Roth
Einblicke in die fränkische Seele

Liedermacher Wolfgang Buck gastiert mit Doppelkonzert in der Rother Kulturfabrik

04.10.2020 | Stand 02.12.2020, 10:26 Uhr
Wolfgang Buck im Doppelpack: Gleich zwei ausverkaufte Auftritte feiert der fränkische Liedermacher in der Kulturfabrik. −Foto: Tschapka

Roth - "Iech wär dann do!", verkündete der fränkische Kabarettist und Liedermacher Wolfgang Buck gut gelaunt zu Beginn seines Auftritts in der Kulturfabrik. Das wurde auch Zeit. Denn eigentlich hätte dieser schon Mitte März sein sollen, aber der Corona-Lockdown machte ihm einen Strich durch die Rechnung. Außerdem heißt sein Programm auch "Iech wär dann do!", und er war dann sogar zweimal "do", denn da im Frühling bereits mehr als 200 Karten verkauft worden waren und soviel wegen der Coronabeschränkungen auf einmal nicht in den Saal dürfen, gastierte er sowohl am Freitag- als auch am Samstagabend vor jeweils rund 100 Gästen in der Kufa.

Man merkte es Buck an, dass er früher Pfarrer war. 14 Jahre predigte er in Trabelsdorf bei Bamberg, ehe er sich dann doch auf seine Liedermacherkarriere konzentrierte. Seine humane Weltsicht ist ihn geblieben, was sich in seinen Liedern widerspiegelt. "Ned sparen" hieß das erste Stück, ned sparen an Kaffee, Schokolade und Zuversicht, denn Geiz sei schließlich das traurigste auf der Welt.

An Applaus sparte das Publikum dann auch nicht gerade. Kein Wunder, denn Buck erwies sich an der Gitarre als recht versierter Fingerpicker. Trotzdem sind es wohl vor allem die feinfühligen Texte, die Wolfgang Buck so interessant machen. Oder sagen wir lieber "Dexde", denn alle seine Lieder werden in überaus breitem fränkischen Dialekt vorgetragen. "Eigentlich ist es ja eine Katastrophe, wenn ein Franke den Mund aufmacht - ich jedenfalls geniere mich immer, wenn ich Wörter wie Babberdeggl sage", berichtete Buck über seine Erfahrung als Franke in anderen Regionen Deutschlands. "Aber trotzdem sollte man nicht den Fehler machen, aus der Verunsicherung heraus Hochdeutsch zu reden." Denn meistens würde man dann die "harten" und die "weichen" Buchstaben verwechseln und die Endsilben überbetonen, "so dass man sich letztendlich komplett zum Idioten macht".

Also lieber so reden (und singen), wie einem der Schnabel gewachsen ist. Das tut Buck leidenschaftlich gerne und bringt dabei auch deutlich seine grundsätzliche Haltung zum Ausdruck. Zum Beispiel die zur fränkischen Küche, die zwar die "Adibosidas" fördern würde, aber "wachsen geht halt nur mit gegrillten Haxen", hieß es in dem Lied "Dir schmeckt's ned", das, wie Buck sagte, eigentlich von seiner Oma stammen könnte, "denn die wollte uns Kindern das Essen auch immer nur neidrücken - und was hat's brachd?".

Aber auch seine weltoffene Haltung brachte er immer wieder zum Ausdruck, wie zum Beispiel bei einem Lied für alle Migranten dieser Welt, die es aus den verschiedensten Gründen zu uns verschlagen hat, und von denen viele inzwischen "echte Franken" geworden seien. "So spricht mein türkischer Gemüsehändler das beste Fränkisch, das ich kenne", erklärt Buck anerkennend.

Schwer fällt es ihm nur, seine Meinung hinterm Berg halten zu müssen. Deshalb hat er auch ein Lied über einen typischen Zahnarztbesuch mitgebracht, denn dabei lässt es sich - mit aufgerissenem Mund - nur schwer kommunizieren. Der Titel "Wenn's wehtut, sagen Sie es fei", spricht für sich. Wenn dann sein Zahnarzt dann aber in einem Monolog den Klimawandel schönredet, weil die Mandelbäume bei seinem Ferienhaus am Gardasee früher zu blühen beginnen, dann nimmt man Buck ab, dass es ihm wehtut, darauf nichts erwidern zu können.

Auch über Touristenmassen, die heutzutage sogar über den Mount Everest oder den Nordpol herfallen, beklagt er sich, und macht das mit einem griffigen Zitat von Hans Magnus Enzensberger bereits aus dem Jahr 1979 deutlich: "Der Tourismus zerstört das, was er sucht, indem er es findet". Aber den Humor lässt er sich bei aller Gesellschaftskritik nicht nehmen, wie in dem Lied, was er als Solidaritätserklärung für alle "bleeden" Berufe verstanden haben will. Darin will der Zitronenfalter am Obstmarkt auch mal "Melonen halten" oder "Personen spalten", und auch der Gabelstapler, der Eisbrecher oder der Geigerzähler wird darin besungen.

Trotz seiner Liebe zu allem Fränkischen betont er jedoch, wie froh er sei, dass seine Frau keine Fränkin sei. "Immerhin bleibt mir so die indirekte Kommunikation erspart, die einen verbal entmutigen kann", so Buck. Denn seine Gattin würde angesichts einer kaputten Lampe im Keller niemals sagen, "ich bin mal gespannt, ob das Licht im Keller irgendwann wieder geht". Grund genug für das Liebeslied "Genau unterm Himmel", in dem er seiner Frau dankt, dass sie ihm sowohl Heimat als auch Freiheit geben würde. Weniger schmeichelhaft für alle Frauen dann am Schluss das Lied: "Bsuffne Männer lassen sich von nachtblinden Frauen heimfahren". Zwar bitterböse, aber dennoch nicht gemein, denn das entspricht ganz bestimmt nicht dem Stil von Wolfgang Buck.

HK