Hilpoltstein
Flächenfraß bereitet BN große Sorgen

Neues Verbandsheft "Die Distel" beschäftigt sich mit Allersberger Industriepark - Artenschutz als Thema

12.02.2020 | Stand 23.09.2023, 10:34 Uhr
Zum Auftakt der Unterschriftenaktion gegen das Industriegebiet in Allersberg hat sich auch der Bund Naturschutz, darunter deren Kreisvorsitzende Beate Grüner (rechts mit gestreiftem T-Shirt), gegen das Vorhaben positioniert. −Foto: Pieger

Hilpoltstein - Flächenfraß ist ein Thema, das den Bund Naturschutz seit Jahren umtreibt.

An Brisanz gewinnt das Thema durch den Plan des Allersberger Bürgermeisters, an der Autobahn den Handelsriesen Amazon anzusiedeln. "Das geht gar nicht", sagt die Kreisvorsitzende Beate Grüner. Der Kampf der Naturschützer gegen dieses aus ihrer Sicht umweltschädliche Mammutprojekt ist als Titelgeschichte in der jüngsten "Distel" nachzulesen.

Das neueste Verbandsheft, das die Aktivitäten des Bundes Naturschutz im Landkreis Roth widerspiegelt, ist in einer Auflage von 2600 Stück erschienen. Es wendet sich nicht nur an seine Mitglieder, sondern an alle, die am Umweltschutz interessiert sind, betont BN-Kreisgeschäftsführer Richard Radle. Die Themen reichen von Artenschutz über Ausflüge beim Biobauern und Terminübersichten bis hin zu politischen Aktionen. Denn so kann man den Einsatz des BN für den Erhalt von Flächen bei Allersberg getrost bezeichnen.

Beate Grüner befürchtet, dass die Allersberger mit der Ansiedlung eines großen Logistikers einen Fehler begehen, der kaum wieder gut zu machen ist. "Sie sehen in erster Linie die Euros, sind sich aber der Konsequenzen kaum bewusst. " Die indessen seien gravierend. Das fange an mit Lärm, Abgasen und Staus, den zusätzlicher Verkehr unweigerlich nach sich ziehe und höre mit der Flächenversiegelung noch lange nicht auf. Mehr als 33 Hektar sollen für einen neuen Industriestandort geopfert werden. Zudem liege das Areal "direkt am Trinkwasserschutzgebiet, das 140000 Menschen versorgt", fügt Stefan Pieger, stellvertretender Kreisvorsitzender hinzu.

Zudem lebe dort eine Reihe von geschützten Tierarten, die Feldlerche, der Neuntöter, die Dorngrasmücke, die Goldammer und auch der dunkle Ameisenbläuling, eine seltene Schmetterlingsart, die sich - vom ebenfalls seltenen - großen Wiesenknopf ernährt. "Der Ameisenbläuling ist europaweit geschützt", unterstreicht der Biotopbeauftragte Karl-Heinz Donth.

Ganz abgesehen davon, dass man nicht nachvollziehen könne, warum sich Allersberg mit diesem Projekt in die Hand eines Logistikentwicklers begebe, der vom Singapur-Staatsfonds geschluckt wurde. Aus diesen Gründen unterstützt der BN die Bürgerinitiative in Allersberg, die gegen einen überdimensionierten Industriepark kämpft. "Wir halten den Flächenverbrauch in ganz Franken und auch im Landkreis Roth für zu hoch", kritisiert Pieger.

Das zweite große Thema in dem Heft, das auch im Landratsamt und in Rathäusern aufliegt, ist der Artenschutz. Und der ist eng verzahnt mit dem Flächenfraß. Denn an dem schützenswerten Ameisenbläuling und seiner spezialisierten Lebensweise könne man ablesen, wie abhängig manche Arten von bestimmten Lebensumständen seien, erklärt Karl-Heinz Donth. In lokal sehr eng begrenztem Gebiet kommt auch die Gredinger Mehlbeere vor. Der Biologe hat ihr in der "Distel" zwei Seiten gewidmet. Diese Mehlbeere ist tatsächlich nach der Stadt Greding benannt, denn nur dort und im Ortsteil Mettendorf wächst dieser strauchige Baum, der weiße Blüten und später orangerote Früchte trägt. "Die genannten Orte gelten als die einzigen Standorte weltweit für diese extrem seltene Pflanzenart", erklärt Donth. "Und sie ist gefährdet. " Genauso wie der Ameisenbläuling.

Ausführlich berichtet wird auch über ein Seminar für Artenschützer unter dem Motto "Blühflächen zum Kennenlernen". An zwei Tagen haben sich Naturschützer sowie Vertreter von Gemeinden und Parteien getroffen, um sich über Blühflächen zu informieren. Diese sollen helfen, den Artenrückgang zu bremsen. Nach Ansicht von Donth kann jeder Gartenbesitzer selbst etwas tun: auf Düngen und Pestizide verzichten, wilde Ecken mit Bäumen, Holz und Steinen einrichten und am besten große Flächen gänzlich unberührt lassen. "Weniger ist mehr", fügt Beate Grüner hinzu. Allerdings brauche man Geduld, es dauere Jahre, bis sich seltene Arten im einst über Gebühr gepflegten Garten wieder wohlfühlten.

Grüner legt jedem noch einen Vortrag am Mittwoch, 18. März, um 19.30 Uhr im Amt für Landwirtschaft ans Herz. Dort wird Ralf Straußberger über das Waldsterben und den Klimaschutz sprechen. Die Diskussionen über den Klimaschutz und Aktionen wie "Fridays for Future" machen sich im Übrigen auch beim Bund Naturschutz bemerkbar. "Bayernweit ist der Zulauf beim Bund Naturschutz sehr groß und auch wir haben mehr Mitglieder bei den Jüngeren", berichtet Grüner. "Das Interesse wächst. "

HK

Monika Meyer