Nürnberg
Einsatz für die "Face-to-Face-Kommunikation"

Während Messen in Deutschland am Boden liegen, versucht Wolfgang Gößwein seine Firma in Amerika am Laufen zu halten

16.05.2021 | Stand 23.09.2023, 18:38 Uhr
Den USA nicht den Rücken zukehren: Auch während der Pandemie fliegt Gößwein regelmäßig nach Las Vegas. −Foto: privat

Nürnberg - Wolfgang Gößwein ist ein alter Hase in der Welt der Messen.

Seit Jahrzehnten fliegt der 65-Jährige um den Globus, um deutsche Exportschlager im Ausland ins rechte Licht zu setzen. Seit dem Ausbruch der Pandemie macht sich der Messe-Fachmann ernste Sorgen um seine Branche. Leidenschaftlich setzt sich der Franke für den Erhalt der "Face-to-Face-Kommunikation" ein.

Die wirklichen Vorteile bayerischer Exportschlager müssten den Kunden persönlich und nicht nur virtuell erklärt werden, findet Gößwein und erinnert daran, dass die Messe- und Eventlandschaft als allererste Branche von Corona voll getroffen und komplett in die Krise gerauscht sei. Manche würden behaupten, dass die Veranstaltungsbranche auch am längsten unter den Folgen der Corona-Pandemie leiden wird. "Wann wird der Re-Start möglich sein? ", fragt sich Gößwein und befürchtet, dass es viele Messe-Betriebe bald nicht mehr geben wird.

Dabei würden Unternehmen in der Region sehnsüchtig darauf warten, neue Produkte auf "echten" Messen wieder hautnah präsentieren zu können. "Alle virtuellen Messe-Versuche der letzten Zeit haben es nicht wirklich geschafft, Neuheiten erfolgreich in die entsprechenden Märkte zu bringen", erklärt Gößwein und berichtet, dass sich zuletzt besonders viele Produktpiraten auf den virtuellen "Corona-Messen" getummelt hätten.

In einem "Offenen Brief" an Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat Gößwein nicht nur vor den Folgen für die Messe-Wirtschaft gewarnt. Besonders die erfolgreichen Mittelständler hätten ein Vertriebsproblem durch den Ausfall der Messen. Bunte Werbevideos könnten auch "Billighersteller" drehen, warnt Gößwein. Die bayerische Wirtschaft könne sich nur im direkten Kontakt mit den Kunden gegenüber den günstigen Mitbewerbern durchsetzen. Ohne die weltweiten Fachveranstaltungen mit den Möglichkeiten zum Anfassen würden die Vorteile der besseren aber teureren Produkte aus heimischer Herstellung im digitalen Rauschen des Virtuellen verwischen.

Die zwischenmenschliche Kommunikation sei für den wirtschaftlichen Erfolg der Industrie nach wie vor wichtig, so Gößwein. Videokonferenzen seien "austauschbar und nicht vertrauensbildend". Bei digitalen Meetings gehe mit der Körpersprache ein wichtiger Teil der nonverbalen Kommunikation verloren. "Vertrauen ergibt sich nur von Angesicht zu Angesicht in Live-3D und nicht über Video. "

Der internationale Flugverkehr ist für Gößwein der "wohl mit Abstand wichtigste Faktor" beim erhofften Re-Start der globalen Messe-Landschaft ist. "Messen werden nur dann wieder mit dem gleichen Erfolg wie vor der Pandemie stattfinden können, wenn das Reisen von internationalen Ausstellern und Besuchern zwischen allen Ländern wieder einfach und sicher möglich sein wird. " Schon immer sei er vom Albrecht-Dürer-Airport in die Welt gestartet - in normalen Jahren fast jeden Monat nach Amerika. Auch in der Pandemie habe er den Staaten nicht plötzlich den Rücken zukehren können und sei regelmäßig nach Las Vegas geflogen.

In der Wüstenstadt unterhält Gößwein ein ganzes Lager mit Hightech-Equipment für den perfekten Messeauftritt, das Gößwein nicht die ganzen Monate unbeobachtet lassen konnte. Außerdem habe er die wichtigen Kontakte vor Ort nicht vernachlässigen können. Ohne die Atlantikflüge von Nürnberg in die Welt wäre Gößwein das sicher kaum so gut gelungen. Mit Maske über der Nase und Covid-Test in der Tasche habe er sich auch auf den Langstreckenflügen sicher und geborgen gefühlt. Umso mehr freut sich Gößwein, dass das Messe-Geschäft in Amerika im Juni wieder losgehen soll.

In der fränkischen Heimat würden die Perspektiven am Messe-Horizont dagegen noch relativ düster aussehen. Erst kürzlich haben sich die Fraktionsspitzen aus dem Stadtrat mit der Nürnberger Messegesellschaft zu einem Strategieworkshop getroffen, um anstehende Aufgaben wie die Standortsicherung und das Feilen an einer Öffnungsperspektive zu besprechen. Nicht nur im Rathaus dürften sie hoffen, dass Nürnberg als internationaler Messeplatz bald wieder durchstarten kann. Auch Flughafen-Chef Michael Hupe hat kürzlich bei der Vorstellung der tiefroten Bilanz erst wieder deutlich gemacht, wie wichtig die Nürnberger-Messe für das Wohlergehen des Dürer-Airport ist. Immerhin spülen die fränkischen Messehallen in coronafreien Zeiten jährlich mehr als eine Milliarde Euro in Stadt und Metropolregion.

HK

Nikolas Pelke