Heideck
Über Presssackdiebe und Spätheimkehrer

Beim Heidecker Erzählcafé teilen die Besucher ihre lustigsten Faschingserlebnisse miteinander

19.02.2019 | Stand 23.09.2023, 6:00 Uhr
Ausgelassenes Faschingstreiben in Heideck: Eine Modenschau amüsiert 1990 beim Feuerwehrball die Zuschauer (oben). Der zweite Heidecker Faschingszug 1952 war ein großer Erfolg (links). Georg Hafner empfängt beim Erzählcafé das Heidecker Kinderprinzenpaar Luisa I. und Jakob II. sowie die Organisatorin Elfriede Hatzak (rechts). −Foto: Peschke

Heideck (HK) Beim Heidecker Erzählcafé haben sich die Besucher an die Zeit erinnert, als Heideck die Faschingshochburg im Landkreis Hilpoltstein war. Geschichten über die Faschingsbälle der Vereine, Prinzenpaare und das bunte Maskentreiben am Unsinnigen Donnerstag brachten die Zuhörer zum Schmunzeln und Lachen. Georg Hafner freute sich, dass viele Besucher maskiert gekommen waren.

Bereits 1951 hatte der erste Heidecker Faschingszug stattgefunden, mit diesem Hinweis eröffnete Richard Böhm die Erzählrunde. Der Umzug wurde vom Fremdenverkehrsverein (FVV) mit dem damaligen Vorsitzenden Josef Gaus unter Beteiligung aller Heidecker Vereine organisiert. Schon ein Jahr später beschlossen die Heidecker, ein Faschingsprinzenpaar zu wählen, das sich beim zweiten Faschingszug am 26. Februar 1952 im Prinzenwagen präsentierte. Es beteiligten sich damals 20 Wagen und 41 Fußgruppen. Um die zweitausend Menschen sollen nach Heideck gekommen sein und es wurde berichtet, dass der Heidecker Faschingszug nach Nürnberg damals der zweitgrößte in Mittelfranken gewesen sei.

Die feierliche Inthronisierung des ersten Heidecker Prinzenpaars fand auf dem Faschingsball des FVV in der Brauereigaststätte Barth statt. Andreas Gröber wurde zum Prinzen Andreas I. ernannt. Seine "Gemahlin auf Zeit" war Anna Kleesattl (Brüchle), die als Prinzessin Anni Sattl von Klee erstmals in Heideck für blaues Narrenblut sorgte und im Erzählcafé persönlich anwesend war.

An dieser Stelle wurden die Erzählungen unterbrochen durch den Auftritt des Heidecker Kinderprinzenpaares Michael I. und Luisa I., die mit dem Ruf "Rot - Weiß - Blau - Heideck Helau", einer perfekt vorgetragenen Rede und mit dem Prinzentanz glänzten. Für ihre Vorstellung erhielten sie viel Beifall. Elfriede Hatzak, die das Heidecker Kinderprinzenpaar schon seit 34 Jahren betreut, wies darauf hin, dass für den erkrankten Prinz Michael I. dessen jüngerer Bruder als Jakob II. eingesprungen sei, denn er habe bei den Proben alles bestens mitgelernt und konnte deshalb problemlos den Kinderprinz ersetzen.

Danach erzählte Roland Schütz, wie er 1961 als Prinz ausgewählt worden war. Er sei von Gerhard Schneider, Heinrich Ring, Benno Eckert und Franz Holzschuh vom Heimatverein aus dem Kino beim "Bartschneider" geholt und so lange "bearbeitet" worden, bis er "Ja" gesagt habe. Seine einzige Bedingung sei damals gewesen: "Meine Prinzessin suche ich mir selbst aus!"

Die ersten Schritte auf "Freiersfüßen" führten ihn zu Helga Kraus, die er mit seinem Charme zu überzeugen wusste und von der er das "Ja-Wort" als Prinzessin bekam. Dass sie sich drei Jahre später auch das Jawort vor dem Pfarrer und Standesbeamten gaben, passierte in der Folge auch anderen Prinzenpaaren. Roland Schütz trug auch seine 1961 gehaltene Thronrede vor, mit der er spritzig und voll Humor sein Volk zum Frohsinn während seiner Herrschaft aufgerufen hatte.

Bruno Herzog erzählte, dass er 1964 und 1979 mit seiner Frau Rosalinde das Vergnügen hatte, gleich zweimal das Heidecker Prinzenpaar zu stellen. "Es war eine schöne Zeit, die wir nie bereut haben." Wenn er die Amtszeiten miteinander vergleiche, sei 1964 ein "Volltreffer" gewesen, weil die Menschen damals noch eine andere Einstellung zum Fasching gehabt hätten.

Zum Fasching 1979 erzählte er, dass sie mit zahlreichen Freunden auf einem Lastwagen von Hermann Krätzer zum Allersberger Faschingszug gefahren seien. Die Leute hätten beim Festzug auf der Ladefläche so arg geschunkelt und gehüpft, dass sie mit einem Achsenbruch nach Hause kamen. Er erinnerte auch an die Mahnung seiner Schwiegermutter: "Auch wenn ihr spät nach Hause kommt, dann ist am Sonntag früh trotzdem der Kirchgang eine Pflicht."

Gertrud Peschke erzählte, dass sie im Fasching 1963 und 1964 mit ihren Schwestern Renate und Marianne mit Akkordeon, Schlagzeug und Klarinette als "Höfner-Sisters" manchmal auf den Kappenabenden im Café und in den Gaststätten musiziert habe. Das sei damals eine tolle Sache gewesen, weil man sich mit dem Musizieren erstmals etwas Taschengeld - 40 D-Mark pro Abend - verdienen konnte.

Es wurde auch über das Treiben der "Maschkerer" am Weiberfasching erzählt. Gertrud Peschke erinnerte sich, dass sie einmal mit anderen Frauen als Maschkerer unterwegs war. Ihr Mann Maximilian habe sich heimlich ebenfalls als Maschkerer verkleidet, sei von seiner Frau aber nicht erkannt worden, weil er mit ihr absichtlich schlecht getanzt habe und ihr immer wieder auf die Füße gestiegen sei. Bei der nächsten Aufforderung zum Tanz rief sie: "Oh Gott, jetzt kommt der ,Stolperer' schon wieder!"

Im Erzählcafé wurde viel über das einst so reiche Angebot an Faschingsbällen und Kappenabenden der Vereine gesprochen. So fanden einst 14 Faschingsbälle in der Stadthalle statt, darunter waren immer der Stadtball als Schwarz-Weiß-Ball sowie die legendären Feuerwehrbälle mit Schwanenballett und Modenschauen, der TSV-Ball oder der Metaxa-Ball.

Es wurde auch von ungezählten Kappenabenden in den vielen Wirtschaften erzählt. Andreas Meier erinnerte sich, dass nach dem Krieg so viele Leute in den Saal des Gasthofs Lindwurm zum Tanz kamen, dass wegen der Statik abwechselnd immer nur die rechte oder die linke Seite tanzen durfte. Bruno Herzog erzählte, dass man früher schon ab 17 Uhr in der Stadthalle anwesend sein musste, um einen Platz zu ergattern. Es habe damals keinen Ball gegeben, der nicht komplett ausgebucht war.

Die Musikkapellen mussten langfristig engagiert werden und spielten in der Regel bis 2 Uhr. Oft sammelten die Ballbesucher Geld ein, damit die Band noch bis 5 Uhr weiterspielte. Richard Böhm erinnerte sich, dass beim Ball der Feuerwehr einmal ein von Rita Steib aufgestelltes sogenanntes Männerballett auftrat, das eine grandiose Performance zeigte.

Es wurde auch erzählt, dass Rita Steib auf einem Kappenabend sagte, dass sie geschlachtet haben und ein wunderbarer Presssack in ihrer Speis hänge. Heimlich habe man zu Hause "nachgeschaut" und den Presssack über das offene Fenster aus der Speisekammer geangelt und diesen zum Kappenabend gebracht, wo er gleich verzehrt wurde. Rita Steib soll damals gesagt haben: "Mei, schaut der Presssack gut aus, fast so schön wie unserer!"

Dass der Apotheker Walter Müller ein feuchtfröhlicher "Spätheimkehrer" war, wussten noch viele. Er habe nach durchzechter Nacht einmal nicht richtig nach Hause gefunden und in einen fremden Briefkasten gelangt. Als er seine Hand nicht mehr herausbrachte, habe er um Hilfe gerufen, musste aber bis in der Frühe warten, um erlöst zu werden.

Georg Hafner brachte den einst beliebten Zufallswalzer ins Gespräch, bei dem es Experten durch "rechtzeitiges Bremsen oder Beschleunigen" immer gelang, bei der Dame ihrer Wahl zu stehen.

Richard Böhm erzählte, dass beim Kappenabend des Gesangsvereins im Gasthof Lindwurm seit 1967 die "Lindwurmspatzen" die besonderen Vorkommnisse in der Stadt mit bekannten Schlagermelodien zum Besten gaben. Das achtköpfige Ensemble sei später auch beim Ball des Gesangsvereins in der Stadthalle aufgetreten. Schon Wochen vorher sei dieser Ball ausgebucht gewesen, weil man nur dort die kabarettreife Präsentation besonderer Vorkommnisse der Stadt Heideck hören konnte.

Die Texte kamen von Lorenz Winter und Franz Österreicher und wurden auf bekannte Schlagermelodien abgestimmt, die von Klaus-Rüdiger Mommers ausgewählt wurden. Als Mommers in Oslo seinen Militärdienst absolvierte, habe Lorenz Winter ihm die Texte am Telefon vorgelesen. Mommers habe dann die Melodien ausgewählt und diese am Telefon Lorenz Winter vorgesungen. Lorenz Winter hatte die Fähigkeit, alle Lieder im Ohr zu behalten und diese dann auswendig am Gesangvereinsball am Piano zu spielen. Erika Österreicher wies darauf hin, dass es ein Buch gebe, in dem alle Texte der Lindwurmspatzen veröffentlicht wurden.

"Schäfer und Hirten in Heideck" lautet das Thema des nächsten Erzählcafés in Heideck am Donnerstag, 14. März, im Bürgersaal des Rathauses.

Maximilian Peschke