Roth
Das zweite problematische Jahr in Folge

2019 kämpfen die Bauern nicht nur erneut gegen Wetterkapriolen, sondern auch mit neuen Auflagen des Gesetzgebers

29.12.2019 | Stand 02.12.2020, 12:18 Uhr
Solidarität nach Sturmtief "Bernd" Mitte August: In der Landwirtschaft sind vor allem Hopfenbauern betroffen. Sie helfen sich gegenseitig und retten so die Ernte einigermaßen. −Foto: AELF Roth

Roth/Hilpoltstein - 2019 sei "ein äußerst problematisches Jahr für unsere Land- und Forstwirtschaft" gewesen.

So urteilt der Leitende Landwirtschaftsdirektor Werner Wolf bei seinem Jahresrückblick. Diese Einschätzung bezieht er ausdrücklich nicht auf das Wetter, das der Arbeit der Bauern immer wieder mal einen Strich durch die Rechnung macht. Sondern auch auf die Politik. Die zahlreichen Bauerndemonstrationen in München, Berlin und auch in anderen Städten sind hierfür sichtbare Zeichen.

Auslöser für die verbandsübergreifenden Proteste waren nicht zuletzt die Ergebnisse, Auswirkungen und Diskussionen im Zusammenhang mit dem bayerischen Volksbegehren "Rettet die Bienen". Nach dem überwältigend eindeutigen Ergebnis verabschiedete der Landtag ein Gesetz, das dem Insektenschutz Rechnung tragen soll. In vielen bäuerlichen Familienbetrieben überwiege jedoch der Eindruck, dass ihre Arbeit in der Gesellschaft keine gebührende Wertschätzung mehr erfährt, wie Wolf bilanziert.

Er legt den Fokus auf die Arbeit der Bauern: "Sie decken mit ihrem Engagement, Wissen und Können täglich reichhaltig den Tisch mit qualitativ ausgezeichneten Lebensmitteln zu günstigen Preisen", lobt der Rother Landwirtschaftsdirektor. "Die Erhaltung unserer vielfältigen Kulturlandschaft und Erzeugung nachwachsender Rohstoffe sind weitere wichtige Ergebnisse ihrer Arbeit. "

Demgegenüber stünden allerdings existenzielle Herausforderungen durch zunehmende Bürokratie sowie weitere Reglementierungen im Bereich des Pflanzenbaus und der Tierhaltung. Einkommensverluste und die Auswirkungen des Klimawandels leisteten ihr Übriges. So ist die Stimmung bei den bäuerlichen Familien schon wegen der Rahmenbedingungen oftmals alles andere als gut.

Hinzu kam im vergangenen Jahr, dass nach dem heißen und trockenen Sommer 2018 auch dieses Jahr klimatisch einige Überraschungen in unserer Region bereithielt: Gleich das Frühjahr setzte den Obstbauern heftig zu. Spätfröste zerstörten einen Großteil der Ernte. Bei Kirschen und Äpfeln führte dies zu erheblichen Ertragseinbußen.

Die 46 Spargelbauern im Keis Roth, welche auf 90 Hektar das Edelgemüse anbauen, mussten zunächst mit sehr hohen Temperaturen und somit schnellem Wachstum des Spargels zurechtkommen. Dann änderte sich plötzlich die Lage: Die anschließende nasse und kühle Witterung führte am Ende lediglich zu einem durchschnittlichen Spargeljahr.

Die Hoffnung auf ein normales Jahr in Bezug auf die Futtersituation bei den Tierhaltern wurde vielerorts wiederum nicht erfüllt. Mussten bereits im Jahr 2018 durch die große Trockenheit und Hitze viele Futtermittel zugekauft oder Tierbestände reduziert werden, traf es die hiesige Region mit den oft sandigen Böden zum zweiten Mal hintereinander besonders hart. Ausbleibender Regen führte zu ausgebrannten Wiesen - und auch der Silomais erreichte oft nicht die notwendige Quantität und Qualität, um die Futterbestände aufzufüllen. Der Ausbruch der Blauzungenkrankheit führte zudem zu starken Preiseinbrüchen und Schwierigkeiten bei der Vermarktung von Kälbern und Rindern. Auch die Getreideernte litt unter den zu geringen Niederschlägen.

Mit 555 Hektar Anbaufläche nimmt der Kartoffelanbau in unserer Region einen hohen Stellenwert ein. Der Wassermangel sorgte vielerorts für eine unterdurchschnittliche Ernte mit kleinen Knollen. Durchschnittliche Erträge konnten nur Betriebe erzielen, die eine Möglichkeit zur künstlichen Bewässerung besitzen.

Der heftige Sturm am 18. August hinterließ binnen weniger Minuten eine Schneise der Verwüstung. Besonders stark waren neben den Wäldern auch 16 Hopfenpflanzer betroffen. 30 Hektar Hopfen wurden durch den Sturm zerstört. Nur durch die große Solidarität unter den insgesamt 52 Pflanzern gelang es mit viel Aufwand, noch das Beste daraus zu machen und den Hopfen zu ernten. Mit 14138 Zentnern lag die Hopfenernte bei einer Gesamtfläche von 415 Hektar immerhin um rund elf Prozent über der letztjährigen Ernte - die allerdings auch schon unterdurchschnittlich ausgefallen war.

Ähnlich wie beim Hopfen stellte sich auch die Situation beim Tabak dar. Die Tabakpflanzer mussten wegen der unzureichenden Niederschläge Ertrags- und Qualitätsverluste hinnehmen.

Ein wesentlicher Beitrag zum Natur-, Arten- und Umweltschutz wird durch die heimischen Landwirte geleistet. So werden auf 23000 Hektar landwirtschaftlicher Fläche freiwillige Maßnahmen im Kulturlandschaftsprogramm umgesetzt. Allein 35 Quadratmeter Blühfläche pro Landkreisbewohner gibt es in der Feldflur, insgesamt sind es 4,43 Millionen Quadratmeter. "Die Programme im Kulturlandschafts- und Vertragsnaturschutzprogramm werden rege nachgefragt", bilanziert der zuständige Abteilungsleiter im Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Roth, Wolfgang Jank.

Der Landkreis Roth nimmt als Öko-Modellregion in Bayern eine wichtige Rolle zur Stärkung des ökologischen Landbaus ein. Insgesamt bewirtschaften 67 Betriebe nun 2017 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche nach den Vorgaben des ökologischen Landbaus.

Die Bio-Erlebnistage der Landesvereinigung für ökologischen Landbau und die Bio-Wochen der Wirtschaftsförderung des Landratsamts werben mit tatkräftiger Unterstützung des Rother AELF für heimische Bioprodukte. Unter anderem auf dem Hilpoltsteiner Bauernmarkt wurden speziell Rezepte mit Biogemüse aus dem Landkreis zubereitet und verkostet.

Der Landkreis Roth mit der Stadt Schwabach stellt die Region in Bayern mit den vielfältigsten Kulturen: Auf den Ackerflächen sind sämtliche Getreidearten, Ölfrüchte, Leguminosen wie Erbsen und Soja, Silomais für den Futter- und Energiebereich, aber auch Kirschen, Äpfel, Spargel, Kürbisse, Hopfen, Tabak, Kartoffeln, Heilkräuter, Holunder und viele andere Produkte zu finden. Den reich gedeckten Gabentisch konnten die Landkreisbewohner bei den zahlreichen regionalen Märkten, wie dem Spargelmarkt in Roth, dem Heidecker Spezialitätenmarkt, dem Röttenbacher Kartoffelmarkt, dem Waldmarkt in Kammerstein, der Obstbörse in Schwanstetten und vielen weiteren Märkten genießen. Auch die unzähligen Direktvermarkter im Landkreis sorgen für eine Versorgung mit regionalen Produkten auf kurzem Wege.

Verständnis für die Natur und die Landwirtschaft versuchen auch die Programme "Weltschulmilchtag", "Erlebnis-Bauernhof" oder "Wissen wie's wächst und schmeckt" bei den Grundschulkindern zu vermitteln. Auch die Senioren werden regelmäßig beim Landkreis-Seniorentag mit Informationen versorgt.

Eine optimale und gute Aus-, Fort- und Weiterbildung ist für eine zukunftsorientierte, nachhaltige sowie umwelt- und tiergerechte Landwirtschaft unerlässlich. Aus acht Landkreisen und drei Regierungsbezirken besuchen 25 Studenten das erste Semester und weitere 25 das dritte Semester der Landwirtschaftsschule - Abteilung Landwirtschaft -, darunter acht junge Frauen. In der Abteilung Hauswirtschaft startete im September ein neuer Kurs mit 17 Studentinnen. Im März öffneten beide Bereiche ihre Türen für die Bevölkerung unter dem Motto "Vielfalt ist Trumpf".

Der Anteil der Nebenerwerbsbetriebe im Landkreis Roth und der Stadt Schwabach liegt bei 67 Prozent von insgesamt 1249 landwirtschaftlichen Betrieben - das sind 20 weniger als noch im Jahr zuvor. In Nebenerwerbskursen - dem Bildungsprogramm Landwirt - wird auch für diese Zielgruppe ein maßgeschneidertes Weiterbildungsprogramm angeboten und rege wahrgenommen.

"Nur in einem Miteinander aller in unserer Gesellschaft können die Herausforderungen der Zukunft angenommen werden", sagt Werner Wolf. Dazu brauche es auch eine bäuerliche Landwirtschaft "vor der Haustüre", die Wertschätzung und Anerkennung erfährt.

HK