Roth
Heimbewohner soll für immer in Psychiatrie

Bett des Zimmerkollegen im Rother AWO-Betreuungszentrum angezündet - Urteil wohl erst im November

25.09.2018 | Stand 02.12.2020, 15:36 Uhr

Roth/Nürnberg (npe) Um schwere Brandstiftung und Körperverletzung geht es in einem tragischen Fall, der seit heute vor dem Nürnberger Landgericht verhandelt wird. Einem ehemaligen Heimbewohner aus Roth droht eine Zwangsunterbringung in der Psychiatrie.

Gut gelaunt betritt der Angeklagte den Gerichtssaal. Wegen Brandstiftung, Raub und schwerer Körperverletzung droht dem 48-Jährigen eine mehrjährige Haftstrafe. Trotzdem begrüßt der schüchtern wirkende Mann alle Anwesenden mit einem Strahlen im Gesicht. Fast väterlich kümmert sich Verteidiger Manfred Hylla um seinen Mandanten. Noch herzlicher begegnet der Angeklagte seinem Betreuer. Seit zehn Jahren kümmert sich der Vormund um den Mann aus Berlin, der zuletzt im AWO-Betreuungszentrum in Roth gewohnt hat. Der Betreuer ist gekommen, um dem Angeklagten den Rücken zu stärken. Vor dem Landgericht geht es für den Mann ums Ganze.

2002 stand der Angeklagte schon einmal wegen Brandstiftung vor Gericht. Danach hat er eine Tournee durch nordbayerische Nervenkliniken erlebt. Bis man ihm 2015 wieder zutraut, in einer offeneren Einrichtung zu leben. Zunächst scheint sich der Angeklagte im AWO-Pflegeheim in Roth gut zurecht zu finden. Bis es im Oktober 2016 zum ersten Vorfall gekommen sei.

Vor dem Landgericht räumt der 48-Jährige ein, einen Mitbewohner krankenhausreif geschlagen zu haben. Dem gleichen Opfer entwendet der Angeklagte zwei Monate später die Geldbörse. Darin befindet sich ein Taschengeld in Höhe von 40 Euro. Wieder fliegen Fäuste im Heim. Diesmal bricht der Angeklagte seinem Mitbewohner mehrere Rippen. Die Begründung für beide Taten klingt denkbar banal. "Er hat immer doofe Sprüche abgelassen", sagt der Angeklagte mit typischem Berliner Dialekt.

Im April diesen Jahres folgt der nächster Vorfall. Mit einem Feuerzeug zündet der Angeklagte das Bett seines Zimmerkollegen an. Warum? "Der hat mich immer versucht unterzubuttern. So als ob er alles besser kann wie ich. Da war ick dann wieder frustriert gewesen." Der Zimmerkollege lag glücklicherweise nicht im Bett. 40 Bewohner mussten aber evakuiert werden. Nach der Brandstiftung stellte die Polizei knapp 1,4 Promille im Blut des Angeklagten fest. "Acht oder zehn Dosen Bier" habe er vor der Tat getrunken, gesteht er dem Richter. Im Heim sei Alkohol "natürlich" verboten gewesen. "Aber ich wollte mal ein Bier trinken, obwohl ich das nicht durfte."

Der Bier-Durst habe ihn in Roth immer wieder in Schwierigkeiten gebracht. Schon die Vorfälle davor soll der Mann im Rausch verübt haben. Die Verstöße gegen das Alkoholverbot im Heim haben den Mann mehrfach zurück in die Psychiatrie gebracht. Nach der Brandstiftung befindet sich der Angeklagt erneut in Ansbach. Dort nehme er seine Medikamente. Lust auf Alkohol verspüre er dort nicht mehr. Wie es ihm aktuell in Ansbach gehe, will der Richter wissen. "Man kann es aushalten", sagt der Angeklagte.

Laut Staatsanwältin Kristina Herzig stellt der Mann aufgrund seiner begangenen Taten eine Gefahr für die Allgemeinheit dar. Eine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus sei daher erforderlich.

Für den Prozess mit knapp 20 Zeugen hat das Landgericht fünf Verhandlungstage vorgesehen. Mit einer kürzeren Prozessdauer ist trotz des Geständnisses des Angeklagten wohl kaum zu rechnen. Nach dem Fall Mollath sei das Gericht laut Prozessteilnehmern besonders vorsichtig geworden, wenn es um Zwangsunterbringunger in der Psychiatrie geht. Ein Urteil im Fall des 48-Jährigen wird deshalb nicht vor dem 12. November erwartet.