Roth
Ein großer Name und eine packende Story

Benefizkonzert für den Rother Rotary Club dreht sich rund um Billy Joel - Mit der Musik kommt auch die Stimmung

12.02.2019 | Stand 02.12.2020, 14:39 Uhr
Mit einer bestens aufgelegten Band erzählt der Journalist Steffen Radlmaier (rechts) die Billy-Joel-Story in der Rother Kulturfabrik. −Foto: Matern

Roth (mau) Die ausverkaufte Kulturfabrik ließ Präsidentin Helga Schreeb gleich bei der Begrüßungsrede strahlen.

Schließlich kommt der Erlös dieses Benefizkonzerts des Rother Rotary Club sozialen Projekten zugute - weltweit, aber auch im heimischen Roth.

Und dann ging es los - aber nicht so, wie es mancher Zuhörer erwartet hatte. Statt einem Hit nach dem anderen von Billy Joel lieferte Steffen Radlmaier, Feuilletonchef der Nürnberger Nachrichten, detailreich und mit vielen Archivfotos eine Rückblende auf die Herkunft der Familie Joel. Die Gründung einer Wäschemanufaktur mit florierendem Versandhandel durch den Großvater von Billy, dem Juden Karl Amson Joel aus Colmberg bei Ansbach - und nicht, wie lange gedacht, aus Colmberg im Elsass.

Den Verunglimpfungen durch Gauleiter Julius Streicher als "Wäschejude" folgte der Umzug der Familie und Teile der Firma von Nürnberg nach Berlin. Übernommen wurde das erfolgreiche Unternehmen von Josef Neckermann, der den ohnehin niedrigen Kaufpreis auf ein Sperrkonto überwies. Die Familie Joel hatte sich mittlerweile in die Schweiz abgesetzt, wo Sohn Helmut, Billy Joels Vater, bereits im Internat war und sein Talent auf dem Klavier gefördert wurde. Auf eine Anfrage Karl Joels nach dem Geld für seine Firma bekam er von Neckermann die zynische Antwort, er möge doch nach Berlin kommen, dann bekomme er schon, was ihm zustehe. Die Klavierkarriere von Billys Vater war mit der folgenden Flucht ins Exil nach Havanna dann auch schon beendet.

Stefan Angele kitzelte im Frage- und Antwortspiel viele interessante Details aus Radlmaier heraus, der in lockerem Ton aus dem Vollen schöpfen konnte. Dieses Wissen eignete sich Radlmaier unter anderem durch viele Gespräche mit Familienmitgliedern und Bekannten der Joels sowie mit Zeitzeugen an, aber auch im Gespräch mit Billy Joel selbst.

Auslöser für diesen journalistischen Forschungsfleiß war einst eine Bemerkung Billy Joels am Rande eines Konzerts für amerikanische Soldaten auf dem Zeppelinfeld, seine Familie stamme ursprünglich aus Nürnberg. Das Wissen Radlmaiers um die Familiengeschichte ist so groß, dass ihn Billy Joel in Amerika vorstellt als "the guy from Germany, who knows my family better than me". Also als der Typ, der Joels Familiegeschichte besser kenne als Billy Joel selbst. Wo-rauf Radmaier, Autor des lesenswerten Buches "Billy & The Joels", zu Recht stolz sein kann.

Vor der Pause mochte im Saal nicht so recht Stimmung aufkommen, die Geschichte der Joels ist auch nicht gerade leicht verdaulich. Zum Trost gibt es "Lullaby", einfühlsam gespielt wie auch schon "Vienna", das Billy für seinen später in Wien lebenden Vater komponierte, und "Rosalindas Eyes", ein Lied für seine Mutter mit Anklängen an kubanische Musik.

Nach der Pause kamen dann aber mehr Lieder, auf die das Publikum so gewartet hatte: "She is always a woman", "All about soul", "Movin' out" oder "Just the way you are". Letzteres widmete Billy Joel seiner ersten Frau, sie kassierte dafür dann aber auch die Tantiemen. Überhaupt - die Frauen und Billy, da blickte auch Radlmaier nicht mehr ganz durch. Ohnehin sind die Höhen und Tiefen bei Billy Joel nicht nur in der Liebe eng verwoben. Selbstmordgedanken, überwältigender Erfolg, Geldsorgen, Entziehungsklinik - und immer wieder diese Lieder, die so unter die Haut gehen, weil sie so ehrlich sind.

Als "Kind des kalten Krieges", wie er von sich selbst sagt, und ab seinem elften Lebensjahr ohne Vater aufgewachsen, trägt Billy schon mit 14 Jahren durch Bandauftritte und Plattenaufnahmen zum Familieneinkommen bei. Der Durchbruch kommt spät, aber umso gewaltiger. Er ist als erster amerikanischer Rockstar in der Sowjetunion und Kuba auf Tournee. Seit 2014 füllt er monatlich nach einem riesigen Comeback in den USA den Madison Square Garden. Und was der für New York ist, ist die Kulturfabrik für Roth.

Für den legendären "Pianoman" zog Stefan Angele schon mal die Mundharmonika aus der Spielzeugkiste der Tochter. Abwechselnd mit John Marshall interpretierten die beiden Sänger die Lieder als Hommage, leidenschaftlich und geschickt ihre unterschiedliche Stimmlagen einsetzend. An Piano und Keyboard agierte Werner Kandzora gefühlvoll und flink, Markus Grill am Schlagzeug sorgte für den passenden Rhythmus, Roli Müller bereitete den Gitarrensound und Marin Alic gab das Fundament am Bass. Markus Rießbeck verstand es hervorragend, an Saxofon, Klarinette und Querflöte den Stücken die richtige Klangfarbe zu geben und brillierte mit einem ausgefeilten Ton. Als Zugabe gab es "Miami 2017" und "My life".

Den heuer anstehenden 70. Geburtstag von Billy Joel nahm Helga Schreeb schließlich zum Anlass, jedem Mitwirkenden ein kleines "Geburtstagsgeschenk" in Form einer Bildcollage als Dank zu überreichen.