Eysölden
Der Kirchweihgottesdienst ist der letzte

Pfarrer Thomas Lorenz verlässt nach 19 Jahren Eysölden - Neue Wirkungsstätte ist Wassermungenau

17.08.2018 | Stand 23.09.2023, 4:25 Uhr
Mit der Kirche St. Thomas in Eysölden hat sich Pfarrer Thomas Lorenz immer besonders verbunden gefühlt. Am 7. Oktober wird er hier den letzten Gottesdienst feiern. −Foto: Foto: Karch

Eysölden (HK) Die evangelischen Kirchengemeinden Eysölden und Offenbau stehen vor einem großen Umbruch: Ihr Pfarrer Thomas Lorenz, der vor 19 Jahren die Pfarrstelle in Eysölden übernommen hat, verlässt seinen Wirkungskreis. Ab Mitte Oktober wird er in der Andreaskirche in Wassermungenau predigen.

Dieses Band ist eng: Wenn Thomas Lorenz die Kirche St. Thomas in Eysölden betritt, kommt er nach Hause. Er holt den Kelch aus der Sakristei, der im Gerümpel gefunden, gereinigt und neu vergoldet wurde, er zeigt die würdig gestaltete Sakristei, die seit der Umgestaltung viel mehr ist als nur ein funktioneller Raum, und er blickt sich beinahe liebevoll im vor wenigen Jahren renovierten Innenraum des Gotteshauses um. Dass sich der 1,95 Meter große Geistliche in der Kirche nirgends bücken muss und das Gotteshaus mit ihm den Vornamen teilt, sind nur noch die i-Tüpfelchen.

Kein Wunder, dass das Erstaunen unter den Mitgliedern der Kirchengemeinde groß war, als Anfang Mai angekündigt wurde, dass Pfarrer Lorenz Eysölden und Offenbau verlässt und die vakante Pfarrstelle in Wassermungenau übernimmt. Thomas Lorenz war bei diesem Gottesdienst nicht dabei, weil er an diesem Wochenende ein Treffen mit den Lektoren hatte. Aber seine Frau hat ihm von den Gefühlen berichtet, die diese Nachricht ausgelöst hat. "Wenn einen gestandene Männer umarmen, dann ist das schon sehr emotional", hat Conny Lorenz erzählt.

Thomas Lorenz fällt der Abschied deshalb schwer, auch wenn es eine bewusste Entscheidung war. Manchmal habe er schon Zweifel gehabt, ob diese Entscheidung richtig gewesen sei, räumt er ein. "Ich weiß vom Kopf her, dass es richtig ist, auch wenn das Herz noch nicht ganz dabei ist." Seit 19 Jahren ist Lorenz Pfarrer in Eysölden und damit der dienstälteste Geistliche im Pfarrkapitel. Und auch beim Blick auf die Tafel in der Kirche mit den Namen der Geistlichen, die in den vergangenen über hundert Jahren in Eysölden gewirkt haben, ist keiner zu finden, der länger hier gewesen ist. Im Pfarrdienstgesetz steht aber eigentlich, dass "die Geistlichen gehalten sind, nach 10 bis 15 Jahren auf eine andere Pfarrstelle zu wechseln". Deshalb hat sich der 53-Jährige jetzt für diesen Wechsel entschieden. "Ich will nicht fünf Jahre vor der Rente wechseln, sondern noch eine vernünftige Zeit in der neuen Pfarrstelle vor mir haben." Er gibt aber auch zu: "Der Abschied fällt mir unheimlich schwer. Doch die Perspektive auf etwas Neues beflügelt auch."

Im Januar hat er sich deshalb auf die vakante Stelle in Wassermungenau beworben, einen Ort, den er schon kennt, weil auf Burg Wernfels immer die Konfirmandenfreizeiten der Kirchengemeinde stattfinden. "Dort gibt es viele Chöre, eine reiche Kirchenmusik und ein aktives Gottesdienstleben." All das hat Thomas Lorenz angesprochen, der von sich selbst sagt, dass er gerne Dorfpfarrer ist. "Man kann ja nicht davon ausgehen, dass man gleich genommen wird, wenn man sich auf eine neue Stelle bewirbt."

Dann war erst einmal Warten angesagt, wurde doch die Stelle, wie es üblich ist, wenn es nur eine Bewerbung gibt, ein zweites Mal ausgeschrieben. Anfang Mai hatte dann der Wassermungenauer Kirchenvorstand das letzte Wort - und entschied sich für Lorenz. Im nächsten Gottesdienst wurde die Entscheidung dann publik gemacht, damals noch mit dem Termin für den Abschiedsgottesdienst am 29. Juli.

Auf dieses Datum hatte sich die Pfarrfamilie dann eingerichtet, so dass die Nachricht aus Wassermungenau, dass das Pfarrhaus nicht rechtzeitig fertig werden würde, "wie ein Schlag" war. Das alte Gebäude wurde kernsaniert, der Putz musste so dick aufgetragen werden, dass er länger zum Trocknen brauchte als geplant. Erst Mitte Juli hat Lorenz dann aus Wassermungenau die Bestätigung für den jetzt gültigen Terminplan bekommen. Am 14. Oktober wird in Wassermungenau Kirchweih gefeiert und gleichzeitig die Einführung des neuen Pfarrers. Der verabschiedet sich in Eysölden mit einem Kirchweihgottesdienst: Am 7. Oktober hält er seinen letzten Gottesdienst in Eysölden. "Eine Kirchweih ist etwas Besonderes, da ist es schön, wenn man einen Bezug dazu hat."

In Offenbau feiert Pfarrer Lorenz bereits am 23. September seinen letzten Gottesdienst, anschließend gibt es einen Empfang im Pfarrstadel. Eine Woche darauf wird er in Eysölden verabschiedet, im Rahmen des Erntedankfestes. Denn Eysölden feiert das Erntedankfest nach dem alten Kalender. Und dort ist das Fest immer am Sonntag nach Michaeli (29. September), dieses Mal also am 30. September. Dafür ist dann der 7. Oktober frei für die Eysöldener Kirchweih, denn die muss zwischen 7. und 13. Oktober gefeiert werden. Die Termine fügen sich wie Rädchen in einem Uhrwerk. Umgezogen wird in der Woche ab dem 8. Oktober. "Das ist zwar jetzt ein wenig strukturierter als nach dem ursprünglichen Plan, dafür ist der Umzug während der Schulzeit."

Das trifft auch den jüngsten Sohn . Er wird bereits die Schule in Abenberg besuchen und dafür jeden Tag hingefahren und wieder abgeholt. Die Begeisterung der Kinder über den Wechsel hält sich derzeit in Grenzen. Als die Familie 1999 nach Eysölden gekommen ist, waren die Mädchen knapp drei und eineinhalb Jahre alt, die Jungen noch gar nicht auf der Welt. Sie haben ihre ganze Kindheit in Eysölden verbracht und sich in der Jugendarbeit oder dem Kindergottesdienst eingebracht. "Und das haben sie freiwillig gemacht, ohne Zwang." Auch Conny Lorenz ist in die Gemeindearbeit hineingewachsen, hat die Jugendarbeit übernommen, leitet den Frauenkreis, ist bei Kindergottesdiensttagen dabei, hat das Treffen "Af a Schaln Kaffee" angeregt, kümmert sich um die Kinderbibelwoche, organisiert Spielefeste und Ausflüge.

Wie viel in den vergangenen 19 Jahren geschehen ist, ist Pfarrer Lorenz beim Schreiben eines Rückblicks für den Gemeindebrief erst richtig aufgefallen. So wurde 2002 der 250. Geburtstag der Kirche gefeiert, seitdem wird die Kirche nachts angestrahlt. Die Steinmeyer Orgel ist 100 Jahre alt geworden, die Organisten Matthias Peipp und Irmgard Kreichauf haben 2008 das 60-jährige Jubiläum beziehungsweise das 40-jährige Jubiläum gefeiert. Irmgard Kreichauf spielt inzwischen schon seit 50 Jahren Orgel.

Eigentlich wollte Thomas Lorenz kein Baumeister sein, wie er selbst sagt. "Ich wollte viel lieber die Gemeinde Christi bauen als Gebäude sanieren", sagt er mit einem leichten Lächeln. Dass das nicht funktioniere, habe er schnell gemerkt. "Die Gebäude müssen intakt sein." Deshalb wurde vieles angepackt, gebaut und saniert wie Kindergarten, Krippe, Kirche innen und außen, Pfarrstadel, Gemeindetreff und die Außenanlagen um die Kirche. "Da kommt ständig was dazu." Derzeit ist die Einrichtung einer dritten Gruppe im Kindergarten in der Warteschleife. Weil laut Landesamt für Denkmalpflege der zweite Rettungsweg nun doch eingehaust werden muss, gibt es hier Verzögerungen. Auch das undichte Dach des Gemeindetreffs muss saniert werden. Die Sanierung der Friedhofsmauer für geschätzt eine dreiviertel Million Euro hat man zurückgestellt. "Da gibt es nichts Akutes zu machen, da sind andere Dinge vordringlicher."

Auch die Sanierung des Pfarrhauses wird unumgänglich sein. Die Landeskirche wartet damit am liebsten bis zu einem Pfarrerwechsel, der ja jetzt ansteht. Pfarrer Lorenz rechnet deshalb nicht damit, dass seine Stelle in Eysölden schon im Frühjahr wieder besetzt sein wird, weil bis dahin die umfangreichen Arbeiten sicher nicht erledigt seien. So sind Dach und Fenster nicht dicht, die Heizung ist veraltet und der Dachboden mit Schadstoffen belastet.

Gebaut wurde in den vergangenen Jahren nicht nur an Gebäuden, sondern auch an der Gemeinde: So gibt es ehrenamtlich geführte aktive Jugendgruppen, eine fleißige Landjugend, neue Andachts- und Gottesdienstformen, Familiengottesdienste, Kindergottesdiensttage und Kinderbibelwochen.

Ein großer Einschnitt war für Thomas Lorenz auch die Übernahme der Betreuung der Kirchengemeinde Offenbau, nachdem deren Pfarrstelle 2008 gestrichen worden war. Für ihn war es immer wichtig, auch in Offenbau die Gottesdienste selbst zu halten. Damit er alle Geburtstagsbesuche in Eysölden und Offenbau schaffen konnte, wurde das Alter, ab dem der Pfarrer zu Besuch kommt, in Eysölden auf 80 Jahre hochgesetzt und damit dem in Offenbau gültigen angepasst.

In den beiden Kirchengemeinden steht ein großer struktureller Wandel bevor. Sie verlieren ihren Pfarrer, die Eysöldener noch Conny Lorenz und die Pfarrerskinder als ehrenamtliche Mitarbeiter und die Kirchenvorstandswahl steht an. "Das wird ein kompletter Generationswechsel", sagt Pfarrer Lorenz mit Blick auf die Kandidatenliste. Fast keine "alten" Namen stehen dort, und auch die Vertrauensleute wollen nicht mehr antreten. "Die Kirchengemeinden werden sich neu sortieren und auf etwas Neues einlassen müssen." Doch mit Blick auf 150 ehrenamtliche Mitarbeiter in Eysölden und auf 70 in Offenbau hat Thomas Lorenz "keine Sorge, dass es nicht gut weitergeht".
 

Andrea Karch