Heideck
Paddeln im römischen Patrouillenboot

Attraktion beim Fitnesstag am Rothsee - Projekt der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

07.05.2019 | Stand 02.12.2020, 14:02 Uhr
Nach der Jungfernfahrt 2018 auf dem Main-Donau-Kanal ist das nachgebaute Römerboot "Fridericiana Alexandrina Navis" am kommenden Sonntag erstmals auf dem Rothsee unterwegs. −Foto: FAU Erlangen-Nürnberg

Heideck (sfi) Anlässlich des Fitnesstages am kommenden Sonntag dreht ein römisches Ruderboot am Rothsee seine Runden.

Besucher können sich den zwei Tonnen schweren Nachbau nicht nur aus der Nähe ansehen, sondern auch selbst auf den Ruderbänken Platz nehmen.

Der Nachbau eines antiken Patrouillenbootes stammt aus einem Projekt zum 275-jährigen Bestehen der Friedrich-Alexander-Universität (FAU) Erlangen-Nürnberg. Schon 2016 begann die Gruppe um den Geschichtsprofessor Boris Dreyer mit den Planungen. Aus Eichen, Kiefern und Fichten - gestiftet von den Bayerischen Staatsforsten - entstanden Planken, Kiel und Mast. Unterstützt wurde das Team auch von einem professionellen Bootsbauer.

Bei dem groß angelegten Projekt handelte es sich aber nicht nur um ein interessantes Abenteuer. Mit dem Bau des Ruderbootes in Originalgröße wollten Dreyer und sein Forscherteam neue Erkenntnisse über die Einsatzmöglichkeiten und die Beschaffenheiten des antiken Schiffs herausfinden. So galt es unter anderem zu erkunden, welches Segel die alten Römer damals wohl benutzten, wie schnell und wie lange ein solches Ruderboot fahren konnte, und wie lang die Ruder zur idealen Fortbewegung sein müssen. Und all das möglichst unter den Bedingungen wie früher. "Das ist sehr schwer", sagt Dreyer. So waren die Römer im Durchschnitt rund 20 Zentimeter kleiner als die Menschen heute. Auch so etwas muss bei der Forschung berücksichtigt werden.

Als Vorbild dienten zwei Militärschiffe aus der Zeit um 100 nach Christus. Archäologen entdeckten sie 1986 in einem Nebenfluss der Donau bei Ingolstadt. Die alten Römer nutzten die Patrouillenboote, um Botschaften schnell zu übermitteln und Transportschiffe abzusichern. Für Dreyer war und ist die Entwicklung des 16-Meter langen Ruderbootes vor allem eine wunderbare Gelegenheit, Geschichte erlebbar zu machen. "Das ist Lehren mit einem ganz neuen Verständnis", schwärmt der Professor.

Viel Beachtung findet das Boot bestimmt auch am kommenden Sonntag am Rothsee. Anlässlich des Fitnesstages wird das Boot dort zu Wasser gelassen. Für die Bootsbauer hat der 12. Mai übrigens eine ganz besondere Bedeutung. Auf den Tag genau ein Jahr zuvor tauften die Macher das Ruderboot am Steg der Erlanger Wanderrudergesellschaft Franken auf den Namen "Fridericiana Alexandrina Navis". Danach folgte die Jungfernfahrt auf dem Main-Donau-Kanal. Im vergangenen Jahr ging es sogar bis zum Schwarzen Meer. Mit mehreren Zwischenstopps ruderte die Mannschaft von Professor Boris Dreyer die lange Strecke von Ingolstadt bis zur Mündung ins Schwarze Meer bei Rumänien.

Nach den Sommermonaten wurde das Schiff in einer Scheune in Arberg bei Gunzenhausen eingelagert. Eine kleine Gruppe von Studierenden kümmerte sich dort in den vergangenen Monaten um die Renovierung. Die Farbe wurde komplett erneuert und kleine Schäden behoben. Am kommenden Sonntag bekommt die Öffentlichkeit das Boot erstmals in neuer Farbenpracht zu sehen.

Die Auffrischung sei gar nicht so leicht gewesen, sagt Christof Schindler. Der Rother studiert Geschichte im sechsten Semester an der FAU Erlangen-Nürnberg und gehörte zu denen, die das 16 Meter lange Schiff auf Vordermann gebracht haben. "Das Boot hat gerade so in die Scheune gepasst, da war das Arbeiten sehr schwierig", sagt Schindler. Der Lagerort hat noch einen weiteren Nachteil. Weil die Scheune zu weit weg vom Wasser steht und nicht direkt an eine Straße angebunden ist, gestaltet sich der Transport äußert schwierig. Auch deshalb ist die Gruppe auf der Suche nach einem neuen Stellplatz.

Einen Ort am Rothsee hält Dreyer für besonders geeignet. Nicht nur wegen der besseren Anbindung zum Wasser. Selbst in den Wintermonaten lasse sich aus dem Boot einiges machen. "Man könnte dort sogar Workshops veranstalten", sagt Dreyer. Schulklassen oder Feriengruppen könnten so viele interessante Dinge über die Seefahrt und das Leben der Römer kennenlernen oder bei kleineren Reparaturen mithelfen. Das Boot kann sogar als erweitertes Klassenzimmer für den ein oder anderen Schulausflug dienen. Es ist begehbar und die Ruderbänke eignen sich hervorragend als Werkbänke, so Dreyer.

Zunächst einmal darf das römische Ruderboot aber am Sonntag seine Runden auf dem Rothsee drehen, worauf sich Dreyer und seine Studenten schon freuen. Christof Schindler kann sich noch gut an seine erste Fahrt erinnern. "Es ist unglaublich anstrengend, gerade bei Gegenwind", sagt der Rother. Aber wenn erst einmal alle im gleichen Rhythmus rudern und das Schiff Fahrt aufnimmt, sei es "ein erhabenes Gefühl" - und eine willkommene Ablenkung zum Theorieunterricht.