Spalt
Der Hopfen ist in Gefahr

Gefährlicher Krankheitserreger in der Hallertau nachgewiesen - Spalter Anbau schon 2020 bedroht

05.09.2019 | Stand 23.09.2023, 8:26 Uhr
Bei der diesjährigen Hopfenernte freuten sich HVG-Chef Frank Braun und Friedrich Kolb (von links) als Vorsitzender der Spalter Hopfenpflanzer noch über grüne Dolden. Im nächsten Jahr könnte jedoch ein Viroid die Stimmung im Anbaugebiet auf einen ungeahnten Tiefpunkt drücken. −Foto: Leykamm

Spalt (HK) Schon 2007 ließ das "Citrus Bark Cracking Viroid" (CBCVd) aufhorchen, weil es damals slowenische Hopfengärten befallen hatte - was großflächigen Rodungen nach sich zog. Nun ist der Krankheitserreger auch in der Hallertau nachgewiesen worden. Für das Spalter Anbaugebiet, das von Hersbruck bis nach Kinding reicht, besteht laut heimischen Experten aber derzeit keine Gefahr. Im kommenden Jahr aber könnte sich das Blatt zum Schlechten drehen.

Bei einem Viroid handelt es sich um den kleinsten bekannten Krankheitserreger, der lediglich aus der eigenen Erbsubstanz besteht. Dem Menschen kann er durchaus zu Diensten sein. Wie auch im aktuellen Fall. Denn beim Anbau von Zitrusfrüchten werde das CBCVd absichtlich eingesetzt, erläutert Frank Braun, der geschäftsführende Vorsitzender der Hopfenverwertungsgenossenschaft (HVG) Spalt, im Gespräch mit unserer Zeitung. Denn wie der Name schon sagt, sorgt es für ein Brechen der Baumrinde und damit für den erwünschten niederen Wuchs der Pflanze.

Leider wirke der Erreger aber auch bei dem grünen Rohstoff zur Bierherstellung. Bei einem Befall sei er als solcher zwar noch zu verwerten. Die Pflanzen selbst müssten wegen der Wachstumsschäden, die in wenigen Jahren zum völligen Absterben führten, aber entnommen worden. Nur so ließe sich zudem die Infizierung anderer Reben vermeiden. Betroffene Dolden erkenne man dadurch, "dass sich die Blätter verändern", so Braun. Im schlimmsten Fall drohe sogar der Komplettverlust eines ganzen Hopfengartens.

Dem Schädling sei nur schwer beizukommen. Zum Abtöten brauche es eine Temperatur von 160 Grad. Übertragen werde das Viroid über den Pflanzensaft. Lande durch Reste von Zitrusfrüchten infiziertes Material aus dem Kompost auf einer Hopfenplantage, sei das Übel schon vorprogrammiert. Noch aber sorge allein die räumliche Trennung von der Hallertau dafür, dass die Infektionsgefahr fürs hiesige Anbaugebiet derzeit noch keine Relevanz habe.

So sieht dies auch Friedrich Kolb, Vorsitzender des Spalter Hopfenpflanzerverbands. Er wolle deswegen auch "keine Kassandrarufe anstimmen, denn für die ist es eindeutig noch zu früh". Vorbeugende Maßnahmen seien aber sehr wohl das Gebot der Stunde.

Seitens der Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) gebe es bereits Empfehlungen. Sie beträfen vor allem Hygienevorgaben. Ein Desinfizieren von Geräten und Maschinen vor dem Einsatz beim Hopfen sei nun unabdingbar. Pflanzmaterial solle am besten aus dem Spalter Anbaugebiet selbst beschafft werden. Die Häcksel der abgeernteten Reben wiederum sollten nur auf Flächen landen, die nicht für Hopfenanbau bestimmt sind. Beim Kompost für diesen selbst dürfe keiner aus externer Produktion zum Einsatz kommen.

Der Krankheitserreger habe "das Potenzial, zu einem großen Problem zu werden". Wenn etwa im kommenden Jahr die befallene Fläche in der Hallertau auf 300 Hektar anwachse, steigere das den Durchseuchungsgrad in einem Maße, dass dies auch für Spalt "eine Katastrophe bedeutet". Für infizierte Flächen gelte dann, dass sie nicht nur gerodet werden müssten, sondern dass auf ihnen "erst nach zehn Jahren wieder Hopfen angebaut werden kann".

Greife das Viroid weiter um sich, sei es nur mit gemeinsamen Kräften in den Griff zu bekommen. "Da brauchen und da kriegen wir auch den Schulterschluss", ist Kolb überzeugt. Denn der weltweite Hopfenmarkt "ist ein Ein-Milliarden-Dollar-Geschäft - da lässt sich ein solches Problem nicht isoliert lösen". Falls es nicht gelöst wird gebe es schlicht kein Bier mehr. "Aber das will ich mir nur ungern vorstellen." Eine direkte Bedrohung für den Verbraucher gebe es indes nicht. Der habe über die Zitrusfrüchte das CBCVd ohnehin längst in sich aufgenommen.

Für das kommende Halbjahr heiße es in Veranstaltungen die Pflanzer über Gefahren und möglichen Vorbeugemaßnahmen zu informieren und Strategien zu entwickeln. Vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Roth werde entsprechende Aufklärungsarbeit geleistet, versichert der dortige Öffentlichkeitsreferent Wolfgang Jank. Derzeit habe der Austausch mit den Pflanzenbauern Vorrang. Die sind allerdings in einigen Fällen noch mit der Aufarbeitung der jüngsten Sturmschäden beschäftigt.
 

Jürgen Leykamm