Nürnberg
Die Orgel als Problemfall

Nürnbergs neuer Konzertsaal wurde zunächst ohne geplant - Kommission aus drei weltberühmten Konzertorganisten

13.05.2019 | Stand 02.12.2020, 13:59 Uhr

Nürnberg (wra) Der Geistesblitz, man brauche ein solches Instrument, kam der Planungsgruppe recht spät: "Ein neuer Konzertsaal ohne Orgel führt direkt in die zweite Liga", gab der städtische Planer Robert Vogel in der jüngsten Sitzung der Nürnberger "Konzerthaus-Kommission" zu.

Auf einen Architektenentwurf hatte man sich im Rathaus schon lange vorher festgelegt.

Spätestens ab 2013 wurde in der Noris nach einem Standort für die neue Konzerthalle gesucht und direkt neben der altehrwürdigen Meistersingerhalle einer gefunden. Ebenfalls steht schon ein paar Jahre lang fest: die "Neue" wird vom Freistaat Bayern mit 75 Prozent hoch bezuschusst.

Auch für Kulturreferentin Julia Lehner ist die Orgel "notwendig". Sie und Vogel wirken erleichtert, dass sich das beauftragte Architektenteam inzwischen mit dem erwartet über 20 Tonnen schweren Instrument im 1550-Gäste-Saal ausgesöhnt hat. Nicht ganz ohne Murren wohl: Die Gesichtsausdrücke der Baukünstler in der Sitzung lassen darauf schließen. Sie hatten ja orgellos geplant.

Doch weil "die Orgel ein Ort ist, an dem ein Auge ruhen kann" (so der beauftragte Raumakustiker Eckhard Kahle), ist sie eben auch "ein integraler Bestandteil des Gebäudes", wie Robert Vogel betont. Und deshalb müsse die neue Nürnberger Orgel "international als Planungs- und Bauleistung ausgeschrieben werden, so wie Fenster". Nur anders als bei Fenstern müssten bei Orgeln "Planung und Bau aus einer Hand kommen und von ein und demselben Orgelbauer verantwortet werden", so der städtische Konzerthausplaner.

Also werde "jetzt eine Ausschreibung der Planungs- und Bauleistungen für die Orgel im Konzerthaus Nürnberg erfolgen". Doch was Vogel dann als weitere Termine nennt, scheint sehr ambitioniert: "Auswahl mehrerer Orgelbauer Ende Juni. Ab Juni folgt eine beschränkte Ausschreibung. Die Angebote erwarten wir bis September. Im Dezember 2019 werden wir einen Vergabevorschlag machen. Natürlich nicht nach dem Preis", betont Vogel. Denn die Stadt hat dazu eine "Orgelkommission" aus drei weltberühmten, internationalen Konzertorganisten berufen. Die sind "mit der Konzeption der Orgel betraut", steht in der Verwaltungsvorlage zur Sitzung.

Und die drei Organisten haben "inzwischen grundsätzliche Fragestellungen erörtert und erste Überlegungen dazu skizziert". Ihr Drei-Seiten-Papier haben sie jetzt "einer interessierten Fachöffentlichkeit vorgestellt". Darin sind detailliert alle Klangfarben, Register und Arten der zu verwendenden Pfeifen beschrieben. Denn die Orgel soll in erster Linie klingen.

Ohnehin soll das ganze "Konzerthaus nicht vergeigt werden", wie vor zwei Jahren geunkt wurde. Und so nahmen die Mitglieder der Konzerthaus-Kommission die Ausarbeitung der Organisten nun ohne weitere Anmerkungen zur Kenntnis. Wie teuer die nachträglich eingeplante Konzertorgel wird, darüber wissen jedoch auch die Stadtratsmitglieder bislang nichts: "Noch nicht bekannt" steht in der Vorlage zum Tagesordnungspunkt "Anschaffung". Von der Regierung von Mittelfranken liegt trotzdem für den vorzeitigen Maßnahmenbeginn bereits eine Unbedenklichkeitsbescheinigung vor.

An einer anderen Stelle derselben Rathaus-Vorlage, "Diversity-Relevanz" genannt, muss aber das Architektenteam noch nachbessern. Dort steht klipp und klar: "Das Konzerthaus soll inklusiv und barrierefrei einem nach Herkunft, sozialer Lage, Alter und Geschlecht diversen Publikum dienen. Daher sind Planungen und Umsetzung diversitätssensibel aufzustellen. " Bisher haben die Baukünstler nach eigenem Bekunden jedoch nicht daran gedacht, wo Konzertbesucher mit Rollatoren ihre Gehwägelchen abstellen können.