Freystadt
Dreck aus drei Jahrhunderten

Freiwillige Helfer entrümpeln die Kuppel der Freystädter Wallfahrtskirche

30.10.2020 | Stand 02.12.2020, 10:14 Uhr
Drecksarbeit im wahrsten Sinne des Wortes: Josef Brandl und Herbert Hofbeck schaffen Schutt und Müll aus drei Jahrhunderten aus der Kuppel (oben), mit dem Hubsteiger geht es nach unten in den Anhänger und auf die Deponie. −Foto: haz

FreystadtDie Wallfahrtskirche, erbaut von 1700 bis 1710, ist ein Schmuckstück im Frey-städter Stadtensemble. Dass sich in der Kuppel der Kirche jede Menge Dreck und Staub, Hinterlassenschaften früherer Handwerker, Nistmaterial und Kot von Vögeln angesammelt hat, bekommt der Kirchenbesucher nicht zu Gesicht. Gegen den Dreck aus drei Jahrhunderten ergriffen freiwillige Helfer unter der Leitung von Kirchenpfleger Josef Motz die Initiative und befreiten die Kuppel und die vier Türme von Unrat. Ein großer Anhänger voll ist es geworden.

Doch das war alles gar nicht so einfach, denn der Rundweg am Fuß der Kuppel ist an manchen Stellen nur etwa 30 Zentimeter breit und relativ niedrig, das bedeutet: Kopf einziehen. Die Nischen in den vier Türmchen sind eine Holzkonstruktion, in denen teils nur knieend gearbeitet werden kann. In Teile der höheren Etagen der Kuppel führen einfach gezimmerte Leitern. Um an unzugängliche Stellen zu gelangen, mussten sich die Arbeitenden mit kreativen Lösungen behelfen.

Dass eine entsprechende Aktion notwendig ist, ging schon aus dem Gutachten des Glockensachverständigen der Diözese Eichstätt vom Juli 2017 hervor, erzählt der Kirchenpfleger. Darin schreibt dieser: "Turm und Aufgang zur Glockenstube befinden sich in einem mäßig gepflegten Zustand. Turmstuben und Teile der Zugangswege sind mit Nistmaterial, Kot und weiterem Unrat bedeckt." Außerdem sei nicht unerheblicher Wartungsmüll zu finden. Er empfahl, den Kuppelumgang und die Turmstuben einer Grundreinigung zu unterziehen. Daraufhin hat die neue Kirchenverwaltung die Kuppel besichtigt und beschlossen, die Säuberung in Angriff zu nehmen. An mehreren Samstagen in den letzten Monaten waren dann von der Kirchenverwaltung Josef Brandl, Matthias Gerner, Rudolf Ulrich, Karl Herzog, Gerhard Fritsch, Josef Motz und Willi Popp, als weitere freiwillige Helfer Franziskanerpater Adam, Roland Neppig, Herbert Hofbeck, Werner Hackner, Sonja Wagner, Michael Brandl, Michael Motz und Walter Mödl in der Kuppel unterwegs, um die anstrengende und äußerst staubige Arbeit zu erledigen.

Zum Schuttsammelsurium gehörten neben Kot und alten Nestern von Vögeln, von Handwerkern hinterlassene Elektrokabel, defekte Glühbirnen und Sicherungen samt Verpackung, leere Silikontuben, Zigarettenschachteln, Getränkeflaschen und Papiertüten, Blech und Holz, Mörtel und mehr sowie etwa 1000 Schieferplatten. Bis 1955 war die Kuppel mit Schiefer eingedeckt. Bei der Sanierung 1954 bis 1959 unter Stadtpfarrer Franz-Xaver Lederer wurde die Kuppel mit Kupfermaterial eingeblecht. Die Schiefertafeln hat man beim Abdecken zwar nach unten geworfen; was aber im Kuppelraum gelandet ist, blieb liegen.

Eimerweise haben die Freiwilligen die Hinterlassenschaften zusammengetragen und alles in der großen Kuppelstube in stabilen 240-Liter-Schwerlast-Abfallsäcken zwischengelagert. 30 solcher Säcke voll mit Mörtel, Backstein- und losen Sandsteintrümmern aus dem Mauerwerk, Dachpappe und Staub waren Teil der "Ausbeute", dazu ein ansehnlicher Berg aus Brettern, Latten und Holzbalken. Was noch auf die Entsorgung gewartet hat, war eine riesige Menge Zinkblech, mit dem die Kuppel innen eine Zeit lang ausgekleidet war, damit das Wasser nicht auf die Gemälde im Kirchenraum tropfen konnte. Es war unter der Ära von Pfarrer Schraufstetter (1883 bis 1896) montiert worden. "Bei der Kuppelrenovierung in den 1950er-Jahren wurde es weggerissen und einfach liegengelassen", stellten die Helfer entsetzt fest.

Der Abtransport der Schuttberge in den Anhänger, der unten aufgestellt war, gestaltete sich ebenfalls recht aufwändig. Von der Turmstube bis zum Fenster bildeten die Helfer - gute Staubmasken vor Mund und Nase - eine Kette und beförderten mit viel Muskelkraft den Schutt auf einen Hubsteiger, mit dem er dann nach unten gebracht und auf den Anhänger geladen worden ist. Anhänger und Traktor hat Franz Rackl aus Allershofen zur Verfügung gestellt und den Unrat mit Einverständnis der Stadtverwaltung auf der städtischen Deponie Sulzkirchen entsorgt.

Was dem Betrachter beim Rundgang durch die Kuppel nun wieder auffällt, sind die vielen Inschriften, entweder in die Balken eingefräst oder aufgemalt. Die Handwerker haben sich hier gerne mit Namen und Jahreszahl verewigt - auch der Reinigungstrupp im Juli 1980 unter Josef Motz' Vater Josef, der seinerzeit Kirchenpfleger war. Damals wurden die vier Turmstuben von Vogelhinterlassenschaften befreit.

Ein ernüchterndes Fazit von Josef Motz, der auch Archivpfleger ist und Zugang zu den geschichtlichen Dokumenten hat: Die Kuppel wurde bei Renovierungen 1907, 1910, 1954 bis 1959 oder 1980 bis 1984 nur notdürftig gesäubert. Bequemerweise ließ jeder Handwerker seinen Schutt in einer der vielen Nischen verschwinden. Motz weiß: Die Grundreinigung ist geschafft. "Es sind aber in der Kuppel noch so viele versteckte Schlupflöcher; da findet sich bestimmt noch was." Gleiches gilt für die Glockenstube, deren Säuberung als nächstes ansteht. Der Zugang ist nun dank vieler fleißiger Hände wieder frei.

haz