmand. "Da haben wir unser Budget etwas ausgereizt", gibt Düthorn zu. Darum muss es eben auch mal die Graupensuppe sein.

Timo Lechner