Heideck
Eisstöcke mit Mascherl und Gleiter mit Orcherla

Heidecker Wäschweiher war in der Winterzeit ein beliebter Treffpunkt - Skihang in Rudletzholz lockte vor allem Kinder

18.01.2019 | Stand 23.09.2023, 5:40 Uhr
Max Peschke
Ein Bild aus den Jahren um 1990 beweist, dass sich schon damals Eisstockschützen auf dem Heidecker Wäschweiher trafen. −Foto: Peschke

Heideck (HK) Um Geschichten rund um das Eisstockschießen und Schlittschuhfahren auf dem Heidecker Wäschweiher sowie um das Ski- und Schlittenfahren auf den Anhöhen rund um Heideck ist es beim ersten Erzählcafé des neuen Jahres im Bürgersaal Heideck gegangen.

Georg Hafner freute sich nicht nur über das wieder gut besuchte Erzählcafé sondern hatte zum Thema Wintersport in Heideck eine ansehnliche Sammlung alter Skier, etliche ausgediente, gedrechselte Eisstöcke, einen Schlitten und uralte Schlittschuhe mitgebracht.

Bei den Erzählungen zum Eisstockschießen auf dem Heidecker Wäschweiher erinnerten sich viele Besucher an die Namen der Cracks, die sich einst diesem Volkssport widmeten. Aber auch an die Männer, die sich auf das Eis wagten, um die Tragfähigkeit zu testen. Dabei ist immer wieder mal einer eingebrochen, sagte Karl Wechsler, der sich an ein "Vollbad" von Mike Gruner erinnerte, der seinen Stock zu weit auf den Weiher schob und dann beim Holen einkrachte.

An dem Nachmittag wurde zudem erzählt, wer schon in den 50er Jahren mit zur "Creme" der Heidecker Stockschützen zählte. Das waren vor allem Georg Bauer, Josef Ramsenthaler, der Hubert "Boder", Josef Leitner, Sepp und Georg Forster (Hackerler), Franz und Hans Köstler, Otto Schmidt, Georg Nimmerichter, Sepp Mosberger, Willibald Kleesattl und Karl Wechsler. Es waren meist so viele Eisstockschützen, dass man zwei Bahnen brauchte, erinnerte sich Karl Wechsler. Die Bahnen mussten zuvor mit Schieber und Besen vom Schnee befreit werden. Es habe "Spezialisten" gegeben, die exakt nach der Räumung der Bahn zum Eisstockschießen erschienen.

Er wusste auch noch, dass man nach der Währungsreform 1948 um ein "Fünferla" spielte, was damals keine Münze sondern ein Geldschein war. Den ersten Stock "masseln" musste meist der, der beim Schlagen eines Stockes am wenigsten getroffen hat. Geschoben wurde in den 50er Jahren ausschließlich mit handgedrechselten Holzstöcken aus Kirschenholz, die vom Schwarzwanger-Löw- oder Tretterschmied mit einem Eisenring versehen wurden. Wenn ein Stock "geranzt" (gebremst) hat, brachte man ihn zum Schmied, der den Ring wieder geläufig machte.

Nach einem verlorenen Spiel sei es üblich gewesen, eine "Revanche" zum doppelten Einsatz zu spielen. Häufig sei die Revanche so oft gespielt worden, bis die "Richtigen" gewonnen hatten. Es wurde schon damals auch nachts geschoben, dafür wurde bis vom Fürsichschuppen ein Stromkabel verlegt. Damit man wusste, wer zur Mannschaft gehörte, musste man am Eisstock ein handgestricktes oder gehäckeltes "Maschler" über den Eisstockstiel stülpen. Erzählt wurde, dass der Eisstock früher manchmal auch als Christbaumständer diente, in dem man den Stiel herausnahm und den Christbaum hineinsteckte.

Maximilian Peschke erzählte, dass sich Ernst Fürsich einmal einen modernen Eisstock ausgeliehen hatte, um ihn auszuprobieren. Als er zum Wäschweiher kam und dort noch keine Eisstockschützen waren, habe er den Eisstock am Weiher in den Schnee gestellt und ging zum Füttern seiner Tauben. Nachdem sich etliche Eisstockschützen auf dem Eis einschoben, kam er hinzu, konnte jedoch seinen Eisstock nicht finden. Seine Frage: "Ihr Hundsgrüppl, wo habt ihr meinen Eisstock versteckt?" half nichts, der Eisstock blieb verschwunden. Er tauchte erst ein paar Tage später wieder auf, nachdem über den verschwundenen Eisstock in der Zeitung berichtet wurde. Diesen Bericht hatte eine Frau gelesen, die sich gewundert hatte, als ihr Bub einen Eisstock mit nach Hause brachte, weil dieser glaubte, dass der Eisstock kaputt war und ihn niemand mehr brauchte.

Auf dem Wäschweiher waren im Winter auch das Schlittschuhfahren und das Eishockeyspiel angesagt. Schlittschuhe waren damals die "Absatzreißer" genannten Eisgleiter, die man mit einem "Orcherla" an die Winterschuhe schraubte und dabei so mancher Absatz unter der Belastung nachgab. Dann musste man zum Förschl- und Fiegl-Schuster gehen, um die Schuhe reparieren zu lassen. Richard Böhm erzählte, dass er sich 1965 Eiskunstlaufschuhe kaufte und damit das Schlittschuhfahren wesentlich mehr Spaß machte. Während die Mädchen mehr den Eiskunstlauf pflegten, spielten die Buben stundenlang Eishockey. Die Buben, die noch keine Schlittschuhe hatten, spielten einfach zu Fuß mit.

Großer Beliebtheit erfreute sich das Schlittenfahren auf den angesagten Hängen rund um Heideck. So fuhren die Kinder mit dem Einsitzer oder Doppelsitzer früher von Schloss Kreuth aus hinunter bis zum Anwesen Kleesattl am Wäschweiher. Auch am Abelesbuck und am Kapplesberg tummelten sich die Schlittenfahrer, wo noch heute und am Rudletzholzer Skihang das Winter-sportfest der Volksschule stattfindet. Vor dem Bau der Volksschule war es auch möglich, vom Mändelskeller aus bis zur Höfenerstraße mit dem Schlitten durchzufahren. Helga Ebner erzählte, dass dort bei einer rasanten Fahrt über eine Schanze ihr Schlitten zerbrach, der als Brennholz entsorgt werden musste.

Karl Wechsler erinnerte sich, dass früher einmal von der Rudletzholzer Straße aus Skifahrer hinunter ins Tal gefahren sind. Er habe dort Maximilian Peschke einmal auf seinen Skiern "hinunterwedeln" sehen und sich gewundert, dass auch Heidecker Skifahren können. Peschke bestätigte das. Man sei dort um 1972, also noch geraume Zeit vor der Gründung des Skiclubs Heideck im Jahr 1978, Ski gefahren. Damals habe Georg Krämer und sein Sohn Georg einen alten Traktor mit einer Seilwinde versehen. Damit konnte man etwa acht Skifahrer nach oben ziehen. Einer musste dann mit dem Seil nach unten fahren, damit weitere Skifahrer wieder nach oben gezogen werden konnten. Als sich einmal mehr als ein Dutzend Skifahrer abschleppen ließen, sei das Seil gerissen und der Liftbetrieb wurde eingestellt.

Damals sei, so Peschke, der Gedanke an den Bau eines Skiliftes am Gegenhang aufgekommen. Mit der Gründung des Skiclubs Heideck im Jahr 1978 ist ein Wintersportverein entstanden, dem einmal mehr als 600 Mitglieder angehörten. Das erste Projekt des Skiclubs sei ein "Rucksacklift" gewesen, der vielen Kindern das Skifahren ermöglichte, bevor der Bau eines Skilifts mit Skihütte im Jahr 1985 realisiert wurde. Bei entsprechender Schneelage veranstaltete der Skiclub mehrfach Kinderskitage mit rund 80 Teilnehmern und bot Parallelslaloms und Skikurse an.

Karl Wechsler erzählte, dass der Heidecker Holzhändler Paul Ramsteck einmal von ihm einen riesigen Eschenstamm gekauft habe. Aus diesem Holz wurden Skier gefertigt. Er habe davon ein Paar Ski bekommen, die er noch heute besitze. Richard Böhm erzählte, dass er in den 80er Jahren mit seinem Sohn Wilfried schon ins Gebirge gefahren sei. Skiclubvorsitzender Jakob Buckenlei habe ihm damals geraten, neue Skier zu kaufen. Dank eines Skipflegekurses habe er jedoch Wilfrieds alte Skier so gut präpariert, dass er 1983 als 18-Jähriger Clubmeister im Skiclub geworden ist. Böhm erinnerte auch an den Schulübungsleiter alpin Franz Österreicher, der früher für den ganzen Landkreis Roth den Lehrkräften und Schülern das Skifahren zeigte.

Das nächste Erzählcafé ist am Donnerstag, 14. Februar, um 15.30 Uhr. Die Teilnehmer sollen maskiert erscheinen: das Thema ist Faschingsbräuche.

Maximilian Peschke