Rohr
Der Traum vom Aufstieg wird nachgeholt

Heidenheims Trainer Frank Schmidt und den Rohrer Hans-Jürgen Grosser verbindet eine langjährige Freundschaft

09.07.2020 | Stand 23.09.2023, 12:50 Uhr
Seit 30 Jahren sind sie befreundet: Heidenheims Frank Schmidt und Hans-Jürgen Grosser. −Foto: privat

Rohr/Heidenheim - Der Traum vom Bundesliga-Aufstieg ist geplatzt, die Euphorie ist der Ernüchterung gewichen.

Der 1. FC Heidenheim als Zweitligist scheiterte Montagabend in der Relegation an Werder Bremen. Beim ersten Spiel an der Weser holten die Schüzlinge von Frank Schmidt bekanntlich ein 0:0, das Rückspiel endete 2:2.

Die Enttäuschung schwappte bis nach Rohr bei Schwabach über, genauer gesagt, sie traf sie Hans-Jürgen Grosser mitten ins Fußballherz. "Leider hat es nicht geklappt, das dritte Highlight in seiner Karriere. Teilnahme an der Junioren-Fußball-WM 1993 in Australien, DFB-Pokal-Sensation 1996 mit dem TSV Vestenbergsgreuth gegen die Bayern beim 1:0-Sieg und jetzt Bundesliga-Aufstieg - das wäre es wirklich gewesen. " Der Banker im Ruhestand ergänzend: "Man hat gesehen, dass das 0:0 im ersten Spiel schon gefährlich war. Und dann im zweiten Spiel ein unglücklicher Auftakt mit einem Eigentor nach drei Minuten. "

Grosser (73) kennt den Erfolgstrainer aus Heidenheim sehr gut, er hat seit 1990 den beruflichen wie sportlichen Werdegang miterlebt und hautnah verfolgt. Beide verbindet eine Freundschaft, die Familien treffen sich hie und da. Grosser als ehemaliger Bankdirektor bei der Raiffeisenbank in Heilsbronn hat Schmidt von 1990 bis 1993 einen Ausbildungsplatz zum Bankkaufmann ermöglicht - und danach eine Anstellung.

Der heute 46-Jährige Coach, Vater zweier Kinder, kam 1991 vom SSV Ulm in die Jugendmannschaft zum Club. Seitdem besteht eine enge Verbindung. "Ich habe seine Entwicklung und Karriere von Anfang mitverfolgt", sagt Grosser. "Nach der Junioren-WM wollte ihn sogar Inter Mailand holen, aber da haben der Club und der damalige Präsident Gerd Schmelzer nicht mitgespielt. "

Der TSV Vestenbergsgreuth und die SpVgg Greuther Fürth waren weitere Spielerstationen im Fränkischen gewesen. Grosser rückblickend: "Frank hat mit Mut, Ausdauer, hundertprozentiger Einsatzbereitschaft und Ehrgeiz eine beispielslose Trainerkarriere hingelegt. " Im September 2007 hatte Schmidt den Trainerposten provisorisch vom entlassenen Dieter Märkle in Heidenheim übernommen. Erst 14 Tage, dann übergangsweise bis Winter 2007. Es sind inzwischen 13 Jahre geworden. Es folgte die Fußballlehrer-Ausbildung in Köln (2010/11) und am 19. April 2014 stieg Schmidt vorzeitig mit Heidenheim in die 2. Liga auf.

In Heidenheim kursiere ein Spruch des Managers, erzählt Grosser. Bevor er den Trainer rausschmeißt, würde er die ganze Mannschaft entlassen. Wertschätzung wird in der Ostalb groß geschrieben. Davon profitiert Schmidt, er hat sozusagen eine unkündbarer Stellung, einen Vertrag auf Lebenszeit. Im Fußballgeschäft keine Normalität.

Am Montag vor Spiel Nummer zwei gegen Werder hatte Grosser den Coach noch kurz telefonisch erreicht und ihm Mut zugesprochen. Nach dem verhinderten Aufstieg will er seinen einstigen Lehrling erst einmal in Ruhe lassen, "damit der Frank die Situation und die Enttäuschung verarbeiten kann".

Wenn Grosser Spiele in Heidenheim besucht, hat er stets kulinarische Spezialitäten aus Franken im Gepäck. Rund 15 Spiele waren es bis dato. Es werden weitere folgen und der 73-Jährige ist sich sicher: "Auch wenn es heuer nicht mit der Bundesliga geklappt hat, war die Relegation für unseren Banklehrling ein Riesenerfolg. Da steigt er halt in der nächsten Saison auf. Dann wird der Traum nachgeholt. "

HK

Matthias Hertlein