Thalmässing
"Ehrliche Architektur in einem flexiblen Gebäude"

Bau der neuen Kindertagesstätte soll im Sommer beginnen - Guter energetischer Standard

10.03.2021 | Stand 23.09.2023, 17:19 Uhr
Der Straßenast, der von der Straße Am Mühlbach abzweigt, wird zum verkehrsberuhigten Bereich. −Foto: Karch

Thalmässing - Rund 3,6 Millionen Euro wird der Bau einer dreigruppigen Kinderkrippe und eines eingruppigen Kindergartens im Baugebiet am Mühlbach in Thalmässing kosten.

Mindestens. Angesichts der Entwicklung der Baukosten kann diese Kita auch noch teurer werden. Der Marktrat hat sich in seiner Sitzung am Dienstagabend viel Zeit für die Vorstellung der Werksplanung genommen und diese detaillierte Ausführung mit einem einstimmigen Plazet belohnt.

"An den Kosten sieht man, welch großes Projekt das ist. Deshalb sollten wir uns die Zeit nehmen, es noch einmal vorzustellen", unterstrich stellvertretender Bürgermeister Michael Kreichauf (CSU). Nach der schnellen Genehmigung der Pläne durch das Landratsamt hat die Kommune auch mit den Fördermittelgebern gesprochen und einen Zuschuss in Höhe von 60 Prozent auf die förderfähigen Kosten in Höhe von knapp 2,7 Millionen Euro zugesagt bekommen. Diese 1,6 Millionen Euro sind der Gemeinde sicher; noch nicht sicher, aber sehr wahrscheinlich ist eine weitere Förderung in Höhe von 0,8 Millionen Euro aus dem Programm Kinderbetreuungsfinanzierung 2017 bis 2020, dessen Verlängerung aber noch nicht endgültig feststeht. Falls die Zuschüsse wie geplant fließen, bleibt beim Markt Thalmässing ein Eigenanteil von knapp 1,2 Millionen Euro.

Die Werksplanung stellte nun Jürgen Neundörfer vom Architekturbüro Neundörfer und Keß aus Schwabach vor, mit dem die Kommune bereits beim Bau der Kinderkrippe und des Mühlbachhauses mit 15 Wohnungen in unmittelbarer Nachbarschaft zusammengearbeitet hatte. Neundörfer fing ganz unten an und erläuterte, warum man sich gegen einen Austausch des tonhaltigen, weichen und inhomogenen Bodens, dessen Belastungsgrad mit Z1.1, teils sogar Z1.2, belastet ist, entschieden hat. Zum einen ist das eine Frage der Kosten, zum anderen ist nach einem Bodenaustausch ein hoher Setzungsunterschied beim späteren Gebäude vorprogrammiert. Mit 40000 Euro soll eine auf einem Säulenraster ruhende Bodenplatte um 30000 Euro billiger sein als der Bodenaustausch, zum anderen sind hier die Setzungsunterschiede geringer und ganz gleichmäßig. Zudem wisse man beim Bodenaustausch nie, wie viel Masse noch dazukomme, die Bohrpfahllösung sei dagegen berechenbar, so der Architekt.

Bei der Konstruktion des Gebäudes hat das Architekturbüro die Zukunft im Blick: Säulen und Unterzüge als tragende Elemente und die nicht tragenden Innenwände aus Gipskarton ermöglichen größtmögliche Flexibilität, wenn das Gebäude irgendwann einmal anders genutzt werden soll. Jürgen Neundörfer bezeichnete die Planung als "ehrliche Architektur", weil viel von dem, was im Gebäude steckt, sichtbar bleibt: Gearbeitet wird mit viel Holz, mit Stahlstützen und Sichtbeton. Bei Letzterem hakte Erwin Schneider (TL) ein und berichtete von Hautreizungen und Übelkeit von Bewohnern eines Gebäudes mit Sichtbeton. Neundörfer will diesem Hinweis nachgehen.

Viele Erfahrungen, die man beim Bau der Kinderkrippe gleich nebenan gemacht hat, sind in die Konstruktion des neuen Gebäudes eingeflossen. So wird es wieder Akustikdecken geben und eine Verblendung der Innenwände im unteren Bereich mit Dreischichtplatten, "falls jemand mit dem Bobby Car dagegen fährt". Da die Kinderkrippe zweigeschossig wird, wird das Gebäude U-förmig von einem Fluchtbalkon umschlossen. Das nur zwei Prozent geneigte Walmdach wird wegen der Wärmeisolierung im Sommer begrünt und bekommt eine aufgeständerte Photovoltaikanlage. Außen erhält das Gebäude zur Straße hin eine Kombination aus Wärmedämmverbundsystemen, auf der anderen Seite besteht die Fassade aus Faserzementplatten, die sehr robust sind und die nach einem Schaden auch punktuell ausgewechselt werden können.

Auf die energetische Betrachtung des Gebäudes ging Markus Brautsch, Professor für Energietechnik, ein. Er lobte den sehr hohen Wärmedämmstandard des Gebäudes und stellte deshalb eine mögliche neue Förderung, die im Juli aufgelegt werden soll, in Aussicht. "Wir sind in einem ganz grünem Bereich. " Geheizt wird das Gebäude, dessen Heizlast laut Brautsch mit einem Wärmebedarf von 35000 Kilowattstunden im Vergleich zu seiner Größe sehr niedrig ist, mit einer Luft-Wasser-Wärmepumpe. Die Warmwasserversorgung muss - so die Vorschriften - in einer Kita über einen dezentralen Kreislauf laufen. Da der Strombedarf der Luft-Wasser-Wärmepumpe zum Teil über die eigene Photovoltaikanlage gedeckt werden kann, fällt auch die Umweltbilanz wesentlich günstiger aus als wenn der Strom nur aus dem Netz kommen würde. "Die drei grünen Haken auf der Bilanz zeigen, dass wir auf dem richtigen weg sind", zeigte sich Michael Kreichauf sehr zufrieden.

Die Kita an die Pelletheizung des Mühlbachhauses anzuschließen, schlug Thomas Kummerer (TL) vor. Die sei aber nur für den Bedarf der 15 Wohnungen ausgelegt, erwiderte Neundörfer "und wenn man die noch neue Heizung austauscht, entstehen hohe Investitionskosten. "

Für Michael Kreichauf war es eine wichtige Frage, wann denn die dringend benötigten Betreuungsplätze genutzt werden könnten. Neundörfer geht von einem Baubeginn im Juni oder Juli und einer Fertigstellung im Herbst 2022 aus, wies aber gleichzeitig auf den angespannten Markt hin. Der werde auch bei der Kostenentwicklung spürbar, antwortete der Architekt auf eine Nachfrage von Johannes Mailinger (CSU). Bei der Lieferung von Dämmmaterial und Holz gebe es enorme Engpässe und die Preise für Stahl seien geradezu explodiert. "Und ein Ende ist nicht abzusehen. " Trotzdem startet die Kommune zuversichtlich in das Projekt, mit dem "wir für die Herausforderungen der Zukunft gut aufgestellt sind", wie Michael Kreichauf feststellte, vor allem die moderne und flexible Bauweise sei wichtig, "weil wir nicht wissen, wie sich der Kita-Bereich weiterentwickelt".

HK

Andrea Karch