Nürnberg
Ganz nah an der Sternstunde

Großartige Show von Little Steven & The Disciples of Soul im Serenadenhof

14.08.2019 | Stand 02.12.2020, 13:17 Uhr
Nur echt mit Bandana: Little Steven. −Foto: Hertlein

Nürnberg (mht) Nennt man es eine Sternstunde des Rock 'n' Roll? Der Auftritt von Little Steven & The Disciples of Soul am Dienstagabend im ausverkauften Serenadenhof in Nürnberg, ist zumindest nicht weit davon entfernt gewesen. Mit seiner 15-köpfigen Truppe samt drei Sängerinnen zauberte Steve van Zandt, sein eigentlicher Name, einen brillanten, spannenden Abend aufs Parkett.

1975 stieg er bei Bruce Springsteen bei den Aufnahmen des dritten Albums "Born To Run" in dessen E-Street Band als festes Mitglied ein. Das war für Mister Bruce der internationale Durchbruch. Abgesehen von einer zeitweiligen Unterbrechung ist Gitarrist Little Steven in der wohl berühmtester Begleitband an der Seite Springsteens seither ein fester Bestandteil. Und dessen Aura durchwehte magisch den Serenadenhof. Kein Frage.

Obwohl der Serenadenhof bestuhl ist, halten sich die 1000 Besucher am Dienstagabend nicht lange mit dem Sitzen auf, sie stehen lieber und tanzen zwischen den Stuhlreihen. Die Ordner sind machtlos. Die Musiker kommen bunt gekleidet und mit Hüten auf die Bühne, die Sängerinnen in Hippie-Klamotten und "bewaffnet" mit farbigen Sonnenschirmen. Das außergewöhnliche Spektakel kann beginnen und endet nach zweieinhalb Stunden mit "Out of The Darkness." Ein echt fetziger Abschied von "Franconia" (Little Steven).

Eine besondere Wertschätzung gibt es für die Band am Rande des Konzerts. Elliott Landy, vor 50 Jahren offizieller Woodstock-Fotograf, steht bescheiden vor der Bühne, lichtet die Combo genüsslich ab und klatscht Beifall zwischen den Stücken. Landy weilt derzeit in Nürnberg und eröffnet an diesem Donnerstag seine Ausstellung "50th Anniversary of the Woodstock" in der Egidienkirche in Nürnberg.

Little Steven bewohnt in New York selbst eine umgebaute Kirche und den Rock 'n' Roll Spirit hat er wie Landy absolut verinnerlicht, immer gedanklich Springsteen an seine Seite. Bei "World Of Our Own" spürt man den Meister richtig auf der Bühne. Mit drei Stücken würdigt Little Steven zudem seinen Kumpel Southside Johnny und dessen Ashbury Jukes.

Neben Springsteen und Southside Johnny gehört der 68-Jährige van Zandt zu den Mitbegründern des "Sound of Asbury Park". Und van Zandt scherzt auch über Bruce. "Er ist grad in New Jersey ohne Arbeit, aber wir halten zusammen", so Little Steven. Der Typ ohne Ohrwurm-Hits, glänzt nebenbei ja auch noch als Radiomoderator in New York und als Schauspieler in den kultigen Mafia-Serien "The Sopranos" oder "Lilyhammer".

Im Serenadenhof nimmt er auch die Weltpolitik ins Visier, pendelt zwischen Patriotismus, Klimawandel und Global Playern. "Man kann seine Heimat mögen, aber gleichzeitig auch weltoffen sein", beschwört Little Steven und widmet das Stück "I'm A Patriot" der schwedischen Umwelt-Aktivistin Greta Thunberg.

Für beste Party sorgen neben Little Steven seine Sängerinnen, die mit ihrer sehr beweglichen Handarbeit nach fast drei Stunden eigentlichen Muskelkater haben müssten, aber die Strapazen locker weglächeln. Und natürlich seine exzellenten Musiker. Da kann das Auge schon mal die Übersicht verlieren. Glänzend aufeinander abgestimmt und eingespielt, liefern sie die Show neben der van Zandt-Show ab. Funk, Soul, Rock, dass es nur so raucht im Karton, gepaart mit Spielfreude, Begeisterung, Lockerheit - auch beim Zugabenteil mit "Soul Power Twist" oder "Sun City" wackeln die Wände.

Unterm Strich: Ein großartiger Abend mit einem souveränen Vollblutmusiker und Bandleader, der genug Spielraum für die Begleitmusiker übrig lässt - irgendwie schon eine Sternstunde im Schatten von Springsteen.