Nürnberg
Die Gänse sind wieder los

Der Wöhrder See in Nürnberg erlebt in diesem Sommer offensichtlich eine besonders große Invasion

01.07.2020 | Stand 23.09.2023, 12:39 Uhr
Bei den meisten rufen die Gänse Unmut hervor, Celine und Fabienne finden sie "doch eigentlich ganz lieb und süß". −Foto: Pelke

Nürnberg - Wassernixen und Sonnenanbeter könnten sich jetzt eigentlich ausgiebig aalen an der fränkischen Copacabana im Herzen der Frankenmetropole.

Doch stattdessen stolzieren zum Leidwesen der Sonnenanbeter und Badegäste Hunderte Gänse über die Strände am runderneuerten Wöhrder See.

Erschreckend findet Elena die Situation an dem Stausee, den Ministerpräsident Markus Söder (CSU) in den letzten Jahren für viel Aufwand und Geld von einem stinkenden Teich in einen einladenden Freizeitsee verwandelt hat. "Überall sind Gänse. Der Boden ist mit Kot übersät. Dabei ist der Sandstrand hier ist so schön gemacht", findet die Mutter aus Nürnberg und bittet die siebenjährige Tochter, nicht direkt am besonders verunreinigten Ufer zwischen den unzähligen Schnattertieren zu spielen.

Derweil versucht ein anderer Strandbesucher die Gänse vom Strand mit verbalen Drohungen zu verscheuchen. "Jetzt aber ab ins Wasser, sonst sehen wir uns an Weihnachten wieder", droht Christian den am Strand in der Sonne dösenden Wildgänsen, die sich nur sporadisch vom Sandstrand erheben.

Vielleicht wirkt die Drohung nicht, weil Weihnachten noch in so weiter Ferne liegt, überlegt Christian laut und probiert die Gänse jetzt mit sanften Armbewegungen zum Rückzug zu bewegen. Ein paar Gänse watscheln sichtbar widerwillig ins Wasser zurück. Die Mehrheit der Tiere lässt sich jedoch nicht so einfach aus der Ruhe bringen. "Schade, dass so viele Gänse den Strand bevölkern. Ansonsten könnte man sich hier eigentlich schön in die Sonne legen", sagt Christian und zeigt auf die vielen unappetitlichen Hinterlassenschaften der Vögel, die das Ufer wie ein Meer aus Tretminen säumen.

Das sieht die Stadt eigentlich genauso und hat der Invasion im Sommer vor zwei Jahren den Kampf angesagt. Zunächst hat der zuständige Bürgermeister Christian Vogel (SPD) die Tiere sogar zum Abschuss freigegeben. Nach wilden Protesten hat Vogel die Flinte ins Korn geworfen und die friedlichere Parole "Strand-Intensiv-Reinigung" ausgegeben.

Eine Mischung aus maschinellen und manuellen Säuberungsaktionen sollte fortan helfen, den Strand sauber zu halten. In der Hauptsaison sollten die neuen Reinigungsgänge per Handrechen und Abfallzange sogar an Sonn- und Feiertage "regelmäßig und witterungsunabhängig" durchgeführt werden. Ein überdimensionaler Strand-Staubsauger mit dem schönen Namen "Sand-Master" sollte zusätzlich helfen, die Liegeflächen für die Besucher nicht hoffnungslos verschmutzen zu lassen.

Trotz dieser Bemühungen meldet sich die Gänsekotproblematik in Nürnberg nun offensichtlich wieder mit aller Macht zurück. Die Stadt macht zwei Hauptfaktoren für die Rückkehr der Gänse am Wöhrder See verantwortlich. Einerseits seien durch die Corona-Krise weniger Besucher an die Strände gekommen. Andererseits hätten die Bauarbeiten am Oberen Wöhrder See die dortige Gänsepopulation offensichtlich zum Umzug animiert, teilt eine zuständige Sprecherin der Stadt auf Anfrage mit und versichert, dass die beschlossene Intensiv-Reinigung trotz Corona ab Mai durchgeführt werde.

Am Sandstrand sind die Gänse trotzdem das Topthema. "Eigentlich müssten die Tierschützer den Strand reinigen", sagen die einen. "Noch schlimmer sind die vielen Zigaretten-Kippen überall", sagen die anderen. Celine und Fabienne versuchen dagegen das tierische Strandvergnügen ohne Stresseinfach zu genießen. "Die Gänse sind doch eigentlich ganz lieb und süß", finden die beiden und lachen.

HK

Nikolas Pelke