Heindlhof
Ein Stück Hoffnung tragen

Online-Premiere für Film über nachhaltige Kleiderherstellung - Projekt von Sarah Dorner aus Heindlhof

23.04.2020 | Stand 23.09.2023, 11:45 Uhr
  −Foto: privat

Heindlhof/Hilpoltstein - "Faire Mode": Bei diesem Stichwort schießen vielen Menschen sofort die Horrorbilder aus Bangladesch in den Kopf, wo vor sieben Jahren eine einstürzende Textilfabrik mehr als 1000 Tote gefordert hat.

Faire Mode: Gibt es so etwas überhaupt? Sarah Dorner, die aus Heindlhof bei Pyras stammt, will hingegen Mut machen. Wie das geht, zeigt der Film "Tausche T-Shirt gegen Hoffnung", der am heutigen Freitag seine Online-Premiere feiert.

Zur besten Spielfilmzeit ist der knapp 50-minütige Streifen um 20.15 Uhr auf der Homepage des Projekts zu sehen, die zugleich den Filmnamen trägt. Auf der Seite gibt es einen Trailer und etliche Infos. Die Entscheidung, die Doku als Stream zu zeigen, ist dabei der Corona-Krise und den mit ihr begründeten Veranstaltungsverboten geschuldet.

Gedreht hat das Werk Sarah Dorners Verlobter, der selbstständige Filmemacher Jonathan Ziegler. Die Sozialarbeiterin hat der in Hersbruck geborene Künstler auf einer Party in Nürnberg kennengelernt, wo beide mittlerweile auch zu Hause sind. Bekannt ist die 25-Jährige vor allem als Sängerin und Musikerin. Mit ihrer CD "Bring mir fliegen bei" und dem gleichnamigen Titelstück hat sie sich in die Herzen etlicher Zeitgenossen gesungen. Für das Filmprojekt hat sie zwei Stücke beigesteuert.

Nun also ist sie losgeflogen - auch im ganz wörtlichen Sinne. Denn die Dreharbeiten zu dem Hoffnungsfilm als Masterarbeit des Studenten für Medientechnik und -produktion führte das Paar bis nach Indien. Das gemeinsame Projekt drängte sich dem Künstlerduo förmlich auf. Denn "das Thema faire Mode beschäftigt uns beide schon länger", erzählt Dorner. Und vor allem die Frage, ob wirklich Menschen andernorts ausgebeutet werden müssen, damit man hierzulande in schicken Klamotten herumlaufen kann. Die Antwort des Films ist deutlich: Nein!

"In der Regel beträgt der Lohnanteil eines Kleidungsstücks nur ein Prozent des Verkaufspreises", verweist die engagierte junge Frau auf ein Zitat des Streifens. Mit einer Verdoppelung also wäre den Näherinnen sehr geholfen - für den Kunden hier wäre sie im Geldbeutel aber kaum spürbar. Eine gute Botschaft, die der Film aber nicht mit moralischem Zeigefinger vermitteln will. Mit dem Herausgreifen positiver Beispiele soll gezeigt werden, wie gut es möglich ist, "ein T-Shirt gegen Hoffnung zu tauschen", spielt die Mittzwanzigerin auf den Titel an.

Entsprechende Einkaufsmöglichkeiten in ihrer Wahlheimat nutzt sie selbst recht eifrig. Weitere Kontakte zur fairen Modebranche lieferten dann die Initialzündung: "Wir wollen den Menschen eine Stimme geben, die sich für Nachhaltigkeit im Textilbereich einsetzen. " Und die Modeindustrie motivieren, mehr Schritte auf diesem Weg zu gehen.

Der eigene Weg führte den 27-jährigen Filmemacher Jonathan Ziegler mit seiner Verlobten erst nur bis vor die Haustür. Zu einem "Glore"-Betrieb (Global Responsibility) in Nürnberg. Weiter ging es zu "Eyd" ("Empower your dressmaker"), einem fairen Modelabel in Stuttgart. Das wiederum arbeitet mit einer sozialen Nähwerkstatt in Indien zusammen. Für Oktober 2019 wurden folgerichtig die Flüge dorthin gebucht. Direkt in Mumbai arbeiten in diesem Betrieb 25 Frauen, die dadurch der Zwangsprostitution entfliehen konnten. Es folgten unter anderem Drehs und Interviews in einem nachhaltigen Großunternehmen mit 900 Mitarbeitern, einer Zulieferfirma und bei einem Baumwollbauern.

Somit verfolgt der Film die Wertschöpfungskette vom Textilkunden bis zu den Ursprüngen des Kleidungsstücks zurück und führt den Zuschauer ebenso in die Megacity wie aufs Dorf. "Das hat das Drehen zu einem echten Erlebnis gemacht", sagt Dorner. Nun hofft sie, dass der Film seinen Teil zum Bewusstseinswandel beiträgt. Denn wenn der Konsument mehr auf die fairen Produktionsbedingungen achtet, "dann müssen die Unternehmen darauf reagieren".

Viele Verbraucher wüssten auch gar nicht, "wie viele Arbeitsschritte für das Fertigen eines T-Shirts nötig sind". Sonst wäre die Wertschätzung höher. Und die obliegt dem Einzelnen. "Wir" - und damit meint Dorner diesmal alle, die sich angesprochen fühlen, "können den Unterschied machen. "

Das kommt auch in ihren Liedzeilen zum Ausdruck, die im Film zu hören sind: "Es ist leicht, ein Stück Hoffnung zu tragen und zu verbreiten, bis immer mehr es wagen. " Und die Sängerin ermuntert: "Komm, wir schließen uns all den Hoffnungsträgern an, weil man diesen Weg nur gemeinsam gehen kann. "

Die Filmvorführung heute Abend ist ein erster Schritt auf diesem Weg. Danach wird das Video wieder aus dem Netz genommen. Im Anschluss an den Stream stehen Dorner und Ziegler live vor der Kamera, um Zuschauerfragen zu beantworten. Im Juli ist eine Tour mit Film und Musik geplant - ob Corona es zulässt, ist derzeit noch offen. Wenn nicht, wird 2021 getourt. In Überlegung ist, den Streifen irgendwann auf DVD zu veröffentlichen.

HK

Jürgen Leykamm